Bürgermeister Thomas Groll bezeichnet Aufnahme in Programm „Soziale Stadt“ als Glücksfall für Neustadt
„Unser Ziel ist die Weiterentwicklung Neustadts. Diese wird uns dank der großen Unterstützung des Landes ermöglicht“, freut sich Bürgermeister Thomas Groll über das Förderprogramm „soziale Stadt“.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Im Herbst 2015 hatte die Stadt Neustadt die gute Nachricht erhalten, dass sie bis zum Jahr 2025 in das Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ aufgenommen wird. Ein maßgeblicher Grund dafür war die Schaffung einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Kaserne gewesen. Die Entscheidung der Landesregierung habe sich als „wahrer Glücksfall“ erwiesen, betont Bürgermeister Thomas Groll beim Rück- und Ausblick.
Das Hessische Umweltministerium hat schließlich bereits Fördermittel in Höhe von 5,5 Millionen Euro abgesegnet –
Wobei die Stadt lediglich 1.1 Millionen Euro beisteuern muss. Besonderheit: Die Mittel stammen nicht nur aus dem Topf „Soziale Stadt“, sondern auch aus dem eng damit verknüpften Programm „Investitionspakt Soziale Infrastruktur im Quartier“. Als „Leuchtturmprojekt“ bezeichnet der Rathauschef naturgemäß den millionenschweren Neubau des Hauses der Begegnung beziehungsweise des Kultur- und Bürgerzentrums – den sich die Stadt ohne die massiven Fördermittel niemals hätte leisten können. Wie hoch die finanzielle Unterstützung letztendlich genau ausfällt, steht nach Abschluss der derzeit laufenden baufachlichen Prüfung durch die Wirtschafts- und Infrastrukturbank fest.
Nächstes Spielplatz-Projekt steht in den Startlöchern
Doch die Stadt möchte, wie von Anfang an betont, nicht nur „in Steine“ investieren, sondern auch ihre Bürger aktivieren. „Dazu gehört die Entwicklung und Umsetzung von Ideen aus der Bürgerschaft heraus ebenso wie eine Stärkung des ehrenamtlichen Engagements“, hebt Groll hervor, in der Emil-Rössler-Straße hat dies mit einem partizipativen Spielplatz-Bauprojekt schon einmal geklappt. Zahlreiche Bürger brachten sich ein, lernten sich kennen und feierten am Ende ein buntes Einweihungsfest. Und so ist es fast schon natürlich, dass die Stadt und die Quartiersmanagerinnen Heike Brandt und Svetlana Nerenberg bei der Umgestaltung des Spielplatzes in der Aue auf ein ähnliches Konzept setzen wollen. Die Umsetzung ist für die zweite Osterferienwoche geplant. Anwohner aus Ringstraße, „Am Schalkert“ und den anliegenden Seitenstraßen sollen sich einbringen. Für diesen Monat ist ein erster Workshop geplant, um gemeinsam ein Konzept zu erarbeiten. Die Einweihung des erneuerten Spielplatzes ist dann für den symbolträchtigen 11. Mai vorgesehen – den Tag der Städtebauförderung.
Weitere Projekte sind für die Eingangsbereiche Marktstraße / Weidenbrunnen und Marktstraße / Café Möller vorgesehen. Die Pläne für die Umgestaltung musste die Stadt jedoch noch einmal überarbeiten, da die Pergolen am Weidenbrunnen vollständig sowie jene am Café größtenteils im Eimer sind. Ans Café sollen zwei Laubbäume und eine Sandsteinmauer kommen, um den beliebten Platz etwas zur Straße hin abzugrenzen. Rund um den Weidenbrunnen gibt es noch Beratungsbedarf, wie Groll berichtet.
Unmittelbar vor der Fertigstellung ist die Machbarkeitsstudie für die Umgestaltung des Bürgerparks. Der erste Bauabschnitt
ist für dieses, der zweite für das kommende Jahr vorgesehen. Außerdem steht die Umgestaltung des Pausenhofs der Martin-von-Tours-Schule für dieses Jahr auf der Agenda.
Stadt legt Verfügungsfonds für kleine Vorhaben auf
„Für die Schublade zu schade“ ist außerdem die Studie für einen Kunst- und Kulturpfad, so Groll. Angedacht ist, „Kunstorte im öffentlichen Raum“ zu schaffen, also Treffpunkte, an denen sich die Menschen kennenlernen und austauschen sollen. Es gelte zu sehen, was umsetzbar und finanzierbar ist, erklärt der Bürgermeister. Ein Ansatzpunkt sei ein Kunstwerk, um an die ermordeten jüdischen Mitbürger aus Momberg und Neustadt zu erinnern. Ebenfalls in der Überlegungsphase befindet sich die Thematik „Zwischenbau Haus der Vereine / Gasthaus zur Krone“. Der Verfasser einer Machbarkeitsstudie hat Groll vorgeschlagen, dort ein Hostel mit kostengünstigen Übernachtungsmöglichkeiten einzurichten – diese fehlten schließlich in Neustadt. In diesem Jahr steht aber zunächst die mit Fördermitteln unterstützte Entrümpelung des Gebäudes an.
Zurückgestellt hat die Stadt derweil die Studie zum Bahnhof und dessen Umfeld. Es stünden Gespräche mit dem neuen Eigentümer des Bahnhofsgebäudes an, berichtet der Bürgermeister. Er und die Quartiersmanagerinnen hoffen, mehr über dessen Pläne zu erfahren.
Des Weiteren legen die Neustädter in diesem Jahr einen „Verfügungsfonds“ mit 35 000 Euro auf. Damit will die Stadt kleine private Vorhaben unterstützen, deren Ziel die Attraktivierung der Innenstadt oder der Wohnquartiere Leipziger Straße und Emil-Rössler-Straße sind. Ansätze sind Projekte zur Verringerung von Leerständen, die Schaffung oder Aufwertung von Aufenthaltsbereichen – beispielsweise durch Begrünungen oder Sitzgelegenheiten – oder die Unterstützung von Veranstaltungen. Die Förderquote beträgt zumindest 90 Prozent, pro Vorhaben gibt es aber maximal 5 000 Euro.
Bürgermeister kritisiert Wohnblock-Eigentümer
Ein wichtiger Faktor im Neustädter Leben ist auch der Austausch und die Kooperation zwischen Quartiersmanagement und Gemeinwesenarbeit – die auch schon gemeinsam an Veranstaltungen teilnahmen und mit Geflüchteten beispielsweise einen Garten anlegten. Auch in diesem Jahr wollen sie diese Zusammenarbeit fortsetzen.
Es gibt beim Thema „soziale Stadt“ aber auch noch ein Sorgenkind: das Wohnquartier Leipziger Straße. Auch dort wurde bereits ein Spielplatz geschaffen – den die Bürger auch gut annehmen und pfleglich behandeln. Problem ist für Groll jedoch der Eigentümer: Mit großen Plänen war die AG aus Frankfurt und Leipzig vor fünf Jahren nach dem Kauf der Wohnblocks an den Start gegangen. Nun jedoch reagiert das Unternehmen nicht auf Anrufe, Briefe und Mails, wie Groll moniert. Auch an einer Stadtteilkonferenz habe es trotz Einladung nicht teilgenommen. „Ich bedauere sehr, dass man dort bisher die Chance nicht erkennt, die ein aktives Mitwirken für das Wohnquartier insgesamt brächte“, ergänzt der Bürgermeister und resümiert: „Ich würde mir wünschen, dass der Eigentümer sich stärker um das Objekt kümmert, die Chance der sozialen Stadt erkennt und sich einbringt. Wohnblocks sind nicht nur Objekte, mit denen man Geld verdient – man hat auch eine soziale Verantwortung.“
In diesem Zusammenhang führt Groll die Vermüllung in der oberen Leipziger Straße an. Der Zustand sei nicht tragbar und müsse behoben werden – die Stadt ist inzwischen sogar so weit, dass sie Müllberge einfach von der Straße zurück auf das Gelände schiebt. Ein Zustand, der Groll durchaus ärgert.