Stadtwerke haben die Nase vorn

Ausschreibung der Gasnetzkonzession: Marburger Unternehmen setzt sich gegen zwei Konkurrenten durch

Die drei Städte erhoffen sich von ihrer Entscheidung bei der Gasnetzkonzession unter dem Strich auch Vorteile für ihre Verbraucher. Auf deren Verträge hat die Vergabe der Konzession aber keinen direkten Einfluss.

von Michael Rinde

Stadtallendorf. Es geht um insgesamt 130 Kilometer Leitungsnetz, verteilt auf die drei größten Ostkreis-Städte Stadtallendorf, Kirchhain und Neustadt. Nach einem komplexen Entscheidungsweg und Ausschreibungsverfahren ist jetzt klar, dass sich die Stadtwerke Marburg GmbH am Ende durchgesetzt hat.

Dem müssen, damit diese Entscheidung endgültig wird, in den nächsten Wochen die Stadtparlamente aus Stadtallendorf, Kirchhain und Neustadt formell zustimmen.

Am Dienstagabend informierten die Bürgermeister der drei Städte und die beratende Anwaltskanzlei die im Begleitaus-schuss vertretenen Stadtverordneten der Städte. Sie gaben ihnen die Empfehlung, die Netzkonzession an die Stadtwerke zu vergeben. Zugleich wurden die Sitzungsteilnehmer jedoch noch aus juristischen Gründen zum Stillschweigen vergattert.

Gestern wurden die Recherchen dieser Zeitung allerdings von den Bürgermeistern Christian Somogyi (SPD), Thomas Groll (CDU) und Jochen Kirchner (parteilos) bestätigt. Bei Details des Geschäfts hielten sich jedoch alle drei bewusst zurück. Aus juristischen Gründen wie auch aufgrund der Tatsache, dass die Parlamentarier erst in diesen Tagen komplett informiert werden können.

Neben den Marburger Stadtwerken befand sich die bisherige Eon Mitte (künftig wieder die kommunale EAM) und der Fuldaer Versorger GWV im Rennen. Eigentümer der drei Gasnetze ist noch Eon Mitte. Die Stadtwerke stünden als Sieger im Verfahren vor der Aufgabe, die Gasnetze kaufen zu müssen.

Was bringt die formal fällige Neuvergabe der Netzkonzessionen den drei Städten? „Wir gehen sicher davon aus, dass das Ergebnis für die Stadt wie am Ende auch für die Verbraucher ökonomische Vorteile bringen wird“, antwortet Somogyi, aus genannten Gründen bewusst noch zurückhaltend. Verbesserungen für die Kunden könnten in besseren Dienstleistungen bestehen, so Somogyi. Kirchhains Bürgermeister Kirchner formuliert einen anderen Punkt: „Wir erhalten Einnahmen, ohne dass wir zusätzlichen Aufwand haben.“ Geld bekommen die drei Städte primär durch die Konzessionsabgabe, deren Höhe aber ohnehin reguliert ist. Für das Verfahren hatten Parlamente wie Bürgermeister einen Kriterienkatalog erarbeitet. Bei dem müssen sich die Stadtwerke bei ihrem Angebot in einzelnen Punkten von ihren Konkurrenten abgesetzt haben.

Keine Folgen für die Gaskunden

Auf die Verträge der etwa 4 000 potenziellen Gaskunden in den drei Städten hat das jetzige Millionen-Geschäft überhaupt keinen unmittelbaren Einfluss.

Sollte das Ausschreibungs-Ergebnis bestätigt werden, so wird die Bedeutung des regionalen Energieversorgungs-Unternehmens Stadtwerke eindeutig wachsen. Aktuell gehören der Stadtwerke GmbH bereits 360 Kilometer Gasnetz in Marburg und Wetter. Natürlich sind die Stadtwerke aber auch selbst als Gasversorger tätig -und die Erfahrung bei Übernahme von Strom- oder auch Gasnetzen hat gelehrt, dass Kunden durchaus gerne zu dem Versorger wechseln, dem das Netz auch gehört. Aktuell haben die Stadtwerke 14 000 Gaskunden. Zugleich kämpfen die Stadtwerke aber auch gemeinsam mit Städten und Gemeinden um den Kauf von Stromnetzen von der Eon Mitte AG. Wäre der Zukauf der drei Ostkreis-Netze für das Unternehmen überhaupt zu stemmen? „Wir haben finanziell vorgesorgt, als wir uns an der Ausschreibung beteiligt haben“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Norbert Schüren, ohne in Details zu gehen.

Im Vergleich zu den schwelenden Konflikten bei Stromnetzen sei das nötige Engagement beim Gas überschaubar. Anders als bei den Bieterverfahren bei den Stromnetzen in Stadtallendorf und Neustadt waren die Stadtverordneten bei den Gaskonzessionen eng eingebunden. Parlamentarier aller Städte waren in einem Begleitausschuss vertreten, der insgesamt fünf Mal getagt hat. Alle Bürgermeister lobten gestern die Zusammenarbeit mit dem Ausschuss. Thomas Groll sprach von einem „engen Miteinander“.

Neustadts Stadtoberhaupt geht im Übrigen davon aus, dass das Votum bei den Gasnetz-Konzessionen keine negativen Folgen für die Zusammenarbeit mit Eon an anderer Stelle hat. Neustadt, Stadtallendorf und der Energieversorger sind Partner in der Netzgesellschaft Herrenwald. Und in noch einem anderen Punkt ist er optimistisch: „Ich gehe davon aus, dass der Übergang der Gasnetze keine Probleme bereitet.“

 

Energieversorger zahlen an Kommunen dafür, dass sie für ihre Netze ein Wegerecht durch öffentliches Gebiet erhalten, die Konzessionsabgabe, eine lukrative Einnahmequelle. Die Höhe der Abgabe ist dabei festgelegt. In Stadtallendorf, Kirchhain und Neustadt endete die bisherige Gasnetzkonzession bereits zum 1.1.2013. Nach der Entscheidung der Parlamente muss sie nun schnellstmöglich neu vergeben werden. Der Konzessionsvertrag läuft dann erneut über einen Zeitraum von 20 Jahren. In der Vergangenheit wurden die Gasnetzkonzessionen über einen inzwischen aufgelösten Zweckverband für Städte und Gemeindevergeben.