„Mengsberg – auf dem Weg zum Bundesentscheid“ (elfter und letzter Teil): Am Dienstag kommt die Bundeskommission
Das Beste kommt immer zum Schluss. Bleibt zu hoffen, dass dies auch für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ gilt. Denn Mengsberg ist die letzte Station der langen Reise der Bundeskommission.
von Florian Lerchbacher
Auf dem Weg zum
Mengsberg. Ärmel hochkrempeln, in die Hände spucken und das kleine Dorf für den großen Tag vorbereiten. So lautete das Motto der Mengsberger in den vergangenen Wochen, Monaten, Jahren und insbesondere Tagen – und sie machten ihrem Ruf als fleißige Menschen alle Ehre.
Allein 52 Bürger packten am vergangenen Wochenende während des großen Vereinsaktionstages an und erledigten kleinere und größere Arbeiten, die das Ortsbild weiter verschönern. Drei Männer und zwölf Frauen – allesamt vom Verein „Heiße Häschen“ – seilten sich zum Beispiel an einem Zaun an und kraxelten eine steile Böschung herunter, um diese und den Dorfteich zu reinigen. Die Burschenschaft baute am Gelände einer Privatperson eine Mauer wieder auf und stellte so eindrucksvoll unter Beweis, dass in Mengsberg der Gemeinschaftssinn vorherrscht und die Bürger einander helfen. Am Friedhof aktiv waren die „Rüstigen Rentner“, wie Ortsvorsteher Karlheinz Kurz eine Gruppe engagierter Senioren liebevoll nennt. Den Spielplatz brachten die Anlieger auf Vordermann, die Mitglieder des Heimat- und Verschönerungsvereins waren unter anderem auf ihrer Streuobstwiese aktiv. Eine Gruppe Männer und Frauen sprang von Baustelle zu Baustelle und erledigte ausstehende Arbeiten.
Doch auch unter der Woche ruhten die Geräte keineswegs: Die Mengsberger verlegten an kahlen Stellen ihrer Grünflächen Rollrasen, Wilhelm Wagner und Karlheinz Kurz pflasterten mit Unterstützung des Bauhofs den Dorfplatz mit 110 Jahre alten Steinen, die seit der Sanierung der Dorfstraße darauf warteten, genutzt zu werden. Und so weiter und so fort.
Jury legt auf ihrer Reise 3 791 Kilometer zurück
Kurz: Mengsberg putzt sich raus, denn einer der größten Tage in der Geschichte des Neustädter Stadtteils steht bevor: Am Dienstag ist die Kommission des Bundeswettbewerbes von „Unser Dorf hat Zukunft“ zu Gast. 2 589 Dörfer hatten ursprünglich teilgenommen -24 schafften es bis in die letzte Runde, in der es darum geht, eine Gold-, Silber- oder Bronzemedaille zu erreichen.
Seit dem 10. Juni ist die Jury in ganz Deutschland unterwegs und bewertete unter anderem Großbundenbach in Rheinland-Pfalz, Vossenack in Nordrhein-Westfalen, Dechow in Mecklenburg-Vorpommern oder Neustadt / Harz in Thüringen nach
dem Umgang mit ihren individuellen Ausgangsbedingungen und kulturellen Traditionen im Hinblick auf den strukturellen, demografischen und gesellschaftlichen Wandel.
Der letzte Ort, den die Kommission auf ihrer 3 791 Kilometer langen Reise aufsucht, ist Mengsberg, wo am heutigen Samstag die große Generalprobe für den Besuch am Dienstag zwischen 11 und 14 Uhr stattfindet. Selbst dem sonst so abgeklärten und ruhigen Ortsvorsteher ist inzwischen die Nervosität anzumerken. „Das ist ganz normal“, beruhigt Hartmut Leefers, der „Ortsbürgermeister“ von Waffensen. Sein Dorf gehört zu Rotenburg-Wümme, ist mit 876 Einwohnern etwa so groß wie Mengsberg und war vor drei Jahren beim vergangenen Bundeswettbewerb einer von acht Goldmedaillen-Gewinnern.
Goldmedaillen-Gewinner gibt wertvolle Hinweise
„Unsere Stärke war es damals, die gute Infrastruktur mit Grundschule, Kindergarten samt Krippe, Mehrgenerationenhaus, Sportgeländen und drei Gaststätten angemessen zu präsentieren“, erinnert er sich – und zählt somit Pfunde auf, mit denen (abgesehen vom Mehrgenerationenhaus) auch Mengsberg wuchern kann. Gleichzeitig rät er, auch Schwächen aufzuzeigen: „Man muss dann eben erklären, wie man damit umgeht.“
„Das Schlimmste ist, einer klaut bei einer Präsentation den anderen Zeit, weil ihn der Ehrgeiz packt“, warnt Leefers. Es sei besser, am Anfang des Dorfrundganges eher zu schnell zu sein, als am Ende Zeit einsparen zu müssen. In Waffensen sei deswegen ein „Zeitmanager“ unterwegs gewesen, der den ausgeklügelten Plan im Auge gehabt habe, notfalls zu den nächsten Stationen vorangeeilt sei und angekündigt habe, dass Zeit aufgeholt und entsprechend die Präsentation gekürzt werden müsse.
In Mengsberg übernimmt Thorsten Samsa diese Aufgabe. „Als Polizeibeamter ist er der geeignete Mann, um für Ordnung zu sorgen“, sagt Kurz schmunzelnd.
„Halten Sie kleine Nettigkeiten parat, zum Beispiel etwas zu trinken oder zu essen“, sagt Leefers. In Mengsberg gehört dies zur Tagesordnung: Beim Regionalentscheid verwöhnte der Frauenstammtisch die Jury am Backhaus mit der Spezialität „Platz“, beim Landesentscheid gab es Wurst von Metzger Wilhelm Naß – und auch die Bundesjury muss sich wohl keine Sorgen um hungrige Mägen machen.
Gute Wünsche für einen der wichtigsten Tage
„Kinder ins Programm einbinden“, lautet ein weiterer Tipp von Leefers, der zuletzt rät, die Bürger auf die Straßen zu bringen. „Bei uns waren 100 Menschen mit dabei“, berichtet er stolz. In Mengsberg waren schon beim Landesentscheid mehr als 300 Bürger auf den Beinen – und Kurz ist zuversichtlich, diese Zahl noch toppen zu können.
Es scheint, als wäre das östlichste Dorf des Landkreises gut gerüstet für den Besuch der Bundesjury. Bleibt also noch Platz für ein paar Wünsche: „Toi, toi, toi und beste Grüße“, schickt Leefers von Waffensen nach Mengsberg. „Ich hoffe, dass sich die Mengsberger so engagiert präsentieren, wie sie sich in den vergangenen Jahren zeigten“, sagt Margot Schneider, die beim Landkreis für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ zuständig ist und die Mengsberger in den vergangenen Jahren auf ihrem Weg begleitete. Die Bürger hätten viele zukunftsweisende Projekte auf den Weg gebracht, lobt sie und betont: „Die Menschen sind offen, gehen aufeinander zu, engagieren sich und beziehen Kinder und Jugendliche mit ein.“
Ähnlich sieht das ihr Chef, Landrat Robert Fischbach: „Die Mengsberger haben bei den bisherigen Wettbewerben immer voll überzeugt und so hoffe ich, dass das auch auf Bundesebene gelingt. Der Zusammenhalt im Ort ist vorbildlich! Ich wünsche ihnen viel Erfolg. Wie auch immer die Entscheidung ausgehen mag, für mich hat Mengsberg durch diesen Wettbewerb in jedem Fall gewonnen.“
Neustadts Bürgermeister Thomas Groll betont, ein wenig träumen sei erlaubt: Er hoffe, dass sich die Mühen der vergangenen Jahre auch in der Platzierung widerspiegele: „Das Besondere an Mengsberg ist der tatkräftige Einsatz für die Heimat und den Zusammenhalt über Generationen hinweg. Ich wünsche den Mengsbergern, dass sie am Dienstag der Kommission die Schönheiten und Besonderheiten ihres Dorfes aufzeigen können und dabei noch einmal erkennen, in welch tollem Ort sie leben.“
Nach dem Besuch der Kommission dauert es dann gerade einmal 24 Stunden, bis das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Ergebnisse beziehungsweise Platzierungen bekannt gibt. Die Preisverleihung erfolgt am 24. Januar 2014 während der Internationalen Grünen Woche in Berlin.
„Die Konkurrenz ist stark -das macht den Wettbewerb so spannend und interessant“, sagt Margot Schneider und betont: „Unabhängig vom Preis hat Mengsberg schon jetzt viel gewonnen, denn die Menschen engagieren sich für ihr Dorf, ihr Leben, ihre Gemeinschaft und ihre Zukunft.“