Mittelalter Speetaculum zu Füßen des Junker-Hansen-Turmes
Bereits zum fünften Mal seit 2008 fand am 19. und 20. Juli 2014 ein Mittelalter Spectaculum in Neustadt (Hessen) statt.
Veranstalter war diesmal Historica Vagantis. Die Kulisse vom „runden Turm“, Rathaus, Stadtmauer und Stadtpfarrkirche war erneut der passende Rahmen für Ritter, Gaukler, Händler, Handwerker und Musikanten.
Im angrenzenden Bürgerpark hatten rund 20 Ritterschaften vorrangig aus Hessen und Rheinland-Pfalz über das Wochenende hinweg ihre Lager aufgebaut, darunter natürlich auch Dörnbergs Recken aus Neustadt, die zudem eine Taverne bewirtschafteten.
Am Samstagnachmittag eröffneten Angela Gallus und Helmut Sim-gen von Historica Vagantis gemeinsam mit Bürgermeister Thomas Groll nach einem Umzug mit Rittern und Spielleuten das bunte Spektakel und hießen alle Akteure herzlich willkommen.
Groll berichtete kurz über die Blütezeit der Junker-Hansen-Stadt im frühen 16. Jahrhundert und dankte insbesondere Eckhard Bieker für seinen abermals großen Einsatz im Vorfeld der Veranstaltung. Der Bürgermeister wünschte zum Ab-schluss seiner Ansprache allen Händlern, Garbrätern und Wirten, dass die Taler in ihren Kassen reichlich klingeln mögen.
Die Besucher konnten sich an beiden Tagen an einem abwechslungsreichen Programm erfreuen und mehr über Sitten und Gebräuche des Mittelalters erfahren. Für Speis und Trank war ebenfalls ausreichend gesorgt und keiner brauchte zu darben. Gerade für die kleinen Ritter und Burgfräuleins gab es viel Spannendes zu erleben. Von der Märchenerzählerin über den Töpfer und das Schießen mit der Mini-Armbrust bis hin zum Schwertkampf gegen einen Wikinger reichte das Angebot.
Auf die Erwachsenen wartete am Samstagabend Irish Folk-Musik und gegen 22.30 Uhr eine tolle Feuershow.
Auffällig waren insbesondere „am Sonntag die vielen auswärtigen Kennzeichen in Neustadts Straßen. Zahlreiche Gäste aus der Region kamen zum Mittelalter Speetaculum. Der Zuspruch aus Neustadt selbst hätte dagegen durchaus etwas besser sein können. Manch einer zog wohl bei den heißen Temperaturen doch einen Freibadbesuch vor.
Bei Gesprächen mit Besuchern aus den umliegenden Städten und Gemeinden hörte man immer wieder Lob für die Veranstaltung und die tolle historische Kulisse. Wer dabei war, wird dieses Urteil sicher teilen.
Region Marburger Land Interessierte Bürger, Vereine und Kommunalpolitiker bringen Entwicklungskonzept auf den Weg
Amöneburg, Ebsdorfergrund, Fronhausen, Lohra, Neustadt, Stadtallendorf, Weimar und die Außenstadtteile der Stadt Marburg/L. haben sich in der Region Marburger Land zusammengefunden und bewerben sich um Fördermittel der Europäischen Union (EU) für die Jahre 2014-2020.
Da förderfähige Regionen zukünftig zumindest 50.000 Einwohner haben müssen, kann die aus Neustadt und Stadtallendorf 2007 gebildete Region Herrenwald nicht fortbestehen und musste nach neuen Partnern Ausschau halten. Voraussetzung für eine sogenannte LEADER-Förderung seitens der EU ist die Erarbeitung eines Regionalen Entwicklungskonzeptes (REK) unter Einbezug interessierter Bürger, Vereine und Kommunalpolitiker.
Die Kommunen werden bei diesem Vorhaben von dem erfahrenen Büro cognitio aus Niedenstein bei Kassel unterstützt. Nach der Auftaktveranstaltung im Mai fanden insgesamt acht Workshops zur Ideen- und Projektfindung in den Themenbereichen „Bildung und Arbeit“, „Heimat und Gastlichkeit“, „Klimaschutz und innovative Technologien“ und „Gemeinschaft und Tradition“ statt. Aus Neustadt brachten neben Bürgermeister Thomas Groll und den Verwaltungsmitarbeitern Gitta Vettel und Holger Michel auch der Heimat- und Verschönerungsverein Mengsberg und die Umwelt- und Naturschutzgruppe Momberg/BUND Neustadt Vorschläge für das REK ein.
U.a. finden sich im Entwurf des Konzeptes die Einrichtung einer Spielscheune in Mengsberg zum Zwecke der Umweltbildung und der Erwerb einer mobilen Kelter zur nachhaltigen Nutzung von Streuobstwiesen wieder. Aber auch der weitere Ausbau des Neustädter Familienzentrums „Regenbogen“, der Umgang mit den vielfältigen Herausforderungen des demographischen Wandels und die bessere Vernetzung kultureller Angebote in der Region wurden auf Neustädter Vorschlag hin aufgenommen.
Bei allen diesen Vorhaben handelt es sich zunächst um Ideen. Die Umsetzbarkeit und Finanzierung müssen selbstverständlich noch geprüft werden. Voraussetzung hierfür ist aber zunächst, dass die Region Marburger Land seitens des Landes Hessen als förderfähig anerkannt wird.
Am 16. Juli 2014 wurde der Entwurf des REK in der Stadthalle Stadtallendorf öffentlich vorgestellt. Alle Anwesenden hatten die Möglichkeit, sich aktiv in den Meinungsbildungsprozess einzubringen. Die erarbeiteten Vorschläge fanden allesamt Zustimmung und werden nun vom Vorstand der Region, dem Bürgermeister Thomas Groll als beratendes Mitglied angehört, offiziell beschlossen. Im Anschluss wird das Büro cognitio die Endfassung des REK erarbeiten und bis zum 1. September 2014 in Wiesbaden vorlegen. Bürgermeister Groll ist optimistisch, dass die Region Marburger Land als LEADER-Region anerkannt wird. „Wir haben gemeinsam eine gute Vorarbeit geleistet und Ideen entwickelt, die die Region bis 2020 voranbringen können. Wichtig ist, dass dieser Prozess auf einer breiten Basis steht und nicht nur von einigen wenigen getragen wird.“
Vier Sterne für einen Schulleiter mit Teamgeist
„Ein Abschied schmerzt immer. Auch wenn man sich lange darauf freut“, schrieb der Erzähler und Dramatiker Arthur Schnitzler. Hartmut Boß, selbst nie um ein Zitat verlegen, kann diese Worte nun nachempfinden: Der Schulleiter der Martin-von-Tours-Schule feierte am Freitag im „Haus der Begegnung“ seine Pensionierung und schloss ein Kapitel Neustädter Schulgeschichte – nicht ohne eine neue Seite aufzublättern.
Schüler/innen, Sekretärinnen und Vertreter des Staatlichen Schulamtes, Landrätin und Lehrkräfte, Bürgermeister und Kirchenvertreter sowie „Ehemalige“ der Schulgemeinde spiegelten auf der Gästeliste den Wirkungskreis von Hartmut Boß wider und gestalteten gemeinsam ein buntes Programm: Jede Rede, jeder Beitrag zeigte eine neue Facette des „Boss“ der integrierten Gesamtschule, sodass ein Kaleidoskop der beruflichen und menschlichen Eindrücke entstand.
Den Auftakt bildete ein Gesangsbeitrag der Klassen 3 und 4 unter der Leitung von Daniela Schmittdiel und Ingeborg Weiss. Rhythmisch begleitet durch die Trommelgruppe von Ursula Lembach schwangen die Grundschüler weiße Taschentücher, als sie ihr kraftvolles Abschiedslied „Apuse“ sangen. Anschließend begrüßte der neue kommissarische Schulleiter Volker Schmidt die Gäste und fügte hinzu: „Ursprünglich wollte ich mich auf die Begrüßung beschränken, aber nun sind wir Weltmeister; wir haben den vierten Stern! Das hat mich veranlasst, auch Dir, Hartmut, und unserer Schule vier Sterne zu verleihen!“
Den ersten Stern erhielt Boß für seine individuelle Leistung: Er sei der Direktor, der es in dieser Position am längsten ausgehalten habe – der „Helmut Kohl unter den Neustädter Schulleitern“. Der zweite und dritte Stern standen für den „Mannschaftserfolg der Schulgemeinde“, die es geschafft habe, in nur wenigen Jahren die Schule von einer kooperativen in eine integrierte Gesamtschule umzuwandeln, wobei es Boß im Jahr 2010 gelungen sei, dass sich die „neue“ Schule auf den Namen Martin-von-Tours-Schule einigen konnte.
Der vierte Stern repräsentiere schließlich den Teamgeist: „Wie uns die Fußballweltmeisterschaft gezeigt hat, führt nur eine geschlossene Mannschaftsleistung zum Erfolg. Hartmut, du warst immer ein
Teamplayer!“, lobte Schmidt die ehrliche und freundliche Art des Schulleiters, der seinen Mitmenschen stets mit Verständnis und auf Augenhöhe begegnet ist.
Im Anschluss führten die Viertklässlerin Larissa Schenk und die Achtklässlerinnen Samanta Kirchner und Laura Mutze durch das Programm und übergaben das Wort an Heike Grosser vom Staatlichen Schulamt Marburg-Biedenkopf.
Diese ließ noch einmal die letzten Jahrzehnte im Leben des Schulleiters Revue passieren: seine Schulzeit, sein Studium der Fächer Englisch und Evangelische Religion an der Justus-Liebig-Universi-tät in Gießen, sein Referendariat in Neustadt und das anschließende Problem des hessischen Einstellungsstopps, das ihn dazu brachte, in einer sozialen Einrichtung in Gießen zu arbeiten sowie die Jahre an verschiedenen Schulen, an denen er wesentliche Erfahrungen für seine spätere Stelle als Schulleiter sammeln konnte. 1993 kehrte der gebürtige Schwälmer dann nach Neustadt zurück und leitete den Haupt- und Realschulzweig, bevor er 1999 zunächst die Stelle als kommissarischer Schulleiter und ein Jahr später die Stelle als Direktor antrat.
Die wohl prägendste Erfahrung in den 14 Jahren als Schulleiter sei die Umwandlung der Schule in eine integrierte Gesamtschule seit dem Schuljahr 2009/10 gewesen: „Diesen Weg sind Sie unermüdlich und mit ganzem Herzen gegangen! Sie haben sich in der Rolle des Schulleiters immer als „Ermöglicher“ gesehen, der gemeinsam mit den Menschen im Team die Schule gestaltet!“, fasste Grosser, leitende Schulamtsdirektorin, ihre Eindrücke zusammen, bevor sie dem Neustädter seine Entlassungsurkunde überreichte.
Landrätin Kirsten Fründt bestätigte dieses Bild: Boß habe es geschafft, an seiner Schule ein „Wir-Gefühl“ zu etablieren.
Bürgermeister Thomas Groll, der selbst Schüler der Neustädter Gesamtschule war, ergänzte diese Impression in seiner Ansprache: „Sie haben sich nicht in den Mittelpunkt gerückt, sind aber trotzdem für Ihre Sache eingetreten!“
Die Idee von ihrem „Boss“ als „Teamplayer“ zog sich wie ein roter Faden auch durch den Beitrag der erweiterten Schulleitung: Volker Schmidt, Stefan Seibert, Carmen Fütterer und Sandra Claar führten einen Sketch auf, in dem es darum ging, welches Bild des Schulleiters nun in die „Ahnengalerie“ aufgenommen werden sollte: Die Fotos zeigten Boß gesellig, hilfsbereit, zuhörend, humorvoll – und sportlich auf seinem geliebten Fahrrad. Die Metaphorik des Radfahrens nutzten der Personalrat Monika Holzhausen, Steffen Wanke und Daniela Schmittdiel, als sie in ihrer Ansprache den Autor J.D. Wright zitierten: „Schule ist wie Fahrradfahren. Entweder du bleibst in Bewegung oder du fällst um.“ Dass die Aufgabe eines Direktors nicht immer einfach zu bewältigen war, verdeutlichte Holzhausen: „Die Einstellung des Ventils war Ihre Aufgabe, Herr Boß. Nur wenn der Reifendruck stimmt, kann sich das Rad ordnungsgemäß drehen. Ist der Druck zu hoch, kann der Reifen platzen – ist der Druck zu niedrig, wird die Reibung zu groß und eine reibungslose Entwicklung ist dann nicht mehr möglich.“ Sei jemand nicht in der richtigen Richtung unterwegs gewesen, habe er gegengesteuert, obwohl er in der Schulentwicklungsphase der letzten Jahre selbst drei Gänge habe hochschalten müssen.
Den Ansprachen von Pfarrer Andreas Rhiel, Andrea Bauscher als Vorsitzende des Fördervereins, Matteo Ripken als Schulsprecher und Matthias Bosse als Schulleiter der Alfred-Wegener-Schule in
Kirchhain folgte die Verabschiedung durch die Fachschaften Englisch und Religion sowie Beiträge des Lehrerchores, des Lehrerquartettes, der Schülerband und der AG Pop unter der Leitung von Christiane Krapp.
In seiner Abschlussrede zeigte sich der frischgebackene Pensionär schließlich sichtlich bewegt, als er sich bei allen für das große Engagement bedankte. Seinen Dank sprach er auch an das Kollegium für die gute Zusammenarbeit aus: Schule müsse immer aus dem Kollegium heraus entwickelt werden und dies sei an der Martin-von-Tours-Schule gelungen.
Nicht zuletzt dankte er seiner Frau Karin und den Kindern Mark, Lea und Jonas für das entgegengebrachte Verständnis und freute sich auf mehr Zeit mit ihnen und Fahrten mit seinem Oldtimer. Seine Rede schloss er auf die für ihn ganz typische Weise – mit einem Zitat, bevor er den Schlüssel an den stellvertretenden Schulleiter Volker Schmidt übergab: „Stehenbleiben – es wäre der Tod! Entwickeln Sie unsere Schule unkonventionell und furchtlos weiter.