Neue Hoffnung für altes Sorgenkind

Deutsche Bahn hat Bahnhof Neustadt zurückgekauft
Von Florian Lerchbacher

Neustadt.
Es hatte sich angebahnt, nun ist es Wirklichkeit geworden: Die Deutsche Bahn hat das Neustädter Bahnhofsgebäude zurückgekauft – und schürt damit in der östlichsten Stadt des Landkreises Marburg-Biedenkopf die Hoffnung, dass es doch noch eine Zukunft für das alte Sorgenkind gibt.
Seit vielen Jahren schon ist der Zustand des 1850 errichteten Gebäudes ein Diskussionsthema. Erstmals Hoffnung hatte es vor sechs Jahren gegeben, als ein „Investor“ es im Paket mit deutschlandweit insgesamt 40 Bahnhofsgebäuden erwarb und schillernde Pläne präsentierte. Doch dann tat sich … nichts.

Abgesehen davon, dass das Gebäude weiter verfiel und im Herbst des Jahres 2023 sogar Deckenteile herabfielen. Den Schaden reparieren mussten letztendlich die Deutsche Bahn und die Stadt. Letztere dachte sogar eine Zeit lang über einen Kauf des denkmalgeschützten Hauses nach, sah aber angesichts des vom „Investor“ aufgerufenen Preises davon ab. Letztendlich meldete dieser Insolvenz an und bot das Gebäude zum Verkauf an.

Bürgermeister hofft auf mehr Sauberkeit

Nun hat die Deutsche Bahn den Rückkauf getätigt. Damit beabsichtigt sie, „den Zugang zur Verkehrsstation auch in Zukunft sicherzustellen“, wie eine Sprecherin auf Nachfrage dieser Zeitung mitteilt.

Die Entscheidung für den Wiedererwerb gehe mit dem Plan einher, den Zustand des Bahnhofs im Sinne der Reisenden und Besucher zu verbessern. Rund 1.300 Menschen steigen dort täglich ein oder aus, entsprechend ist die Einrichtung ein wichtiger Aspekt auch aus Sicht der Stadtentwicklung.

Derzeit erfolgt eine detaillierte Schadensanalyse und Bewertung des Gebäudes. „Anhand des Zustandsberichts wird die DB – unter anderem in Abstimmung mit dem Denkmalschutz – eine konkrete Vorgehensweise bezüglich Finanzierung, Instandsetzung und entsprechender Zeitschiene festlegen“, erklärt die Bahnsprecherin. Die ersten Schritte werden voraussichtlich sein, das Dach abzudichten und Öffnungen zu verschließen. Ziel der DB sei es, gemeinsam mit der Stadt ein tragfähiges Konzept zu entwickeln, um den Bahnhof auf lange Sicht nicht nur zu sanieren, sondern auch zu beleben.

Neustadts Bürgermeister Thomas Groll ist erfreut über die Entwicklung. „Nach Jahren des Stillstandes – der private Investor setzte keine seiner Ankündigungen um – erhoffe ich mir zumindest mittelfristig erkennbare Verbesserungen“, sagt er und ergänzt: „Hier stehen die Barrierefreiheit und eine geordnete Parksituation oben auf der Agenda.“ Kurzfristig wäre er mit „Erhaltungsmaßnahmen und einer verbesserten Reinigung“ zufrieden.

„In wenigen Wochen treffen wir uns mit der Bahn, um über die Zukunft zu reden“, kündigt der Bürgermeister an. Für ihn wäre es „ein Traum“, wenn Neustadt in das Städtebauförderungsprogramm Wachstum und nachhaltige Entwicklung aufgenommen würde, denn dann könnte beim Bahnhof wohl beschleunigt etwas passieren.

Der Antrag werde gerade vorbereitet. Auch auf Seiten der Deutschen Bahn gibt es nach OP-Informationen die Hoffnung, dass in naher Zukunft für Erhalt und die ganzheitliche Entwicklung von Bahnhöfen – und somit auch der Empfangsgebäude – Fördermittel zur Verfügung gestellt werden.

In Bezug auf die ganzheitliche Finanzierung der Empfangsgebäude sind entsprechende gesetzliche Grundlagen erst im Jahr 2024 geschaffen worden. Ein Plan ist, dass durch das gemeinschaftliche, abgestimmte Vorgehen aller Beteiligten perspektivisch attraktive Gesamtanlagen entstehen.

„Der Bahnhof ist städtebaulich von besonderer Bedeutung“, sagt Groll. Er hofft auf schrittweise Verbesserungen. „Wenn ich träumen darf, dann wäre dort oben in fünf, sechs Jahren alles in Ordnung gebracht und im Güterschuppen ein Restaurant“, resümiert Neustadts Stadtoberhaupt, das sich seit rund 30 Jahren um eine Park-and-Ride-Anlage bemüht.