Bundeswehr bläst Hoim den Marsch – MNZ

Neustadt verabschiedet heute seinen Bürgermeister
Von Horst Joh. Boßhammer (0 64 28) 44 88 40 h.bosshammer@mitteLhessen.de
Neustadt. Manfred Hoim könnte die Stunden zählen. Samstagabend, 24 Uhr, läuft seine dritte Amtsperiode als Bürgermeister in Neustadt ab. Heute wird ihn das Stadtparlament ■ unter stützt von den Heeresmusikern ■ verabschieden und seinen Nachfolger einführen. Ein Anflug von Wehmut mag sich noch einstellen. Bisher blieb dafür wenig Zeit.
Ein Stubenhocker ist Manfred Hoim nie gewesen. Aber in seinen letzten Amtstagen ist er besonders schwer zu erwischen. Zu oft zieht es ihn nach draußen, zu Besprechungen und auf Dienstreise. Einen Steinwurf vom Rathaus entfernt „boxt der Papst“. Der Straßen-Ausbau fordert seinen Tribut. Dass die halbe Geschäftsund Bankenwelt in der Marktstraße seit Tagen nicht telefonieren kann, liegt glücklicherweise nicht an der Stadt, sondern an der Telekom. Doch das lässt Hoim genauso wenig kalt wie das Ende der Bundeswehr in Neustadt.
Vor Tagen war Hoim noch in Wiesbaden. Es geht um die Bewertung jedes einzelnen Gebäudes auf dem 33 Hektar großen Kasernengelände. Ein vergleichbares Gutachten für die Garnisonsstadt Bad Arolsen liegt auf seinen Schreibtisch, der das bevorstehende Ende noch lange nicht erahnen lässt.
Für wehmütige Gedanken bleibt da nicht viel Zeit. Aber irgendwann kommen sie doch. „Letzte Nacht hab‘ ich schlecht geschlafen“, bekennt der Mann mit der robusten Gesundheit freimütig. Der große Einschnitt in seinem Leben rückt unweigerlich näher. Kein Tag, in den vergangenen 18 Jahren, an dem er wegen Krankheit gefehlt hat. Hoim erwähnt das mit einer großen Portion Dankbarkeit, ganz so, als habe er damit am wenigsten zu tun. Dankbarkeit empfindet Hoim auch gegenüber dem langjährigen CDU-Kreisvorsitzenden und Kanzleramtsminister Friedrich Bohl, der die Fäden für seinen beruflichen Wechsel von Marburg nach Neustadt gesponnen hatte. Das war im Oktober 1987. Hoim war Beamter in der Wasserbehörde des Kreises und gehörte der CDU-Stadtverordnetenfraktion in Marburg an.
■ Ein Kämpfer mit offenem Visier macht sich nicht nur Freunde
Ein Lächeln zieht auf in seinem Gesicht, wenn er an die „Erkundungsfahrt“ mit seiner Familie zurückdenkt: Ein trüber Novembertag, im Fond eine traurige Tochter, die um ihren Freundeskreis fürchtete. Hoim hat dennoch Ja gesagt, nicht zuletzt, weil ihn Ehefrau Sybille wie so oft bestärkt hat. Er wechselte damals aus einer gesicherten Position auf einen Schleudersitz. Dessen wurde er sich bewusst, als die CDU Neustadt kurz nach seiner Wahl die absolute Mehrheit einbüßte. Wirklich bereut hat Hoim seine damalige Entscheidung aber nie. Bei der Neustädter CDU ist das genauso, denn Hoim hat in all den Jahren der Versuchung widerstanden, mehr zu investieren als einer finanzschwachen Stadt gut tut. Die Finanzen sind in Ordnung. Er verlässt ein gut bestelltes Feld.
Mit dem Vorwurf, er habe die Stadt totgespart, kann Hoim besonders zum Ende seiner Amtszeit gut leben. Neustadt gehört zu den wenigen Städten, die ihren Haushalt ausgleichen und ihre Infrastruktur halten können. „Wir sind nie eine reiche Stadt gewesen, aber wir haben in meiner Amtszeit 62 Millionen Euro investiert“, zieht er zufrieden Bilanz. Glückliche Fügung war die Übernahme des Soldatenheimes. „Eine Stadthalle in dieser Formation hätten wir uns sonst nie leisten können.“
Vieles hätte Hoim noch gern auf den Weg gebracht. So ist das „Deutsche Haus“ noch nicht saniert. Immerhin stehen dafür 430 000 Euro Landesmittel bereit. Der Abzug der Bundeswehr wird der Stadt weh tun, die Nutzung der freiwerdenden Flächen schwierig.
Der Stadt und ihren Bürgern wünscht Hoim ein faires, offenes, von Wahrheit geleitetes Miteinander in den Gremien. Er selbst hat mit offenem Visier gestritten und sich nicht nur Freunde gemacht.
Natürlich will er die Neustädter Entwicklung interessiert verfolgen, sich aber hüten ungefragt Ratschläge zu erteilen. Im bevorstehenden Ruhestand soll zunächst die Familie zu ihrem Recht kommen. Gegen die Langeweile gibt es den Landratswahlkampf und ein Kreistags-Mandat bis 2011.