Der Waldkindergarten wächst

Die Gründung einer zweiten Gruppe ist beinahe beschlossene Sache / Suche nach Erziehern macht Stadt Sorgen
Von Florian Lerchbacher
Neustadt. Der Waldkindergarten Neustadt schreibt eine Erfolgsgeschichte. Stück für Stück wächst die Einrichtung, die im Jahr 2017 mit zunächst lediglich fünf Kindern ins Rennen ging – doch immer mehr Eltern begeisterten sich und schickten ihren Nachwuchs in die Einrichtung, die im Herrenwald zwischen Stadion und Grillhütte liegt. „Es gab berechtigte Zweifel“, erinnert sich Merve Hamel an die Anfänge. Sie hatte damals mit anderen Eltern den Anstoß gegeben – und selber auch Zweifel und Sorgen gehabt. Doch nun ist klar: Der Waldkindergarten um Leiterin Adina Brünjes ist für Neustadts Betreuungslandschaft ein Gewinn und die Gruppe ist voll.

Im Sommer 2021 wäre es der Fall gewesen, dass die Stadt mehreren Eltern hätte Absagen erteilen müssen, weil keine Plätze mehr frei sind. Und so gründete sich Ende 2019 erneut eine Elterninitiative, deren vorrangiges Ziel es ist, dass die Stadt eine zweite Gruppe im Waldkindergarten gründet. Bürgermeister Thomas Groll hatte den Eltern mit auf den Weg gegeben, dass es mindestens zwölf Anmeldungen für die zweite Gruppe gibt. Yasmin und Konstantin Klumbies vermeldeten nun, dass 16 Familien Interesse bekundet hätten: Sechs Kinder werden die Schulabgänger „ersetzen“, zehn weitere würden für die neue Gruppe bereitstehen, aber sie seien zuversichtlich, dass weitere Interessenten hinzukommen.

Zur Aussage: „Ja, wir gründen eine zweite Gruppe“, ließ sich Groll bisher nicht hinreißen – auch nicht, als Karsten Gehmlich (FWG) im Ausschuss dazu drängen wollte. Der Bürgermeister verwies aber darauf, dass der Haushaltsplan 2021 „vorsorglich“ zusätzliche Personalkosten enthalte und ebenfalls „vorsorglich“ einen Ansatz für die Anschaffung eines zweiten Schutzraumes für den Wald. „Stimmen Sie dem Haushaltsplan zu, dann setzen Sie ein Signal“, sagte er und verriet damit durch die Blume, dass die Gründung der zweiten Gruppe eigentlich schon beschlossene Sache ist. Auch wenn eine solche Gruppe die Kommune jährlich 90 000 Euro koste. Wenn es mit Zuschüssen gut laufe, bleibe die Stadt dennoch auf der Hälfte dieses Betrages sitzen, berichtete er – aber der Waldkindergarten sei eben doch durchaus eine Bereicherung der Betreuungslandschaft in der Wohnstadt Neustadt. Seine Hoffnung sei, dass auch Familien aus den Nachbarkommunen Interesse daran hätten, ihre Kinder in einen Waldkindergarten zu schicken und so eben auch die restlichen Plätze belegt würden.

Grolls größte Sorge ist die Suche nach Erziehern: „Wenn ich sehe, wie der bsj in den vergangenen Jahren suchen musste…“, sagte er und appellierte an Eltern und die bereits im Waldkindergarten tätigen Erzieherinnen, die Stadt auf der Suche nach neuen Mitarbeitern zu unterstützen – aber erst, wenn die Gespräche mit HessenForst, der Unteren Naturschutzbehörde, dem Gesundheitsamt und dem Fachdienst Frühe Kindheit sowie vor allem die Haushaltsberatungen geführt seien. Erst dann sei die Gründung der zweiten Gruppe wirklich komplett in trockenen Tüchern und es könne fundiert um neue Mitarbeiter geworben werden – die übrigens ab dem Januar 2021 nicht mehr über den Verein bsj, sondern bei der Stadt angestellt sind (der Verein wird aber weiter an der Konzeption mitwirken). Losgehen solle es dann im August.

Hamel animierte dazu, früher zu beginnen, um die Sommermonate zur Eingewöhnung nutzen zu können – bekam vom Rathauschef mit Verweis auf die Kosten eine Absage. „Wenn man ein Ziel erreicht, dann sollte man zufrieden sein und dem Ganzen nicht noch ein Krönchen aufsetzen wollen“, sagte er und verwies auch noch darauf, dass Jobanfänger ihre Prüfungen meist Ende Juli/Anfang August machten und der Markt dann besser sei. Hans-Gerhard Gatzweiler (SPD) regte dennoch dazu an, „jetzt schon“ um Personal zu werben, da inzwischen viele Arbeitsverträge sehr früh abgeschlossen würden, und vor allem auch an Fachschulen für die Stellen in Neustadt zu werben. „Das machen wir“, lenkte Groll ein – aber erst nach den Gesprächen, die im Januar 2021 anstehen. „Wer ab August eine Stelle sucht, kann bereits Interesse bekunden.

Die offizielle Ausschreibung erfolgt dann nach dem Haushaltsbeschluss“, ergänzte er im Gespräch mit dieser Zeitung. Mirjam Martin von der Elterninitiative stellte im Ausschuss kurz die Vorteile eines Waldkindergartens heraus: Die Kinder wuchsen naturnah auf, Grob- und Feinmotorik würden verbessert und das Immunsystem durch den Aufenthalt im Freien gestärkt.

Außerdem sei das freie Spielen mit Naturmaterialien gut für die Kreativität und ein Kontrast zur sonstigen Konsumwelt. Noch dazu werde durch die umweltbewusste Erziehung eine nachhaltige Lebensweise vermittelt.