Im Dezember soll das marode Gebäude Geschichte sein • Abrisstrupp arbeitet sich von innen nach außen vor
Konfetti auf dem Boden erinnert noch an die letzten Feiern im Haus der Begegnung. Doch drumherum sammeln sich inzwischen Staub und Dreck, denn die Abrissarbeiten haben begonnen.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Die noch vor wenigen Jahren zur Sicherung ein- gezogenen Stützbalken wurden abgebaut und liegen fein säuberlich gestapelt im Saal des Hauses der Begegnung. Daneben findet sich entfernte Bühnendekoration auf dem Boden. Ein Arbeiter zieht Kabel aus der Wand, ein anderer hat Metallstreben entfernt und lässt sie fallen. Langsam aber sicher erinnert nur noch wenig in dem Gebäude an die rauschenden Feste, die Neustadts Bürger über viele Jahre dort feierten. „Ein bisschen Wehmut kommt bei aller Freude über den Beginn der Abbrucharbeiten dann doch auf“, gibt Bürgermeister Thomas Groll zu und erinnert sich an zahlreiche Filmvorführungen, Karnevalsveranstaltungen, Podiumsdiskussionen im Vorfeld von Wahlen oder auch an seine Amtseinführung als Bürgermeister zurück: „Hier haben wir so einiges erlebt.“
Und nicht nur das: Die Stadt muss noch bis ins Jahr 2042 den Kaufpreis für das ehemalige Soldatenheim abstottern (jährlich 40 000 Euro). „Der Bund ließ sich über Jahre nicht erweichen. Und eine Sanierung war einfach nicht mehr darzustellen. Zum einen hatte die WI-Bank Einwände, zum anderen war der Raumzuschnitt nicht mehr zeitgemäß. Und das Familien- beziehungsweise Mehrgenerationenzentrum hätten wir hier auch nicht unterbringen können“, sagt der Bürgermeister und erinnert zudem an fehlende Barrierefreiheit oder die aus Brandschutzgründen lediglich befristete Nutzungserlaubnis. Noch dazu sei das Haus eine „energetische Katastrophe“. Der Abriss – um den sich 14 Firmen beworben hatten und der rund 150 000 Euro kostet – sowie der anschließende Neubau sei somit die richtige Entscheidung gewesen.
Als erstes steht die Entkernung auf der Tagesordnung, für die Thomas Dickhaut, der Leiter des Fachbereichs Bauen, etwa acht Wochen veranschlagt. Der Abrisstrupp arbeitet sich von innen nach außen vor. Der eigentliche Abriss werde wohl sechs Wochen dauern, sodass das Haus der Begegnung im Dezember Geschichte sein soll. „Ein Gebäude dieser Größenordnung vollständig abzubrechen, habe ich noch nie erlebt“, sagt Dickhaut und fügt hinzu: „Ich finde das extrem spannend.“
Gemäß eines extra entwickelten Entsorgungskonzeptes trennen die Bauarbeiter die Materialien und entsorgen oder recyceln sie. So soll beispielsweise der Beton gebrochen und anschließend als Gründungsschicht unterhalb des Fundaments des neuen Gebäudes Verwendung finden, wie Dickhaut erläutert.
Neubau soll im „ersten Halbjahr 2020″ stehen
In der Verwaltung laufen derzeit diverse Vorbereitungen. So will die Stadt Ende September die Baugenehmigung für den Neubau beantragen. Im November soll die „baufachliche Prüfung“ durch die Wirtschafts- und Infrastrukturbank (WI-Bank) Hessen erfolgen. Im Anschluss erfährt die Stadt, wie hoch die gewährten Zuschüsse genau sein werden. Derzeit gehen die Neustädter von rund 4,5 Millionen Euro an Fördermitteln aus.
Im Anschluss stehen Ausschreibung, Submission und Vergabe der verschiedenen Gewerke an. Im Frühjahr soll der Neubau beginnen, der dann – so hofft Groll – im „ersten Halbjahr 2020“ fertig ist. „Wir wollen optimistisch in die Zukunft schauen“, betont Groll und freut sich auf ein neues „Kultur- und Bürgerzentrum“, dessen Herzstück das Familien- und Generationenzentrum für Menschen von 0 bis 99 sein soll. „Das Gebäude soll zu einem wahren Ort der Begegnung werden“, hofft er.