44 Stufen bilden für viele eine Barriere

Auch Neustadt will sich für Umbau des Bahnhofs einsetzen • Für den ersten Schritt reichen 40 000 Euro
Neustadt bemüht sich um die Chance, im nächsten Jahr Teil einer Rahmenvereinbarung zwischen Land und Bahn zu werden. Es geht um den barrierefreien Umbau des Bahnhofs, von Michael Rinde
Neustadt. Wer im Neustädter Bahnhof zu einem Zug eilt, muss erst 20 und dann noch einmal 24 Stufen auf steilen Treppen schaffen. Für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen oder Mütter mit Kinderwagen werden diese Treppen schnell zu einem mitunter unüberwindbaren Hindernis.
Anders als in Kirchhain oder seinerzeit auch in Stadtallendorf ist das Thema barrierefreier Bahnhof in Neustadt bisher kein größeres Diskussionsthema gewesen. Das bestätigt auch Neustadts Bürgermeister Thomas Groll (CDU) gegenüber der OP.
Auch in den Überlegungen und Planungen des Hessischen Verkehrsministeriums ist der Neustädter Bahnhof in Sachen Umbau bisher ein unbeschriebenes Blatt. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der heimischen Landtagsabgeordneten Handan Özgüven (SPD) hervor. Thema der Anfrage: Stufen- und Barrierefreiheit in den Bahnhöfen Kirchhain und Neustadt.
Für Kirchhain ist die Situation bekannt. Im Ministerium geht man davon aus, dass im Laufe des Jahres 2020 das Baurecht hergestellt wird und ein voraussichtlicher Baubeginn „spätestens Anfang 2021“ vorgesehen ist. Dann gibt es auch Geld aus dem Topf des „Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz“.
Zu den Gleisen 2 u. 3
Neustadts Bürgermeister berichtet, angesprochen auf die Aussagen des Ministeriums, dass es in den vergangenen Wochen konkrete Gespräche zwischen Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) und ihm als Vertreter der Stadt gegeben hat. Das Resultat laut Groll: Wenn Neustadt bereit ist, sich an den ersten Planungskosten zur Hälfte zu beteiligen. Damit hätte Neustadt dann auch eine Chance, bei der Rahmenvereinbarung ab 2019 berücksichtigt zu werden.
Bedarf wird immer weiter steigen
„Das sagt dann noch nichts darüber aus, was das alles kosten könnte und wann es überhaupt Realität wird“, sagt Groll, um allzu großen Erwartungen vorzubeugen. Wichtig sei es ihm, dass Thema jetzt zu besetzen und die Stadt ins Gespräch zu bringen. Vor diesem Hintergrund nennt Groll auch die Anfrage von Handan Özgüven „hilfreich“. Sie komme zum richtigen Zeitpunkt.
Den Bedarf für einen barrierefreien Umbau der Neustädter Verkehrsstation sieht der Verwaltungschef in jedem Falle. In Neustadt lebten allein 900 Menschen, die mindestens 75 Jahre alt seien. „Und es gibt angesichts der Umbauten in Schwalmstadt und Kirchhain inzwischen immer mehr Menschen, die auch in Neustadt Barrierefreiheit im Bahnhof wollen“, sagt Groll.
Im ersten Schritt müsste Neustadt rund 40 000 Euro als Anteil an den Planungskosten bezahlen. Die zweite Hälfte trüge der RMV Dass sich das Bahnhofsgebäude inzwischen in privaten Händen befindet, spielt laut Groll keine Rolle. Die Zugänge zum Bahnsteig seien immer noch Sache der Deutschen Bahn AG. Im nächsten Schritt soll sich jetzt der Magistrat mit dem Thema befassen.
In der Anfrage Özgüvens geht es auch um grundlegende Fragen. Etwa darum, wie die Landesregierung die Tatsache bewertet, dass nur barrierefreie Bahnhöfe mit einer Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern gefördert werden können. Dazu soll die Bahn AG ein Konzept zur Barrierefreiheit erarbeiten. Die Einzelheiten werden derzeit abgestimmt. Was das konkret bedeuten könnte, geht aus der Antwort nicht hervor.
Klar wird, dass derzeit intensiv an Nachfolgeregelungen gearbeitet wird – nicht nur zu jener Rahmenvereinbarung, die ab 2019 gelten soll. Özgüven hatte in der Anfrage auf die Allianz Pro Schiene und deren statischer Erhebung zur Barrierefreiheit von Bahnhöfen verwiesen. Im Ranking von Pro Schiene belegt Hessen demnach den 15. Platz unter 16 Bundesländern. Das Verkehrsministerium verweist unter anderem auf den Umstand, dass die Bahnhöfe in aller Regel der DB Station & Service AG gehören und sie für den barrierefreien Ausbau zuständig sei. Und das Verkehrsministerium argumentiert mit hessischen Besonderheiten, einer besonders hohen Zahl an Verkehrsstationen und schwierigen Rahmenbedingungen.