„Mengsberg – auf dem Weg zum Bundesentscheid“ (Teil zehn): Bürger denken über Biogasanlage nach
Unabhängigkeit ist das Stichwort, das den Charme eines Projektes ausmacht, mit dem sich die Mengsberger zwar schon länger auseinandersetzen, das sie anlässlich des Bundesentscheides jedoch konkret angehen.
von Florian Lerchbacher
Mengsberg. Noch sind zahlreiche Fragen offen – vor allem die, ob Mengsberg im Endeffekt eine Biogasanlage bekommt, wo sie steht und wer sie betreibt. Die Ziele, welche die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Bioenergiedorf verfolgen, sind jedenfalls mehr als nachvollziehbar – besonders in Zeiten der Energiewende: Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und Unabhängigkeit von anderen. Denn die Hoffnung der Mengs-berger ist, Betreiber im Ort zu finden – „natürlich!“, ist der geneigte Beobachter beinahe versucht hinzuzufügen.
„Es deutet sich an, dass bei den örtlichen Landwirten Bereitschaft besteht, eine Biogasanlage zu betreiben“, sagt Thorsten Samsa. In diesem Fall würde eine noch zu gründende Genossenschaft den Landwirten das „Abfallprodukt“ Wärme abkaufen – eine andere Möglichkeit wäre, dass die Genossenschaft selber als Betreiber fungiert.
Doch noch ist dies Zukunftsmusik. Derzeit erstellt ein Ingenieurbüro eine Machbarkeitsstudie, die letztendlich die Entscheidung bringt. Zeigt sie grünes Licht, lassen sich die Mengsberger eine Biogasanlage bauen. Ist das Ergebnis negativ, verschwindet das Projekt in den Akten – unabhängig vom Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ und seinem Ergebnis.
„Das ist ein langfristig ausgelegtes Projekt und nichts, was sich kurzfristig umsetzen lässt“, betont Samsa und berichtet über die bisherigen Schritte der Arbeitsgemeinschaft Bioenergiedorf.
In zwei Veranstaltungen ließen sich die Mengsberger von einem Ingenieurbüro über das Für und Wider einer Biogasanlage informieren. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Bioenergiedorf klapperten danach die Häuser ab, prüften das Interesse der Bürger an einer Versorgung mit Nahwärme und ließen sich Informationen zum energetischen Stand der Häuser, dem Energieverbrauch und vielem mehr geben.
274 Haushalte gibt es in Mengsberg. Rund 150 bekundeten eindeutiges Interesse, lediglich 30 lehnen das Projekt schon jetzt ab. „Die haben aber allesamt gute Gründe – zum Beispiel, dass sie über eine neue Elektroheizung verfügen“, wirft Samsa ein. Der Rest sei noch unentschlossen, betont der Polizeibeamte.
Nach der Datenerhebung machten sich die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft daran, die Angebote von vier Ingenieurbüros auszuwerten und vergaben letztendlich den Auftrag für die Machbarkeitsstudie an das Büro, das auch die Infoveranstaltungen angeboten hatte. „Wir haben uns ausgiebig und ergebnisoffen mit den Angeboten auseinandergesetzt – und dieses war einfach das Beste“, erklärt der gelernte Elektroniker, der seit dem Jahr 2007 in Mengsberg lebt. Seine Frau Stephanie, die er während des Studiums in Kassel kennenlernte, ist gebürtige Mengsbergerin und lotste ihn letztendlich in ihr Heimatdorf.
Die Arbeitsgemeinschaft Bioenergiedorf bemüht sich derzeit um Fördermittel für die Finanzierung der Machbarkeitsstudie. Sieben Kilometer Leitung müssten in Mengsberg für ein Nahwärmenetz verlegt werden. Ziel ist es, eine Biogasanlage errichten zu lassen, die mit dem gespeist wird, was das Dorf und seine Umgebung hergeben. „Die Bürger könnten dort zum Beispiel auch ihren Hausgrünschnitt abliefern. Wir könnten aber auch Ast- und Baumschnitt aus der ganzen Kommune verwenden“, sagt Ortsvorsteher Karlheinz Kurz. „Eigentlich haben wir ein ganzes Energiekonzept entwickelt“, fügt Samsa hinzu und erwähnt unter anderem eine Holzhackschnitzelanlage als Unterstützung für die besonders kalten Zeiten, in denen die Wärme aus der Biogasanlage nicht reichen würde.
Das notwendige Holz käme von den Waldinteressenten, die noch weitere Energiepläne für Mengsberg haben: Sie wollen im Wald zwischen Mengsberg und Sachenhausen vier Windräder aufstellen lassen. Einen Investor gebe es schon, sagt Kurz und ergänzt: Geplant sei, dass sich die Bürger an den Windrädern beteiligen können – was auch nicht das erste Mal wäre, dass Mengsberger für Energieerzeugung zuständig sind, schließlich gibt es im Dorf 68 Fotovoltaikanlagen.
Ob es zum Bau der Biogas-anläge kommt, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. „Ich bin jedenfalls zuversichtlich“, sagt Samsa und freut sich, über den Mut, Projekte anzugehen, den Zusammenhalt und die insgesamt positive Grundstimmung, die durch die Teilnahme und die Erfolge bei „Unser Dorf hat Zukunft“ noch besser geworden sei.