Wunderbare „Wandelbar“

Mobiles Café ist ein soziales Projekt, das in Neustadt die Menschen zusammenbringen soll
Von Florian Lerchbacher

Neustadt. Das Kultur- und Bürgerzentrum soll die Menschen zusammenbringen – nicht nur durch die Veranstaltungen, die eines Tages darin stattfinden werden, sondern auch durch die verschiedenen Einrichtungen und Initiativen, die darin angesiedelt werden.

Dieses Ziel wird die Stadt Neustadt mit ihrem Neubau wahrscheinlich erst erreichen, wenn die Corona-Pandemie entweder im Griff ist oder der Geschichte angehört – aber: Vor dem Millionenbau kommen die Bürger dank eines neuen Angebotes bereits zusammen, denn dort steht seit wenigen Wochen die „Wandelbar“.

Am treffendsten ist es wahrscheinlich, von einem Projekt der sozialen Stadt Neustadt zu sprechen, die dem Namen des eigentlichen Städtebauförderprogramms alle Ehre macht. „Es handelt sich um ein Netzwerkprojekt“, erklärt Nicole Zinkowski vom Familienzentrum.

„Ihre“ Einrichtung, das Quartiersmanagement und die Jugendarbeit – beide vom Verein bsj Marburg umgesetzt – sowie das Sozialteam von Hephata kümmern sich um den umgebauten Bauwagen, an dem es montags und donnerstags Getränke und kleine Snacks gibt.

Die Idee sei Anfang des Jahres zu den Hochzeiten des Lockdowns entstanden, erklärt Zinkowski: „Es war ja lange nicht möglich, sich mit mehreren Menschen zu treffen – erst recht nicht in Gebäuden. Also musste ein Draußen-Format her, bei dem die Leute sicher sind.“

Und so kam die Idee auf, Gemeinsamkeit vorzuleben und entsprechend gemeinsam ein mobiles Caféhaus auf den Weg zu bringen, das auf dem Parkplatz des Kultur- und Bürgerzentrums immer montags und donnerstags zwischen 15 und 17 Uhr steht und Begegnungen ermöglicht.

Ziel ist es, dass die Menschen sich zwanglos kennenlernen und in den Austausch kommen. Möglich sei in diesem Zeitfenster natürlich auch, die Einrichtungen im Kultur- und Bürgerzentrum zu erkunden, also beispielsweise die Mediathek oder das Familienzentrum.

Das Café, das Hephata dort eines Tages betreiben soll, ist noch in Vorbereitung – kollidieren werden die Angebote aber nicht, betont Tamara Lohse, denn das Café im Gebäude soll nur an den Wochenenden zwischen April und Oktober geöffnet werden.

Ursprünglich hatte Martin Methfessel von der Gemeinwesenarbeit gemeinsam mit Geflüchteten den Wagen gebaut (mit finanzieller Unterstützung aus dem Verfügungsfonds, in dem Mittel von Bund, Land und Stadt stecken – den Rest zahlte der bsj).

Während der Ferienspiele folgte dann in Zusammenarbeit mit Acht- bis Zwölfjährigen die Innengestaltung – und (fast) fertig war die „Wandelbar“, die stets noch kleinere Aufhübschungen erfährt. Und dem Namen macht auch die „Wandelbar“ alle Ehre, denn sie ist nicht nur Café, sondern war auch schon Veranstaltungsort, in dem Kasperletheater gezeigt wurde. Und so wundert es kaum, dass es am Café auch Spiele und Angebote für Kinder gibt.

Eine Besonderheit: Getränke und Snacks sind in der „Wandelbar“ – in der auch eine Vielzahl an Infomaterial der Gemeinwesenarbeit und ihrer Mitstreiter ausliegt – kostenlos, denn die Initiative ist Teil von „Misch mit! Miteinander Vielfalt (er)leben“, einem Programm, das kulturelle Vielfalt und gesellschaftliche Teilhabe im Landkreis fördern will.

„Ich bin sehr erfreut, dass das Angebot von Woche zu Woche wächst“, sagt Bürgermeister Thomas Groll. Es sei zwar schade, dass das Kultur- und Bürgerzentrum wegen der Pandemie noch nicht zum sozialen Treffpunkt werden könne, aber die Alternative im Freien sei auch toll.

Und vielleicht werde die „Wandelbar“ ja nicht nur zu einem Ort des Austauschs und Zusammenkommens, sondern auch zu einer lebendigen Infobörse. Der Standort direkt neben Altkleidercontainer und Dixi-Klo sei noch nicht optimal, gibt er zu, zeigt sich aber offen für Anregungen, wie sich das Ambiente umgestalten lasse. In diesem Zusammenhang verweist er darauf, dass der Parkplatz an sich auch noch umgebaut werden soll – aber eher in zwei oder drei Jahren.

Die „Wandelbar“ können Vereine und Bürger übrigens auch anmieten – für soziale Initiativen sogar kostenlos. Der Bürgerverein „Wir für uns“ macht davon bereits Gebrauch und hat seine Sammelaktionen für die Stadtallendorfer Kindertafel und das Alsfelder Tierheim bereits verlegt. Diese finden nun immer freitags zwischen 10 und 11 Uhr vor der „Wandelbar“ am Kultur- und Bürgerzentrum statt.