Neustädter Mitteilungsblatt

Sitzung der Stadtverordnetenversammlung

Am 24. Juni 2019 fand die letzte Sitzung der Neustädter Stadtverordnetenversammlung vor der „Sommerpause“ unter dem Vorsitz von Stadtverordnetenvorsteher Franz-W. Michels im Saal des Historischen Rathauses statt.
Kurz vor Sitzungsbeginn hatte die SPD-Fraktion vor dem Hintergrund der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke, für die nach dem Stand der Ermittlungen ein Täter aus dem rechtsextremen Spektrum verantwortlich gemacht wird, einen Dringlichkeitsantrag zur Abstimmung eingereicht. Ein gleichlautender Antrag wird derzeit auch im Kreistag behandelt. CDU und FWG traten dem Antrag bei. Hans-Gerhard Gatzweiler (SPD) erinnerte an die Person des beliebten Politikers und ging auf den Inhalt des Antrages ein. Dieser zielt unter anderem darauf ab, Gewalt von rechts nicht nur zu verurteilen, sondern entschlossen dagegen vorzugehen und gegen die Ursachen zu kämpfen. Auch werden menschenverachtende Äußerungen in den sozialen Medien verurteilt. Es dürfe nicht sein, dass haupt- und ehrenamtliche Politiker für ihre Arbeit herabgewürdigt und sogar bedroht werden, so Gatzweiler. Hans-Dieter Georgi (CDU) stimmte den Ausführungen zu und Karsten Gehmlich (FWG) mahnte dazu, auch gegen Gewalt von links vorzugehen. Hans-Gerhard Gatzweiler verwies darauf, dass man diesen Aspekt nicht in den Antrag aufgenommen habe, da sich dieser explizit auf die Ermordung des Regierungspräsidenten und dem damit zusammenhängenden Themenkomplex befasse.
Bürgermeister Thomas Groll erinnerte daran, dass vor 70 Jahren das Grundgesetz verabschiedet wurde. Alle seien aufgefordert, sich immer wieder mit Nachdruck für unsere Verfassung und die Werte unseres Staates einzusetzen. „Demokratie ist nichts, was einfach so da ist. Es bedarf der Demokraten, die sich dafür einsetzen“, so Groll. Er dankte allen, die sich ehrenamtlich für unser Gemeinwesen einsetzen. Es sei nicht hinzunehmen, dass diese für ihre Arbeit oftmals in nicht hinzunehmender Weise kritisiert würden. Weiterhin sprach er die Verantwortung der Sozialen Medien an. Es sei eine fatale Entwicklung, dass man dort anonym kommentieren und auch hetzen könne. An die Jugend gerichtet sagte Thomas Groll „Bildet Euch eine eigene Meinung“ und „Bringt Euch ein“. Man habe dem Terror der RAF widerstanden, nun müsse man genauso entschlossen, gegen rechts Vorgehen, dürfe aber auch auf dem linken Auge nicht blind werden.
Da in der Vorwoche die beiden Sitzungen der Fachausschüsse aufgrund fehlender Tagesordnungspunkte ausgefallen waren, nutzte Bürgermeister Thomas Groll die Gelegenheit, an diesem Abend vor den Amts- und Mandatsträgern ausführliche Sachstandsberichte über laufende kommunale Vorhaben abzugeben.
Neubau Kultur- und Bürgerzentrum:
Anfang Mai haben die Rohbauarbeiten durch die Fa. Fink aus Ruhlkirchen für das neue Neustädter Bürgerhaus begonnen. Diese gehen, wie für alle Interessierten sichtbar, gegenwärtig planmäßig voran und werden voraussichtlich sechs Monate in Anspruch nehmen.
Für die erste Augusthälfte ist die offizielle Grundsteinlegung vorgesehen. Der Bürgermeister hofft, dass der stellvertretende hessische Ministerpräsident, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, im Rahmen seiner diesjährigen Sommerreise hieran teilnehmen wird. Das „größte investive Vorhaben in der Geschichte der Kommune“ wird vom Hessischen Wirtschaftsministerium mit rund 5 Millionen Euro aus dem Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ und dem Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“ gefördert. Die hierfür notwendige baufachliche Prüfung durch die Wirtschaftsund Infrastrukturbank Hessen hat mittlerweile stattgefunden und ist, so der Bürgermeister, „rundherum positiv verlaufen“. Die Planungen entsprechen „voll und ganz“ den Förderrichtlinien.
Neben dem Abbruch des „Hauses der Begegnung“ und den Rohbauarbeiten konnten zwischenzeitlich auch die Aufstellung des Gerüstes, die Dachdeckerarbeiten und die mobile Trennwand für den großen Saal vergeben werden. Für die Gewerke „Lüftung“ und „Heizung“ wurde jeweils nur ein Angebot abgegeben. Diese Angebote wachen über 30 Prozent von den Kostenschätzungen ab, was zweifellos auf die aktuelle Marktsituation zurückzuführen ist. Die Ausschreibungen sollen daher aufgehoben und entsprechend der Vorgaben des Vergabeerlasses neu vorgenommen werden. Aufgrund des Zeitplanes stellt dies kein Problem dar. Für das Gewerk „Sanitärarbeiten“ wurde überhaupt kein Gebot abgegeben. Hier wird ebenfalls neu ausgeschrieben. Die Ausführung dieser drei Gewerke soll im Januar 2019 beginnen. Positiv verlief hingegen die Ausschreibung für die Metall- und Fensterarbeiten. Hier wurde die Kostenschätzung um etwa 10 Prozent unterschritten. Gegenwärtig, so Bürgermeister Thomas Groll, liege man „ganz leicht“, nämlich etwa 1 Prozent, unter den vorgesehenen Bauwerkskosten und dies sogar bei Einbezug der überhöhten Angebote für „Heizung“ und „Sanitär“, wo man durch die erneute Ausschreibung ja noch auf „Besserung“ hoffe. Diese Bewertung basiert auf rund 50 Prozent der Bauwerkskosten, die zwischenzeitlich vergeben sind oder für die Angebote vorliegen. Im Vergleich zu anderen öffentlichen Auftraggebern sei dies – Stand heute – eine positive Entwicklung. Hierbei hätten sowohl die Arbeit der Planer, aber auch Glück eine Rolle gespielt. Man könne nur hoffen, dass sich diese Entwicklung bei der Vergabe der noch ausstehenden Gewerke fortsetze und es darüber hinaus im Verlauf der Arbeiten nicht zu unerwarteten Mehrkostenkosten komme, stellte Groll fest. Der Bürgermeister verwies in diesem Zusammenhang aber auch darauf, dass die Kommune gegenwärtig über die finanziellen Mitte verfüge, um „gewisse Mehrkosten“ auffangen zu können.

Wiederkehrende Straßenbeiträge

Ende Mai/Anfang Juni nutzten viele Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer die Möglichkeit, sich bei Sprechstunden in der Kernstadt und den Stadtteilen von Mitarbeitern des beauftragten Büros Kommunal Consult Becker über die wiederkehrenden Straßenbeiträge zu informieren und sich konkrete Fragestellungen für ihr Grundstück beantworten zu lassen. Auch die Telefon-Hotline wurde rege genutzt. Beschwerden, dass diese öfters besetzt und auch nur zwei Wochen erreichbar gewesen sei, wurden durch die Verwaltung aufgearbeitet und die Hotline um zunächst eine Woche verlängert.
Die Einführung der wiederkehrenden Straßenbeiträge war im April 2019 von der Stadtverordnetenversammlung mit den Stimmen von CDU, SPD und FWG einstimmig beschlossen worden. Vorausgegangen war ein rund zweijähriger Beratungsprozess mit zahlreichen Informationsveranstaltungen und Presseberichten.
Die seinerzeitigen Veranstaltungen und die beiden zusätzlichen Informationsabende Mitte Mai 2019 wurden nach den Worten des Bürgermeisters eher verhalten besucht. Jetzt, wo es nach einem Anschreiben der Kommune an alle Grundstückseigentümerinnen und Eigentümer konkreter wurde, setzen sich die Bürgerinnen und Bürger erwartungsgemäß intensiver mit der Thematik auseinander. Von besonderer Wichtigkeit hierbei ist für viele die Frage nach der jeweiligen Geschossflächenzahl, da sie – wie auch schon in der Vergangenheit – ein wichtiger Parameter für die Beitragshöhe sein wird. Häufig wurde auch die Frage gestellt „Wann und wieviel müssen wir zahlen?“. Hierauf kann es aber nicht vor Herbst 2019 eine erste Antwort geben. Zuvor muss die Stadtverordnetenversammlung
nämlich noch das Bauprogramm zumindest bis 2022 beschließen und eine Entscheidung über sogenannte „historische Straßen“ treffen, die vor 1961 fertiggestellt wurden und für die weder Erschließungs- noch Straßenbeiträge gezahlt wurden. Weisen diese Bereiche zumindest mehrere erkennbare Merkmale einer Straße auf – geschlossene Fahrbahndecke, Nebenanlage, Beleuchtung, Entwässerung – dann werden sie zukünftig zu den wiederkehrenden Straßenbeiträgen herangezogen. Wenn das nicht so ist, gelten sie als noch nicht fertiggestellt und die Anlieger werden bei Bauarbeiten gemäß der Erschließungsbeitragssatzung zu 90 Prozent der anfallenden Kosten herangezogen.
Es zeichnet sich gegenwärtig ab, dass 2020 nur die Grundstückseigentümer in der Kernstadt zu wiederkehrenden Straßenbeiträgen herangezogen werden. Nur hier ist mit den Nebenanlagen der Querallee eine konkrete Baumaßnahme vorgesehen, für die die Planungsarbeiten schon laufen.
Die Abgabe einer Prognose über die Höhe der zukünftig zu leistenden Beiträge hält Bürgermeister Thomas Groll gegenwärtig für zu gewagt. „Wenn wir jetzt eine konkrete Zahl nennen, werden wir bei Abweichungen nach oben „geprügelt“. Wird es günstiger, sagt keiner „Dankeschön“ so Groll. Die Erfahrungen anderer Kommunen lassen aber erwarten, dass man in der Kernstadt wohl mit unter 10 Cent pro qm anschlussfähiger Fläche starten werde. In den Stadtteilen wird dieser Betrag aufgrund gleicher Baukosten pro laufendem Meter Straße, aber geringerer Veranlagungsfläche höher sein. Dafür wird es aber hier im Laufe der Zeit natürlich weniger Bautätigkeit geben.
Bei zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern herrsche momentan Unsicherheit, einige befürchten, dass es jetzt für sie viel teurer werde als beim alten Abrech- i nungssystem. Der Bürgermeister trat dem entgegen und verwies darauf, dass es für die allermeisten „auf Jahrzehnte bezogen“ deutlich günstiger werde. Bisher I bezahlte jemand mit 1.000 Quadratmeter anschlussfähiger Fläche bei einer Anliegerstraße durchaus 15.000 bis 20.000 Euro Anliegerbeitrag in drei oder vier: Raten innerhalb von etwa 15 I Monaten. Zukünftig zahle man bei einer vergleichbaren Grundstücksgröße jährlich einen Bruchteil davon. Das neue System sei ein solidarisches Beitragssystem. Die Erfahrungen in anderen Städten und Gemeinden seien positiv.
Wenn andere Kommunen nun ganz auf Beiträge verzichten, dann sei dies zumeist „Augenwischerei“. Kürzlich habe man sich in Fulda für den Verzicht auf Straßenbeiträge ausgesprochen, zugleich aber – wie viele andere Städte und Gemeinden in vergleichbarer Situation auch – für eine Erhöhung der Grundsteuer ausgesprochen.
Der Weg über wiederkehrende Straßenbeiträge sei hier transparenter und gerechter, betonte der Bürgermeister. Diese Beiträge fielen nämlich nur dann an, wenn in einem Abrechnungsgebiet (die Kernstadt und die drei Stadtteile bilden jeweils ein Abrechnungsgebiet) tatsächlich auch gebaut werde. Zudem gäbe es Befreiungstatbestände für Anlieger, die in den letzten Jahren zu Straßenbeiträgen herangezogen worden seien bzw. deren Grundstücke noch an „Baustraßen“ (Erschließungsanlage ist hier noch nicht fertiggestellt) lägen. Zur erhöhten Grundsteuer würden hingegen alle Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer herangezogen und Befreiungen seien nicht möglich.

ICE-Halt Stadtallendorf

Einstimmig sprachen sich die Stadtverordneten dafür aus, die Stadt Stadtallendorf bei ihren Bemühungen um einen Erhalt des ICE-Haltes zu unterstützen. Die Deutsche Bahn will dieses Angebot zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 auslaufen lassen, da es nach Auffassung des Unternehmens nur unzureichend genutzt wird. (Wird in der nächsten Ausgabe fortgesetzt)