Erst mit konkreten Zahlen geht’s weiter

Neustädter lassen sich eine Musterrechnung für wiederkehrende Straßengebühren aufstellen

Die wiederkehrenden Straßengebühren sind und bleiben ein Thema – aber eben auch eines, das sehr vielschichtig ist. Aus diesem Grund wollen die Neustädter Schritt für Schritt gehen und nichts überstürzen.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Bereits zweimal ließen sich die politischen Entscheidungsträger Neustadts über das Thema „wiederkehrende Straßengebühren“ informieren. Zunächst hatten sie Verwaltungsdirektorin Alexandra Rauscher vom Hessischen Städte- und Gemeindebund zu Gast, die über Rechtsgrundlagen informierte. Danach waren Biblis“ Bürgermeister Felix Kusicka und Norman Krauß, der Leiter der Finanzabteilung, zu Gast – also zentrale Figuren einer Verwaltung, die auf wiederkehrende Straßengebühren setzt.

Schon früh kristallisierte sich heraus, dass es bei einer Umstellung der Gebührenerhebung Gewinner und Verlierer geben würde. Vorteil wäre, dass massivere Einmalbelastungen der Konten der vom Straßenbau betroffenen Bürger wegfielen. Aufseiten der Verlierer würden sich derweil die Anlieger von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen wiederfinden – die bisher aufgrund der „deutlich größeren Verkehrsbelastung“ nur für Gehwege zur Kasse gebeten werden.

Bei den wiederkehrenden Gebühren muss jeder Grundstückseigentümer einen jährlichen Beitrag zahlen, der sich, wie bisher, an Grundstücksgröße und Geschossfläche orientiert. Problem in Neustadt: Die Gemeinde setzt bisher auf Einmalgebühren – eine Gemeinde wie Biblis tat dies nicht, sondern bat die Bürger beim Straßenbau zunächst gar nicht zur Kasse, jetzt müssen alle regelmäßig zahlen.

Somit fällt bei Biblis eine weitere Frage weg – die sich viele Kommunen stellen, aufgrund mangelnder Erfahrungswerte aber kaum Antworten bekommen: Wie lange sind Grundstückseigentümer, deren Straße in den vergangenen Jahren gemacht wurde, von den Gebühren befreit?

Bürgermeister Thomas Groll sah noch weitere Unterschiede: Das bisherige Bauvolumen von Biblis sei eher niedrig, und die Straßen seien in gutem Zustand. Noch dazu gebe es dort im Gegensatz zu Neustadt wenig Bundes-, Landes- und Kreisstraßen – und vor allem sei alles getan worden, die Satzung „bürgerfreundlich“ zu gestalten, sodass einige Zahlen „grenzwertig“ erschienen.

Als nächsten Schritt sollen Mitarbeiter eines Büros, das bereits rund 20 Kommunen bei der Einführung der wiederkehrenden Straßengebühren beraten hat, in Neustadt über die- Erfahrungen berichten. Zudem hat die Stadt eine Musterberechnung in Auftrag gegeben, um konkrete Zahlen zu erhalten und nicht „Äpfel mit Birnen“ zu vergleichen, so Groll, der mit Blick auf die Zukunft und ein Informieren der Bürger über einen möglichen Wechsel betont: „Wenn wir in Bürgerversammlungen gehen, müssen wir sagen können, was es kostet.“ Mit den Zahlen aus Biblis zu arbeiten, geht nicht, da es dort – aufgrund der zuvor nicht erhobenen Gebühren – keine Befreiungen gibt. Entsprechend sind die Zahlen relativ niedrig.

Der Rathauschef hebt noch einen zusätzlichen Punkt hervor: Im gesamten Stadtgebiet gibt es rund 3 000 Grundstücke, für die gezahlt werden muss – 2 050 liegen in Neustadt, in Mengsberg 297, in Momberg 439 und in Speckswinkel 194. In Speckswinkel wurden in den vergangenen 20 Jahren drei Straßen gemacht, in Mengsberg eine, in Momberg zehn. Entsprechend würde in Momberg der durchschnittliche Beitrag – der ohnehin von Stadtteil zu Stadtteil unterschiedlich wäre – höher sein als in Mengsberg oder Speckswinkel. Noch dazu würde sich die Frage stellen, wer wie lange von den Gebühren befreit ist.

Ein weiterer Aspekt, den der Bürgermeister als möglichen Haken ansieht, ist die Besetzung des Rathauses: In der Einrichtung in Biblis arbeiten fast doppelt so viele Mitarbeiter wie in Neustadt (während der Umstellung waren es 42 – in Neustadt sind 24 im Rathaus tätig).

Will heißen: Noch ist nichts entschieden, die Diskussionen gehen weiter. Daran ändern auch zwei Beschlüsse aus der vergangenen Stadtverordnetenversammlung nichts. Diese drehten sich zwar um eine Neufassung der Erschließungsbeitragssatzung, waren aber eher redaktioneller Art und haben keinen Einfluss auf die Gebühren.