Umschlag Europa“ umgibt zwei Länder

Die Stadt Neustadt erinnerte gestern feierlich an 50 Jahre Deutsch-Französischer Freundschaftsvertag

Familien aus Neustadt und Frankreich und ein deutsch-französisches Ehepaar schilderten bei einer Feierstunde auf sehr persönliche Art, wie le­bendig die deutsch-fran­zösische Freundschaft ist.

von Michael Rinde

Neustadt. Wieder einmal schaffte es die Stadt Neustadt, mit einer eigenen Veranstaltung im Kleinen an ein großes Er­eignis zu erinnern: an 50 Jahre deutsch-französische Freund­schaft. Mit dem hessischen Landtagspräsidenten Norbert Kartmann und dem stellvertre­tenden französischen General­konsul Stanislas Mrozek war es der. Stadt abermals gelun­gen, dazu passende, hochkarä­tige Redner zu gewinnen. Kart­mann war es auch, der der Stadt höchstes Lob für ihr Engage­ment zollte.

Wie lebendig diese Freund­schaft im Kleinen ist, zeigten zwei Gesprächsrunden: Die Neustädter Familie Schulze und die Familie Régniez aus Bouchain und Cesson Sevigne ste­hen ebenso für besondere Ver­bundenheit wie Geneviève und Klaus Wittmann. Das Ehepaar Wittmann ist Neustadt beson­ders verbunden, seit der Zeit, seit der pensionierte Brigade­general Kommandeur der frü­heren Panzerbrigade 14 war. Hermann Schulze und Andre Régniez antworteten auf Fra­gen von Bürgermeister Thomas Groll. In seiner Begrüßung hat­te Groll zunächst die blutige, Jahrhunderte währende Feind­schaft beider Nationen an­gesprochen, aus der schließlich die Aussöhnung hervorging. Die jetzige Freundschaft „lebt ent­scheidend von Begegnungen“, betonte Groll schließlich. „In meiner Brust schlagen mehrere Herzen, eines für Frankreich, eines für Deutschland und auch eines für Europa“, brach­te es Hermann Schulze auf den Punkt. Régniez schloss sich die­ser Formulierung an, Geneviè­ve Wittmann, gebürtige Franzö­sin, sprach von „zwei Herzen in einem Umschlag Europa.“ Die Familien Schulze und Régniez sehen sich vier- bis fünfmal im Jahr, ihre Freundschaft ist längst generationenübergreifend geworden. Norbert Kartmann erinnerte sich an den Moment der Unterschrift von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frank­reichs Staatspräsident Charles de Gaulle im Jahr 1963. „Da klin­gelte es auch bei einem damals 14-Jährigen“, sagte Kartmann. Er wie auch Stanislas Mrozek und Bürgermeister Groll er­innerten an große, historische Momente dieser deutsch-fran­zösischen Freundschaft, et­wa den Händedruck von Prä­sident Francois Mitterand und Bundeskanzler Helmut Kohl an den Gräbern der Gefallenen von Verdun, jenem Schlacht­feld des Ersten Weltkrieges, das zum Symbol der Sinnlosigkeit des Krieges geworden ist. Aber Kartmann ging auch auf die He­rausforderungen der Gegen­wart für diese deutsch-franzö­sische Freundschaft ein. Kart­mann nahm direkten Bezug auf die Wirtschafts- und Finanzkri­se: „Wer Deutschland aus dem Euro herausbringen will, der zerstört die Europäische Uni­on.“ Er animierte dazu, die be­stehenden Probleme gemein­sam zu lösen.

Ausstellung informiert über historischen Vertrag

Mrozek hob die Einmaligkeit dieser deutsch-französischen Freundschaft hervor. 2 300 Städtepartnerschaften verbin­den beide Länder, 261 davon existieren in Hessen. Willfred Sohn und Karl-Joseph Lemmer übernahmen die musikalische Begleitung der Feierstunde in hervorragender Art und Weise. Schließlich verlagerte sich die Festgesellschaft vom Pfarrheim in das historische Rathaus. Dort wurde die Ausstellung, die, wie­der einmal, Bert Dubois vom Kulturhistorischen Verein zu 50 Jahre Elysee-Vertrag gestal­tet hatte, eröffnet. Die Ausstel­lung ist am 11., 12., 14., 16., 18. und 19. Mai jeweils von 15 bis 17 Uhr im historischen Rathaus zu sehen.