Axel Wintermeyer stand den Neustädtern Rede und Antwort rund um die Flüchtlingsthematik
Lediglich 20 Zuschauer kamen zum vierten Bürgerforum der CDU Neustadt, die Axel Wintermeyer, den Flüchtlingskoordinator der Landesregierung und Chef der Staatskanzlei, zu Gast hatte.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. „Scheinbar ist das Thema doch nicht so der Renner“, kommentierte Bürgermeister Thomas Groll die geringe Besucherzahl und stellte die These auf, dass sich die Neustädter an die Flüchtlinge und die Erstaufnahmeeinrichtung in ihrer Stadt gewöhnt haben.
Dabei hätten die Bürger einem ausgewiesenen Experten in der Flüchtlingsfrage ausfragen können – was dann eben die Besucher in kleiner Runde machten. Zunächst gab Axel Wintermeyer einen Überblick über die Thematik an sich, ehe er Zahlen und Fakten von Bundesund Landesebene präsentierte. So seien im November 2015 täglich 730 Flüchtlinge nach Hessen gekommen. Der Wert liege inzwischen bei 300 – werde aber wieder steigen. Die Kernaussage des Flüchtlingskoordinators: Am wichtigsten sei es, die Fluchtursachen zu bekämpfen, also Konfliktherde eindämmen, Perspektiven schaffen, „strategisch wichtige Staaten“ wie den Libanon oder Marokko im Kampf gegen den Islamischen Staat zu stärken und die islamistischen Terrorgruppen an sich zu bekämpfen – aber Flüchtlingslager im Nahen Osten so auszustatten, dass die Menschen gar nicht erst bis nach Europa fliehen müssten. Kommt es zur Umsetzung dieser Ziele, würden nicht nur die Flüchtlingszahlen sinken, sondern auch ein weiterer Ansatz greifen: Nach drei Jahren werde regelmäßig überprüft, ob bei Flüchtlingen der Fluchtgrund weiterhin gegeben sei oder ob die Menschen in ihre Heimat zurückkehren könnten, „Natürlich werden auch einige Flüchtlinge hierbleiben – aber nicht alle“, betonte er.
Während seines Vortrages berichtete Wintermeyer von einem Modellprojekt, das die Staatskanzlei derzeit entwickle: Viele Flüchtlinge hätten den Wunsch, in Ballungszentren zu leben – wo erst noch Wohnraum geschaffen werden müsste, während auf dem Land Wohnungen freistünden. Es sei daher angedacht, Flüchtlinge, die Sozialleistungen erhalten, entsprechenden Ortschaften mit 5 000 bis 10 000 Bürgern zuzuweisen: In kleinen Kommunen ließen sich die Flüchtlinge durch den direkten Kontakt mit ihren neuen Mitmenschen besser integrieren, lautete seine These. Gleichzeitig sei zu verhindern, dass sich Parallelgesellschaften wie beispielsweise in Frankreich bildeten, wo sich die Bürger nie um die Integration der Menschen aus den ehemaligen Kolonien gekümmert hätten.
Groll bekundete gleich Interesse an dem Projekt. Karl Stehl warf ein, dass es zwar beispielsweise in seinem Heimatort Speckswinkel Leerstände gebe – aber es sich zumeist um Bruchbuden handele, in denen kein Mensch leben wolle. Flüchtlinge seien ganz andere Zustände gewöhnt und hätten „nicht so hohe Wohnanforderungen wie wir“, entgegnete der Chef der Staatskanzlei.
Er widmete sich auch einem Bürger, der ihm entgegenschleuderte, dass die Angst der Menschen in Deutschland – spätestens seit den Ereignissen an Silvester in Köln – zunehme.
„Die Politik macht einen Fehler, wenn wir die Sorgen der Menschen nicht ernstnehmen“, sagte Wintermeyer, verwies aber auf den Unterschied zwischen „gefühlter und objektiver Lage“: „Flüchtlinge haben insgesamt eine niedrigere Kriminalitätsrate als die heimische Bevölkerung.“ Und wenn sie gegen das Gesetz verstießen, dann hauptsächlich durch Diebstähle oder Schwarzfahrten. Zu körperlichen Straftaten komme es eher untereinander. Die Geschehnisse in Köln seien eine Folge des seit Jahren „rechtsfreien Zustandes auf der Domplatte“. Solche Taten wären in Hessen nicht möglich. „Wobei 100 prozentige Sicherheit wünschenswert, aber nicht zu garantieren ist.“