Städte mit Erstaufnahmeeinrichtungen erhalten Unterstützung

 

Mehr Rettungsdienst-Einsätze verzeichnet

Fieberhaft sucht das Land Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge, um Zeltcamps zum Winter hin abbauen zu können. Zugleich sind in den Städten, die Erstaufnahmeeinrichtungen haben, Herausforderungen zu bewältigen.

von Michael Rinde

Neustadt. An Interesse, Flüchtlinge zu unterstützen, mangelt es nicht. Nach einem Bericht einer Boulevardzeitung über Hilfen für Flüchtlinge Anfang der Woche, klingelten im Rathaus Telefone. 10 bis 15 Bürger hätten nachgefragt, wie sie konkret helfen könnten, berichtet Bürgermeister Thomas Groll.

Ein weiteres Indiz dafür, wie wichtig eine Anlaufstelle und Koordinierung von ehrenamtlichen Angeboten in der Kleinstadt ist. Voraussichtlich ab Oktober wird nun das Diakonische Werk Oberhessen diese Aufgabe übernehmen (die OP berichtete). Aber es sind weitere Schritte erforderlich, die Groll vom Land erwartet und von dem es auch die entsprechenden Signale gibt.

Die Bürgermeister von Neustadt, Rotenburg an der Fulda und Büdingen – Städte mit Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge – stehen seit Wochen in engem Kontakt und stimmen sich in grundsätzlichen Fragen gegenüber dem Land Hessen ab.

In der vergangenen Woche gab es ein mehrstündiges Treffen der drei Bürgermeister mit Vertretern des hessischen Sozialministeriums. Ein Ergebnis: Wie schon angekündigt, bringt das Land ein „Förderprogramm zur Gemeinwesenarbeit“ auf den

Weg, von dem Städte mit Erstaufnahmeeinrichtungen profitieren sollen. In Neustadt ließe sich beispielsweise ein entsprechend qualifizierter Sozialarbeiter finanzieren. Groll schwebt dabei jemand vor, der in beide Richtungen wirkt, gegenüber den Flüchtlingen wie auch den Bürgern in der Stadt.

Er soll koordinieren wie auch klassisches „Streetworking“ machen, sprich auf die Straße gehen, Probleme ausmachen, Kontakte aufbauen, mögliche Hilfen vermitteln oder einfach Kontakte herstellen. „Ich kann mir dabei eine Zusammenarbeit mit Partnern vorstellen, mit denen die Stadt schon Erfahrung hat“, sagt Groll. In einer gemeinsamen Erklärung sprechen Groll, Christian Grunwald aus Rotenburg wie auch Erich Spanier aus Büdingen vom Ziel, die Integration von Flüchtlingen zu verbessern und Fragen, Sorgen und Ängste von Bürgern aufzugreifen.

Soziale Angebote oben auf der Agenda

Wichtige Einrichtungen für die soziale Betreuung, etwa die Kinderbetreuung oder die ehrenamtliche Arbeit, sind in der Erstaufnahmeeinrichtung in der früheren Ernst-Moritz- Arndt-Kaserne noch im Bau, sollen bis Herbst zur Verfügung stehen. Aus Sicht der Stadt ist dies vordringlich, auch mit Blick auf die näher rückende Winterzeit. Dann könnte es ansonsten in der Erstaufnahmeeinrichtung an Angeboten akut mangeln. „Ich habe beim Land angeregt, die Sporthalle wieder herzurichten, um im Winter Angebote machen zu können“, sagt Groll beispielhaft.

Unterdessen teilt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf Anfrage der OP mit, dass es seine Neustädter Außenstelle im Laufe des letzten Quartals eröffnen wird. Dann wäre in Neustadt eine komplette Bearbeitung von Asylverfahren

möglich. Bis zu 30 Mitarbeiter will das Amt in Neustadt künftig einsetzen. Einen genaueren Eröffnungstermin nannte die Behörde noch nicht.

Unterdessen macht es sich beim Rettungsdienst bemerkbar, dass die Erstaufnahmeeinrichtung Neustadt inzwischen fast voll belegt ist. Zuletzt war von etwa 760 Bewohnern die Rede, zum Herbst sollen bis zu 800 aufgenommen werden können. Beim Rettungsdienst hat sich die Einsatzzahl durch die Einrichtung in den vergangenen Wochen drastisch erhöht, wie der Kreis mitteilt (die OP berichtete am Mittwoch).

Im Juni gab es 13, im Juli 18 und im laufenden Monat (Stand Anfang der Woche) bisher 30 Einsatzfahrten im Zusammenhang mit der Erstaufnahme. Der Kreis als Träger des Rettungsdienstes weist gegenüber der OP darauf hin, dass die Zahlen ein verzerrtes Bild ergeben. Sicherlich hätte ein Teil der Fahrten vermieden werden können, wenn in Neustadts Erstaufnahme ein Arzt vor Ort gewesen wäre, heißt es von Seiten des Kreises.

Bisher sieht die Kreisverwaltung aber keinen Grund, in Neustadt einen weiteren Rettungswagen zu stationieren, will die Entwicklung aber aufmerksam weiter beobachten. Das Regierungspräsidium hatte auf einen Aufruf Rückmeldungen von hessenweit 100 Ärzten, die bereit wären, in Erstaufnahmeeinrichtungen mitzuarbeiten. Ob davon auch die in Neustadt profitiert, ist noch nicht klar.

Unterdessen hat das Gesundheitsamt des Kreises dem Regierungspräsidium Gießen im September Unterstützung bei der Erstuntersuchung von Flüchtlingen angeboten (siehe hierzu auch unseren Beitrag auf Landkreis).