Groll hält Gebietsreform für nötig

Neustadts Bürgermeister fordert einen Strukturwandel, um den ländlichen Raum zu stärken
„Wir stehen vor Jahren, die an finanzieller Dramatik nicht zu überbieten sind“, sagt Neustadts Bürgermeister Thomas Groll, der am Montag den Haushaltsplan 2010 einbringen wird.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Im kommenden Jahr muss die Stadt Neustadt einen dicken Batzen Geld in die Hand nehmen: Rund eine Million Euro kostet sie trotz zahlreicher Zuschüsse der Neubau des Kindergartens „Regenbogen“, den sie in diesem Jahr aufgrund baulicher Mängel überraschend schließen musste. „Wenn in einer Stadt Arbeitsplätze fehlen und sie sich daher zu einer Wohnstadt entwickelt hat, so müssen wenigstens die weichen Standortfaktoren stimmen, damit junge Familien vor Ort bleiben und nicht in die Ballungsräume abwandern“, sagt Bürgermeister Thomas Groll mit Blick auf die Großinvestition aber auch auf Projekte, die in diesem Jahr in der Stadt umgesetzt wurden – zum Beispiel die U3-Gruppe im Kindergarten „Sonnenschein“, der Spielplatz in Mengsberg oder die Sanierung des Kindergartens Momberg.
Kindergärten, Vereine oder Grundschulen benötigten die Unterstützung der Stadt, „aber uns brechen finanzielle Mittel in nie gedachter Größe weg“, sagt Groll und ergänzt, insgesamt eine Million Euro werde der Stadt im kommenden Jahr aufgrund der Veränderung bei der Schlüsselzuweisung und dem Rückgang der Gewerbesteuer fehlen.
„Wir werden nicht umhin können, manch lieb gewonnenen Dinge nicht mehr fortzusetzen“, sagt der Bürgermeister und findet deutliche Worte: „Wir brauchen einen grundlegenden Strukturwandel und einen neuen kommunalen Finanzausgleich, mit dem der ländliche Bereich gestärkt wird – denn dieser droht auszubluten, wenn es keine finanzielle Unterstützung gibt.“
Die Anforderungen werden an vielen Stellen erhöht, stellt Groll heraus, und nennt die Standards bei Kinderbetreuung und Feuerwehr als Beispiele: „Wir sollten hinterfragen, ob sich Hessen noch 427 Städte und Gemeinden, 26 Kreise und drei Regierungspräsidien leisten kann – oder ob es nicht Möglichkeiten für Synergieeffekte gibt.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte Neustadts Bürgermeister aufgrund immer knapper werdender Kassen über eine zweite Gebietsreform nachgedacht.
Und so ist es auch kein Wunder, dass er die Möglichkeit zur Umsetzung des in diesem Jahr fertig gestellten Stadtentwicklungsgutachtens nur für realisierbar hält, wenn die Stadt in Förderprogramme aufgenommen wird: „Für unsere Planungsaktivitäten erhalten wir aktuell viel Lob von unterschiedlichen Seiten, doch bedarf es eben auch monetärer Hilfe seitens des Landes für die Umsetzung.“
Dem „Rotstift“ nicht zum Opfer fallen werden die verschiedenen Veranstaltungen wie die unterschiedlichen Volksfeste, der Nikolausmarkt oder andere Feiern: „Die Attraktivität solcher Veranstaltungen ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche gesellschaftliche Weiterentwicklung und trägt zur Identifikation mit unserer Heimatstadt bei. Sie stärkt das Wir-Gefühl.“
Beim Ausblick auf das Jahr 20010 stellte Groll ansonsten die Fortsetzung des Konzept es „Innen- vor Außenentwicklung“ mit der Stärkung der Ortskerne in den Vordergrund – in diesem Jahr hatte die Stadtverordnetenversammlung zum Beispiel ein Förderprogramm für den Erwerb von Wohngebäuden in den Kerngebieten auf den Weg gebracht. Neustadt soll sich am Wettbewerb „Ab in die Mitte“ beteiligen und Mengsberg sich auf die Teilnahme an „Unser Dorf hat Zukunft“ im Jahr 2011 vorbereiten. In Momberg werde die Dorferneuerung weiterhin den Schwerpunkt der kommunalen Investitionen bilden. In Speckswinkel gilt es, schrittweise die dörfliche Mitte zu entwickeln und die Vorschläge aus einem Architektenwettbewerb umzusetzen. „Wir werden im allgemeinen Trend liegen“, blickt Groll auf die Einbringung des Haushalts in der Stadtverordnetenversammlung am Montag um 19 Uhr im „Haus der Begegnung“ vor. Das heißt im Klartext: Der Bürgermeister rechnet mit einem Minus am Ende des Jahres 2010.