Anwohnende der Neustädter Bahnhofstraße beklagen seit Teilöffnung der A 49 hohe Verkehrsbelastung
Von Nadine Weigel
Neustadt. Alle paar Minuten scheppert es. In Laura Göbels Küche klirren die Gläser, die Dunstabzugshaube klappert und auch das Glas in der Tür macht Geräusche. Immer wenn unten auf der Straße ein Lkw vorbeifährt, wird es laut. Und das bei geschlossenen Fenstern.
„Es ist unerträglich. Wir lassen noch nicht mal mehr im Sommer die Fenster offen“, sagt Laura Göbel. Zusammen mit ihrem Mann wohnt die 27-Jährige in der Bahnhofstraße in Neustadt und kämpft für Tempo 30.
Der Verkehr sei vorher schon viel gewesen, aber seitdem das Teilstück der A 49 zwischen Neuental und Schwalmstadt geöffnet wurde, habe der Verkehr auf der Bundesstraße, die durch Neustadt führt, „dramatisch zugenommen“. Im „Minutentakt“ donnerten die Lastwagen vorbei, beklagen die Anwohner seither. „Es ist unheimlich belastend, man kommt eigentlich gar nicht mehr zur Ruhe“, betont Laura Göbel und streichelt eine der beiden Katzen, die mit dem Ehepaar in der Wohnung leben. Raus dürfen die beiden nicht. Viel zu gefährlich.
Nachts besonders viel Lärm
Tagsüber sei der Verkehrslärm schon schlimm, aber kein Vergleich zu nachts. „Tagsüber müssen die Lastwagen abbremsen wegen der am Fahrbahnrand geparkten Autos. Aber nachts parkt hier niemand und die Lkws donnern einfach nur so durch“, klagt die gelernte Krankenschwester. Auch die Dämmschutzmatten unter ihrem Bett brächten nichts – die Erschütterungen seien bei jedem Lkw spürbar.
Zusammen mit ihrem Mann sowie anderen anwohnenden Lärm-Leidtragenden kämpft Göbel seit Längerem für eine nächtliche Geschwindigkeitsbegrenzung in der Bahnhofstraße. Ihr Wunsch: in der Zeit von 22 bis 6 Uhr Tempo 30. Das wäre dann die Geschwindigkeit, die nur wenige Meter weiter in der Hindenburgstraße ohne Probleme gilt.
Doch so einfach ist es nicht. Mit ihrem Anliegen sind Göbels bislang gescheitert. Sie haben sich an Hessen Mobil, die Straßenverkehrsbehörde des Landkreises und auch Bürgermeister Thomas Groll gewandt. Neustadts Stadtoberhaupt kann die Verzweiflung der Anwohnenden verstehen.
Behörden vertrösten weiter
„Aktuelle Verkehrszahlen haben wir nicht, aber meinem subjektiven Empfinden nach hat der Verkehr innerhalb Neustadts seit der Öffnung des A-49-Teilstückes zugenommen“, so Groll. Die Stadt hatte deshalb nicht nur für die Ortsdurchfahrt der B 454, sondern auch für andere Straßen beim Regierungspräsidium (RP) Gießen Tempo 30 angeregt. Dazu legte das RP nun eine Stellungnahme vor.
„Nach Auswertung der Lärmkartierung und Durchführung einer überschlägigen RLS-90-Berechnung konnten Überschreitungen der Richtwerte der Lärmschutz-Richtlinien-StV im Nachtzeitraum festgestellt werden“, heißt es dort.
Übersetzt bedeutet dies: Nachts ist es offensichtlich zu laut. Deshalb werde eine „schalltechnische Berechnung beim Straßenbaulastträger“ beauftragt, schreibt die Behörde weiter.
Auf Nachfrage der OP bestätigt eben dieser Baulastträger – Hessen Mobil –, dass derzeit eine „Aktualisierung des bisherigen Lärmgutachtens auf Basis aktueller Verkehrszählungen erstellt werde“. Wann mit der Fertigstellung zu rechnen sei, ließ Hessen Mobil jedoch offen.
Auch dem Landkreis liegt das Schreiben des RP vor, wie die Pressestelle des Landkreises mitteilt. „Die darin aufgeführten Punkte sind aktuell Bestandteil der inhaltlich-fachlichen Prüfung bei uns“, sagt Pressesprecher Stephan Schienbein. Zudem müssten noch die „Ergebnisse der schalltechnischen Berechnung abgewartet werden, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bekommen“.
Für die Göbels und die anderen Anwohnenden bedeutet dies: weiter warten. Und weiter den Lastwagen-Lärm ertragen. „Das ist wirklich frustrierend“, sagt Dr. Manuel Göbel. Der Mediziner hat langsam das Gefühl, dass „die das so lange aussitzen, bis die A 49 fertig gebaut ist“.