Neustädter Mitteilungsblatt

Bilderschwatz – Talk mit Kunst am 30. März 2023

Im Rahmen des Stadtjubiläums „Neustadt 750“ findet der 55. Bilderschwatz – Talk mit Kunst der Willings­hausen Touristik Betriebsgesellschaft (WTB) am 30. März 2023 ab 19.00 Uhr in der „Galerie auf Zeit“ in der Marktstraße 11 statt.
Sabine Harder, Kuratoriumsvorsitzende des Hauses der Romantik aus Marburg/L., wird an diesem Abend eine Neustadt-Ansicht des Malers Paul Baum (1859-1932) aus dem Jahr 1917 näher vorstellen und zum Gespräch ein­laden.
Der in Meißen aufgewachsene Paul Baum begann zu­nächst eine Ausbildung als Blumenmaler an der König­lichen Porzellanmanufaktur in seiner Heimatstadt. Im Jahr 1877 entschloss er sich zum Studium der Malerei. Während einer Parisreise 1890 lernte Baum Arbeiten der Impressionisten Claude Monet, Camille Pissarro und Alfred Sisley kennen. Anschließend ließ er sich für vier Jahre im belgischen Knokke nieder. 1894 ging Baum nach Dresden und wurde dort Mitglied der Dresdener Sezession. Bereits ein Jahr später verließ er jedoch Dres­den wieder und siedelte sich im südniederländischen Sint Anna ter Muiden bei Sluis an, wo er bis 1908 wohnhaft blieb. Unterbrochen wurde dieser Aufenthalt von zahl­
reichen Reisen nach Berlin, Südfrankreich, Italien und in die Türkei. 1909 wurde er Mitglied der Neuen Künst­lervereinigung München, an deren erster Ausstellung er sich beteiligte. Im gleichen Jahr erhielt Baum den Villa Romana-Preis, mit dem ein einjähriger Aufenthalt in Rom verbunden war. Anschließend reiste der Maler in die Toskana, wo er vier Jahre blieb. Hier wohnte er in San Gimignano und Florenz.
Nach Kriegsausbruch 1914 kehrte Baum nach Deutsch­land zurück und wurde Professor an der Kunstakade­mie Dresden. 1915 lebte der Künstler vorübergehend in der Willingshäuser Maler­kolonie und ging dann nach Neustadt bei Marburg. Nach­dem Baums Freund Carl Bantzer 1918 als Professor an die Kasseler Kunstakademie berufen wurde, folgte ihm Baum als Professor für Land­schaftsmalerei. 1921 kaufte er sich ein Haus in Marburg, was von nun an sein ständiger Wohnsitz werden sollte. Ab 1924 hielt er sich jedoch über­wiegend im toskanischen San Gimignano auf, wo er 1932 an einer Lungenentzündung starb. Zu seinen Ehrungen, die er im Alter erhielt, gehör­ten 1927 die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Phi­lipps-Universität Marburg und 1929 die Ehrenmitglied­schaft des akademischen Senats der Kunsthochschule Dresden.
Bürgermeister Thomas Groll freut sich, dass die WTB Neustadt mit dem Bilderschwatz ein „Geburtstagsge­schenk“ machen wird.
2024 steht auch für Willingshausen ein großes Jubiläum an. Dann feiert man dort „200 Jahre Malerkolonie“.
Die Schwälmer Malerkolonie ist die älteste Künstlerver­einigung in Europa. Die der Heimatkunst gewidmeten Sujets in Willingshausen wurden durch Gerhardt Wil­helm von Reutern und Ludwig Emil Grimm 1824 ge­meinsam aufgegriffen. Willingshausen war Studienort internationaler Künstler und trug zur Popularität der Schwälmer Trachten bei.

Andrea Freisberg Neustadts neue Stadtarchivarin

Seit März 2023 hat Neustadt (Hessen) eine neue Stadtarchivarin. Damit konnte die seit 2017 vakante Stelle wiederbesetzt werden. Auf Dankward Sieburg, Kurt Pötzsch und Dr. Friedrich Leipner folgt nun Andrea Freisberg.
Die Marburgerin absolvierte ein Magisterstudium der Germanis­tik und Kunstgeschichte, absolvierte eine Ausbildung zur wissen­schaftlichen Dokumentarin und ist leidenschaftliche Fotografin. Mit Neustadts Historie ist sie seit über 20 Jahren eng verbunden. Gemeinsam mit Gerhard Bieker, dem Vorsitzenden des Kulturhis­torischen Vereins, verfasste sie seinerzeit die Stadtchronik „Nova Civitas“. Gemeinsam war man auch zum Stadtjubiläum „Neustadt 750“ tätig und schrieb das Buch „Eine NEUe STADT entsteht“. Zudem wurden von Andrea Freisberg zum Neustadt-Treffen 2011 auch die Tafeln des stadtgeschichtlichen Rundgangs gestaltet.
Gerhard Bieker war es auch, der gegenüber Bürgermeister Tho­mas Groll anregte, Andrea Freisberg das vakante Stadtarchiv an­zutragen. Ein Vorschlag, dem Groll aufgrund der Vorgeschichte gerne folgte und dem Freisberg sofort zustimmte.
Neustadts neue Stadtarchivarin beschreibt ihre Arbeitsvorstellun­gen wie folgt: „Als „Gedächtnis der Stadt“ hat ein Stadtarchiv die Aufgabe, das vorhandene Archivgut zu bewahren, zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Archivgut speist sich zum einen aus den Unterlagen der städtischen, Verwaltung. Das Archiv kann aber auch fremdes Archivgut aufnehmen, wenn es Geschichte und Gegenwart der Stadt signifikant dokumentiert. Nachdem das Neustädter Stadtarchiv nunmehr seit einigen Jahren verwaist ist und eine Nutzung nur noch rudimentär möglich war, ist es nun an der Zeit, das Archiv wieder zum Leben zu erwecken. Um das Archiv zu einem lebendigen Ort zu machen, sehe ich es zunächst als meine vordringlichste Aufgabe an, eine strukturierte umfassende Reorganisation des vorhandenen Archivguts umzu­setzen. Sie bildet die unabdingbare Voraussetzung dafür, künftig regelmäßige Sprech- bzw. Öffnungszeiten für interessierte Bürge­rinnen und Bürger anbieten zu können.
Das Archiv soll wieder ein aktiv genutzter Ort werden, um sich über die Geschichte eines bestimmten Hauses, die eigene Fami­liengeschichte oder die eines Vereins, einer Firma oder eines Ge­schäfts informieren zu können.
Bei der Durchführung der Neuorganisation kann ich die Archiv­beratung des Hessischen Landesarchivs Hessen in Anspruch nehmen. Sie bietet diverse Dienstleistungen an bezüglich der Er­schließung und Verwaltung des Schriftguts, aber auch Tipps zur Öffentlichkeitsarbeit, Auskunft bei Rechtsfragen u.v.m. Es gibt sogar die Möglichkeit eines Besuches vor Ort, bei der die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter sich ein Bild von den Gegebenheiten machen und ihre Expertise einfließen lassen. Dieses Angebot ist
explizit für die nichtstaatlichen Archive in Hessen gedacht und wird kostenlos zur Verfügung gestellt.
Neben der zukünftigen alltäglichen Archivarbeit – Erschließen von neuem Archivgut/Bearbeiten von Anfragen/Sicherstellen ei­ner Nutzung des Archivs durch externe Besucherinnen und Besu­cher – sehe ich in der engagierten Öffentlichkeitsarbeit die zweite wichtige Aufgabe meiner Arbeit. Sie kann durch die aktive Ver­netzung mit historisch arbeitenden Institutionen und Menschen, regelmäßige Mitteilungen und Publikationen, Vorträge und Ver­anstaltungen erfolgreich gestaltet werden.“
Gedankengängen, denen Bürgermeister Thomas Groll ausdrück­lich zustimmt.
„Nachdem Andrea Freisberg angekommen ist und im Histori­schen Archiv in der Ritterstraße 19 ein wenig aufgeräumt hat, wird sie starten und das Stadtarchiv wieder vermehrt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Persönlich erhoffe ich mir eine in­tensive Beschäftigung mit dem 20. Jahrhundert. Hier gibt es viele Ansatzpunkte: das Kaiserreich, die beiden Weltkriege, Weimarer Republik und III. Reich, Nachkriegszeit, Flücht­linge und Wiederaufbau sind spannende Themen, die auf­gearbeitet werden sollten“, so der Bürgermeister.
Um „auf der Höhe der Zeit“ zu sein, wird das Stadtarchiv nun schrittweise technisch aufgerüstet.
Andrea Freisberg wird grundsätzlich einen Tag pro Woche, regelmäßig dienstags, vor Ort präsent sein.
Nach den Worten des Bürgermeisters wird im Laufe des Jah­res auch die Fassade des Historischen Archivs in der Ritter­straße 19 mit Unterstützung der „Hessenkasse“ saniert.
Die Vorstellung der neuen Stadtarchivarin nutzte Thomas Groll auch dazu, um kurz auf die ins Auge gefasste Dauer­ausstellung zur Baugeschichte des Junker-Hansen-Turmes mit Bezügen zum Erbauer einzugehen.
Karin Worms, die Direktorin von Schlösser und Gärten Hes­sen (SG), begrüßte in einem Schreiben an Groll diese Idee und sagte die Unterstützung von SG zu. Sie regte zugleich
ein erstes Treffen an und schlug vor, zunächst eine Konzeption zu erarbeiten. Des Bürgermeisters Idee, die Dauerausstellung 2027, zum 600. Geburtstag Hans von Dörnbergs einzuweihen, fand Ka- rin Worms sehr gut.

Andre Schlipp wird Bürgermeister der Stadt Amöneburg

Am 5. März 2023 fand in Amöneburg die Direktwahl des Bürger­meisters statt. Der gebürtige Neustädter Andre Schlipp gewann diese überraschend deutlich gegen Jens Seip (CDU). Während der unabhängige Bewerber Schlipp, der seit einigen Jahren in Amöne­burg lebt, rund 60 % erzielte, konnte der Marburger Christdemo­krat nur 40 % für sich verbuchen.
Der Wahlsieger, von Beruf Finanzbeamter, engagierte sich in Neustadt u.a. bei der Bürgerwehr, im Kolpingkarneval und der ka­tholischen Kirchengemeinde und war 2003/2004 „Junker Hans“. Auch in seiner Wahlheimat ist der wieder ehrenamtlich aktiv und brachte sich etwa beim Jubiläum „Amöneburg 1300“ und im Re­gisseurteam des Bonifatius-Musicals ein.
Kommunalpolitisch trat der Wahlsieger bisher nicht in Erschei­nung. Kurz vor dem Wahltag sprachen sich die Fraktionsvorsitzen­den von SPD und FWG und eine Vertreterin der Grünen persön­lich für ihn aus. Sein Amt tritt er am 1. September 2023 an.
Bürgermeister Thomas Groll gratulierte Andre Schlipp herzlich zu seinem Wahlerfolg. Für die sechsjährige Amtszeit wünschte er ihm Schaffenskraft, viele Ideen, Mehrheiten in Magistrat und Stadtverordnetenversammlung und eine robuste Gesundheit. Groll, demnächst dienstältester Bürgermeister im Landkreis, bot Schlipp an, sich im Vorfeld einmal auszutauschen. Dieser nahm das Angebot gerne an und möchte u.a. Näheres über Fördermöglichkeiten der Stadtentwicklung erfahren.

Informationsbesuch bei der Fa. FELO

Unter Leitung von Bürgermeister Thomas Groll führte der Magistrat Anfang März 2023 einen Informations­besuch bei der Fa. FELO durch.
Neustadts größter Arbeitgeber, gegründet und aufge­baut von der Familie Holland-Letz, gehört seit 2008 zum Würth-Konzern. Im örtlichen Werk sind knapp 150 Frauen und Männer im Dreischichtbetrieb beschäf­tigt, im Werk in Eger (Ungarn) sind es 50.
Geschäftsführer Andreas Siewert führte die Kommu­nalpolitiker über das Betriebsgelände, stellte die Pro­duktionsabläufe vor und erläuterte den „Masterplan FELO 2035“. Für dessen Verwirklichung hatte das Unternehmen im Gewerbegebiet „Am Gelicht“ über 10.000 qm erworben.
In Umsetzung der Planungen soll bereits im laufenden Jahr die Spritzerei erweitert und ein Teil des künfti­gen Verwaltungstraktes errichtet werden. Später sollen dann neue Produktionshallen, Parkplätze und ein Lo­gistikbereich entstehen.
Diese auf ein Jahrzehnt gesehenen Investitionen sollen zu einer deutlichen Umsatzsteigerung führen und zugleich neue Arbeits­plätze schaffen, so Andreas Siewert.
Bereits kurzfristig möchte FELO Ausbildungsplätze anbieten und mittelfristig Möglichkeiten zum dualen Studium eröffnen.
Auf großes Interesse stießen beim Magistrat die neuen Gebäude­planungen. Auf den Dächern sind ebenso PV-Anlagen vorgesehen wie auf dem geplanten Parkplatz. Die benötigte Energie soll den Gesichtspunkten des Klimaschutzes Rechnung tragen. Nachge­dacht wird hier auch – eine positive Entwicklung vorausgesetzt – über Wasserstoff.
Bürgermeister Groll und Geschäftsführer Siewert betonten das gute Miteinander von Unternehmen und Kommune. Neustadt sei gerne „Hauptstadt der Schraubendreher“, so der Bürgermeister, und wisse um die Bedeutung von FELO.