Eine Patenschaft gegen das Heimweh

 

Verbindung zwischen Stadt und Kompanie soll Bürger und Soldaten näher zusammenbringen

Seit März pflegt die ehemalige Garnisonsstadt Neustadt wieder eine Patenschaft zu einer Bundeswehrkompanie. Doch sind solche Verbindungen überhaupt noch zeitgemäß? Die OP fragte nach.

von Sandro Geil

Neustadt. Anfang März schlossen die Stadt Neustadt und die 4. Kompanie des Versorgungsbataillons 7 aus Stadtallendorf eine Patenschaft. Sie soll unter anderem „der Vertiefung partnerschaftlicher Beziehungen zwischen der Bürgerschaft, den örtlichen Vereinen und den Soldatinnen und Soldaten“ dienen. Damit dies gelingen kann, will Neustadts Bürgermeister Thomas Groll jährlich bis zu vier gemeinsame Veranstaltungen organisieren: Zum Beispiel möchte er die Soldaten zum Kirmesfestzug im Mai einladen und gleichzeitig die Kommunalpolitiker aus seiner Heimatstadt zur Teilnahme am Familientag im Juni in Stadtallendorf animieren. Zudem plant er ein Jahresabschlussessen zwischen Kommunalvertretern und Soldaten.

Groll hofft aber auch auf das Engagement der ortsansässigen Vereine, wie der historischen Bürgerwehr oder des Wandervereins, die sich bereits in der Vergangenheit für die Förderung der Patenschaften eingesetzt hätten. Das Ziel ist für ihn ganz klar: „Den Soldaten zu vermitteln, dass sie in der Gemeinde gern gesehen und willkommen sind.“ Und das scheint auch der Bundeswehr am Herzen zu liegen.

200 Kilometer zur Heimat

Hauptmann Dr. David Bender, der Kompaniechef der Patenkompanie, wünscht sich neben einer „fruchtbaren Zusammenarbeit“ mit der Patenstadt in der Region auch eine „soziale Heimat“ für seine Soldaten. Dies sei ihm aufgrund der großen Anzahl an Pendlern in seiner Kompanie sehr wichtig. Die Entfernung zum Heimatstandort der Bataillonsführung in Unna beträgt schließlich mehr als 200 Kilometer.

Auch die Bundeswehr plant Patenschaftsaktionen: Bender möchte extra für die Neustädter einen Schießtag organisieren.

Hauptmann a.D. Bert Dubois, Traditionsbeauftragter der Kameradschaft Panzerbrigade 14, sieht die Patenschaften hingegen vor allem als wichtige Säule bei der Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft. Auch sieht er sie als wichtiges Instrument an, um das Bewusstsein in der Gesellschaft für den Dienst der Streitkräfte zu stärken. Die Soldaten müssten auch fernab von öffentlich wahrgenommenen Hilfeleistungen, wie bei Hochwasserkatastrophen, Beachtung finden.

Insgesamt hat sich das Verhältnis der Bürger zu den Soldaten etwas geändert – da sind sich Offiziere und Bürgermeister einig: Nach der Aussetzung der Wehrpflicht und durch das veränderte Aufgabenspektrum der Bundeswehr sind die Partnerschaften weniger intensiv. Dennoch sind alle der Überzeugung, dass sie auch heute noch zeitgemäß sind. Hauptmann Dr. David Bender findet die Patenschaften sogar heute wichtiger denn je. Sie seien essenziell, um den „Staatsbürger in Uniform präsenter zu machen“. Doch sehen die Bürger das genauso? Eine Umfrage in der Innenstadt von Neustadt ergab ein gemischtes Bild: Der Großteil der Befragten konnte mit dem Begriff der Patenschaften zunächst nichts anfangen. Dennoch fanden einige von ihnen den engen Kontakt zu Soldaten sehr wichtig – wieder anderen war das Thema insgesamt egal.

„Sinnvolles Instrument“

Dovile Smaguryte hob während der Umfrage hervor, dass die Patenschaft sehr wichtig sei, um jungen Menschen das Berufsbild des Soldaten näherzubringen.

Ein anderer Neustädter sah in der Patenschaft einen Gewinn für alle Beteiligten, so hätten beispielsweise die Gemeinden in der Vergangenheit von der Hilfsbereitschaft der Soldaten bei Waldsäuberungen profitiert, während die Soldaten im Gegenzug zu gemeinsamen Festen eingeladen und somit in die Dorfgemeinschaft eingebunden wurden. Allerdings nehme die Zahl der Veranstaltungen, vor allem durch die Abschaffung der Wehrpflicht und der sinkenden Zahl der Soldaten, in der Region immer weiter ab.

Groll ist dennoch überzeugt davon, dass die seit Beginn der 1990er Jahre bestehenden Partnerschaften zwischen Stadtajlendorfer Kompanien und der Stadt Neustadt bis heute noch ein „sinnvolles Instrument sind, um die Bundeswehr zu unterstützen“ – sie seien keineswegs zeitlich überholt.