Stadt will mehr Platz für Windräder bekommen

Die ausgewiesenen Flächen sind den Neustädtern zu klein

Die Stadt Neustadt übt Kritik am Teilregionalplan Energie Mittelhessen und fordert das Regierungs­präsidium unter anderem auf, die Anforderungen zur Mindest-Windgeschwindigkeit zu senken.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Am liebsten wäre es den Neustädtern, das Regie­rungspräsidium würde zu den einst in der Studie „Potenzialflächen Wind“ aufgestellten Min­destanforderungen zurückkeh­ren: Eine Windgeschwindig­keit von 5,5 Metern pro Sekun­de wurde darin als Untergren­ze für potenzielle Standorte für Windräder festgelegt. Für den Teilregionalplan Energie Mit­telhessen schraubte das Regie­rungspräsidium diesen Wert je­doch auf 5,75 Meter pro Sekun­de hoch. Die Neustädter kri­tisieren dies – dabei gehen sie davon aus, dass auf den für sie ausgewiesenen Flächen ohne­hin eine Windgeschwindigkeit von mehr als sechs Metern pro Sekunde herrscht.

Drei Vorranggebiete beinhal­tet der Teilregionalplanentwurf für Neustadt. Damit sich Inves­titionen lohnten, müsse mehr Platz für mehr Räder sein, sagt

I Bürgermeister Thomas Groll.

I Das Gebiet „Neustädter Wald Trungelrode“ grenzt an den Windpark Speckswinkel / Erks­dorf. „Die vom TÜV Süd erstell­te Windpotenzialkarte unter­schätzt die vorhandenen Po­tenziale“, sagt Groll. Messun­gen an den bereits vorhandenen Rädern hätten einen Wert von mehr als sechs Metern pro Se­kunde gezeigt. „Dort soll nur ein Repowering aber kein Neubau möglich sein“, moniert er und erinnert daran, dass Neustadt und Stadtallendorf über einen kommunalen Windpark nach­denken. Entsprechend strebt er an, dass doch noch Neubauten möglich sind. Falls diese wieder von Investoren kommen sollten, würde die Stadt aber zumindest über Wegenutzung und Pacht Einnahmen akquirieren.

Vortrag über Konzept einer Energiegenossenschaft

„Repowering“ bedeutet, vor­handene Windräder abzubauen und durch neue, leistungsfähi­gere zu ersetzen. Dies müssten die Betreiber übernehmen – al­lerdings fordern die Neustädter auf Antrag von Speckswinkels Ortsvorsteher Karl Stehl, dass die neuen Anlagen nicht hö­her sein dürfen als die alten. Zu­dem dürfe es keine „zusätzliche Lärmbelästigung“ geben.

Eine Vergrößerung der aus­gewiesenen Fläche streben die Neustädter auch im Wald „Rohr­ecke/Waizenberg“ an. Auch dort unterschätze der TÜV das Po­tenzial, das in 140 Metern Höhe ebenfalls über sechs Metern pro Sekunde liege. Auch dort denkt Neustadt über einen kommuna­len Windpark nach – diesmal mit Kirtorf. Vor diesem Hinter­grund, „auch wegen möglicher Synergieeffekte“, wie Groll be­tont, hoffen die Neustädter auf eine Ausweitung des Gebiets.

Das gleiche gilt für das Gebiet im Mengsberger Wald. Messun­gen der anemos Gesellschaft für Umweltmeteorologie mbH hätten gezeigt, dass die Wind­geschwindigkeit auf 140 Me­tern Höhe dort rund 6,2 Meter pro Sekunde betrage. Dort al­lerdings wären die Waldbesit­zer beim Bau von Windrädern am Zug.

Vier bis fünf Millionen Euro kostet ein Windrad. „Man be­nötigt Eigenkapital von 20 bis 25 Prozent“, erklärt der Bürger­meister und ergänzt mit Bezug auf Investitionsmöglichkeiten für Bürger: „Dann ist immer die Frage, ob Energiegenossen das alleine schultern können.“

Damit sich mögliche Investo­ren ein klares Bild machen kön­nen, hat Groll gemäß eines An­trages der SPD eine Infover­anstaltung zur möglichen Grün­dung einer Energiegenossen­schaft initiiert: Am Montag, 11. März, wird Gunnar Gantzhorn, Projektleiter für die Gründung von Energiegenossenschaf­ten bei der Agrokraft GmbH aus Bad Neustadt, ab 19.30 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Momberg das Konzept für eine Orts-Energie-Genossenschaft vorstellen. Der Impulsvortrag soll Grundlage für die Entschei­dung sein, ob auch in Neustadt eine solche Energiegenossen­schaft entstehen kann und ob es genügend interessierte „Genos­sen“ gibt.