Anonyme Gräber, neue Totenkultur

Neustadt will Friedhofsordnung ändern
Die Stadt Neustadt plant einige Änderungen an der Gebührenordnung des Friedhofs.
von Nadine Weigel
Neustadt. Es wummerte noch einmal auf dem Friedhof in Neustadt. Mit schwerem Gerät brachten Bauhofmitarbeiter gestern die letzten Steine in den Boden vor der neuen Urnenwand ein.
Grabstätten sind die ältesten Zeugnisse menschlicher Zivilisation überhaupt. In Neustadt möchte Bürgermeister Thomas Groll eine neue „Totenkultur“ etablieren. Zum Beispiel mit der 40 000 Euro teuren Urnenwand und einem anonymen Gräberfeld. In der Wand bieten 48 Nischen Platz für je zwei Urnen. „Wir hatten immer wieder Anfragen von Angehörigen“, begründet Groll den Schritt. Initialzündung sei eine Unterschriftenaktion gewesen, mit der sich Bürger für eine Urnenwand aussprachen.
Am Montag nun brachte der Magistrat einen Vorschlag für eine neue Friedhofsordnung und die Neufassung der Friedhofsgebührenordnung im Parlament ein. „Wir reagieren damit auf eine veränderte Gesellschaft“, sagt Groll.
Diese Begründung akzeptieren auch die Bürger. Auf dem Friedhof ist die Urnenwand Gesprächsthema: „Es sieht ja gar nicht schlecht aus“, sagt ein
Neustädter, der drei Gräber zu pflegen hat. Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, sich regelmäßig um die Grabpflege zu kümmern. „Wenn man aber niemanden mehr hat, ist so eine Urne schon praktischer“, weiß der Mann.
Auch ansonsten sieht der Vorschlag des Magistrats einige Änderungen vor. So ist nicht mehr genau vorgeschrieben, wie groß und breit ein Grabstein zu sein hat. Einziges Kriterium soll sein, dass sich der Grabstein in die Umgebung einfügt. „Das tut ein zwei Meter hoher Grabstein zum Beispiel nicht“, räumt Groll alle Unklarheiten dieser Formulierung aus dem Weg.
Die Anpassung der Gebührenordnung begründet Groll mit der Haushaltsentwicklung und den gestiegenen Kosten. Im Entwurf der neuen Gebührenordnung sieht der Erwerb der Nutzung eines Reihengrabes eine einmalige Gebühr von 500 Euro vor. Rund 300 Euro mehr als in der alten Ordnung. Auch die Überlassung einer Urnen-reihengrabstätte wird teurer. Dafür fallen in dem jetzigen Entwurf andere Kosten ganz weg. So muss nichts mehr für die Beseitigung von Abfällen und Wasser gezahlt werden.
Eine weitere Änderung sieht vor, dass die Aushebung der Gräber an Privatunternehmen vergeben wird. „So sparen wir rund 500 Arbeitsstunden ein“, sagt Groll. Arbeitsplätze seien nicht gefährdet. „Es gibt genug zu tun“, beruhigt er.