„Mengsberg – auf dem Weg zum Bundesentscheid“ (Teil 4): Frauenstammtisch veranstaltet Backhausfest
Wenn die Jury des Bundeswettbewerbes „Unser Dorf hat Zukunft“ nach Mengsberg kommt, sollte sie sich auf den Zwischenstopp am Backhaus freuen, denn dort wird es garantiert lecker.
von Florian Lerchbacher
Mengsberg. Wer am Backhaus hängen bleibt, wenn die Mitglieder des Mengsberger Frauenstammtischs ihre Spezialitäten zubereiten, muss sich nichts vorwerfen, denn diese Reaktion ist nur natürlich: Die Frauen und ihr „Platz“ haben eine ähnliche Anziehungskraft wie die Sirenen in der griechischen Mythologie. Gut, die Mengsbergerinnen wollen niemanden töten – aber so mancher Gast, der von ihren Köstlichkeiten probiert hat, soll angeblich bereit gewesen sein zu töten, um an mehr der Leckereien zu kommen.
Doch Spaß beiseite: „Platz“ ist eine Mengsberger Spezialität, deren Rezept im Dorf von einer Generation an die nächste überliefert wird. Es gibt sie in Süß oder Salzig: Grundlage ist ein Brotteig, der entweder mit Obst oder mit Kartoffeln, Eiern und Quark garniert wird.
Um die Zubereitung kümmern sich die 13 Mitglieder des Frauenstammtischs, den die Mengs-bergerinnen im Jahr 1997 gründeten, um ihre Freizeit zu gestalten. „Wir sind ein lockerer
Zusammenschluss von Frauen, die gemeinsam ins Theater gehen, Veranstaltungen besuchen oder verreisen“, berichtet Susanne Wilhelm – eine Mengsbergerin, die in dem Ort geboren wurde, in Kirchhain aufwuchs, später aber wieder nach Mengsberg einheiratete: „Das hat sich so ergeben. Meine Verwandtschaft lebte natürlich noch hier, also war ich oft in Mengsberg. Meinen Mann Walter lernte ich dann auf der Kirmes kennen.“
Kirchweihfeste sind traditionell ein bedeutsames Fest für jeden Ort. In Mengsberg sei der Stellenwert des Backhausfestes allerdings fast noch höher einzustufen, erklärt Ortsvorsteher Karlheinz Kurz – womit wir wieder beim Frauenstammtisch wären. Seit vier Jahren engagieren sich dessen Mitglieder bei dem Fest. Zu Beginn buken sie nur das beliebte Sauerteigbrot, inzwischen sind sie alleinverantwortlich.
„Die Mitglieder des evangelischen Frauenkreises zogen sich im vergangenen Jahr aus Altersgründen aus der Organisation zurück – und der Männergesangverein veranstaltet schließlich noch seinen Dämmerschoppen. So kam es, dass wir das Ruder übernahmen“, erinnert sich Wilhelm und ergänzt: „Ursprünglich hatten wir nur Interesse am Brotbacken: Wir wollten die Tradition kennenlernen und dafür sorgen, dass sie nicht in Vergessenheit gerät.“
Und dafür sorgen sie nach allen Regeln der Kunst: Die Frauen hatten während der Ferienspiele zum Beispiel die teilnehmenden Kinder zu Gast – aber der Mengsberger Nachwuchs ist ohnehin mit dem Backhaus vertraut, schließlich kooperiert der Stammtisch auch mit der Schule und zeigt den Jungen und Mädchen zum Beispiel, wie sie den für die Backhäuser typischen Sauerteig zubereiten.
Wilhelm arbeitet als technische Angestellte für HessenMobil, gehört seit zwölf Jahren dem Kirchenvorstand an, gibt nahezu im Alleingang den „Gemeindekäfer“ (das Mitteilungsheftchen der Evangelischen Elisabeth-Kirchengemeinde Mengsberg) heraus und engagiert sich seit rund 20 Jahren für den Kindergottesdienst – im Umgang mit den „Kleinen“ kennt sie sich also nicht nur dank ihrer beiden Töchter aus.
Während der Dorferneuerung hatten die Mengsberger dafür gesorgt, dass zumindest eins ihrer ursprünglich drei Backhäuser saniert wird. „Die Bürger nutzen es rege“, freut sich der Ortsvorsteher und lobt die Frauen für ihr Engagement. Den Erlös des Backhausfestes investieren diese – typisch für Mengsberg und seine Einwohner – in die Verschönerung ihrer Heimat, zum Beispiel haben sie Bilder für das evangelische Gemeindehaus gekauft und eine Sitzecke am Backhaus eingerichtet, die sie auch pflegen. Sollten sie auch, schließlich ist das „ihre“ Ecke. Das Backhaus gehört zwar der Stadt, die es den Bürgern zur Verfügung stellt. Doch Kurz strebt an, dass der Frauenstammtisch die Patenschaft übernimmt – aber das ist noch ein geheimer Plan des Ortsvorstehers. Also schön dichthalten!