Die Lage in Neustadts Mitte ist optimal

Hephata baut auf Gelände des Deutschen Hauses, um Behinderten ein Leben mitten in der Gesellschaft zu ermöglichen
Der Abriss des Deutschen Hauses in Neustadt ist beschlossene Sache. „Vielleicht können wir ein paar Sandsteinblöcke wiederverwenden“, sagt Anja Ceulaers vom Sanierungsträger Hessen Agentur,
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Das Deutsche Haus ist in einem katastrophalen Zustand. Der Zerfall, den der Zustand der Außenfassade erahnen lässt, wird im Inneren des im Jahr 1812 errichteten Gebäudes noch deutlicher. „Wir haben bereits etliche Gebäude in verschiedenen Orten saniert. Im Deutschen Haus, das wir ebenfalls für eine Sanierung in Betracht zogen, entdeckten wir unter anderem zahlreiche Stahlträger“, berichtet Peter Göbel-Braun, der Direktor von Hephata. An dem Gebäude sei in der Vergangenheit mehr gemacht worden, als gedacht. „Denkmalpflege ist daher dort nicht unbedingt nötig.“ Anja Ceulaers von
der Hessen-Agentur ergänzt: „Wenn man jeden Balken erneuern würde, wäre der Wert als Denkmal am Ende gering.“
Das Hessische Diakoniezentrum Hephata baut auf dem Gelände ein Behindertenheim für betreutes Wohnen (die OP berichtete). Die voraussichtlich 70 000 Euro für den Abriss kommen aus Mitteln der Städtebauförderung, die Stadt trägt rund 25 Prozent der Kosten und stellt das Gelände zur Verfügung. „Hätten wir Hephata nicht als Investor gefunden, wäre das Haus aus dem Besitz der Hessen Agentur wieder an uns zurückgefallen. Wir hätten es wahrscheinlich nicht abreißen dürfen, und dann wäre es weiter verfallen“, erklärt Bürgermeister Thomas Groll, warum die Stadt das zentral gelegene Gelände dem Diakoniezentrum überschreibt.
Die optimale Lage war ein Grund für Hephata, in Neustadt zu investieren. „Wir möchten den Behinderten normales Wohnen und Leben ermöglichen, am besten mitten in der »Gesellschaft“, erklärt Geschäftsbereichsleiterin Anne Wippermann. Sie bezeichnet die Infrastruktur als gut, verweist auf die Nähe zum Bahnhof und sagt: „Es gibt einige bei uns, die in Neustadt wohnen möchten.“
Voraussichtlich 16 geistig und körperlich behinderte Menschen erhalten in dem Neubau jeweils ihren eigenen Raum. Auf den drei Etagen entstehen zudem jeweils eine Küche, ein Aufenthaltsraum, zwei Badezimmer und Haushaltsräume. Das Haus muss barrierefrei sein – was bei einer Sanierung problematisch geworden wäre. „Man braucht eine gewisse Türbreite, einen großen Schwenkwinkel an Ecken für Rollstühle und müsste einen Fahrstuhl installieren“, sagt Braun und ergänzt: „Eine Sanierung wäre entsprechend aufwendig geworden und das Ergebnis am Ende nicht optimal.“
„1,6 Millionen Euro für eine Sanierung wären nicht finanzierbar und unwirtschaftlich“, erklärt Direktor Klaus Dieter Horchern. Hephata kommt für einen Teil der 1,1 bis 1,2 Millionen Euro an Kosten für den Neubau auf, der Rest kommt „aus einem Sammelsurium von Kostenträgern“, so Pressesprecher Dr. Dirk Richardt.
„Wir möchten weg von großen Heimen, hin zu kleineren Wohneinheiten“, erklärt Wippermann das Konzept von Hephata. Daher reiche die Größe des neuen Gebäudes, die in etwa der des Deutschen Hauses entsprechen wird, völlig aus. „Man könnte eher noch überlegen, in der Nachbarschaft ein weiteres Gebäude zu verwenden“, fügt sie hinzu.
Der Platz vor dem neuen Haus soll gepflastert werden – auch ein Teil, der zum Nachbargelände gehört -, im hinteren Teil des Hofes entsteht eine kleine Grünanlage. „Wir haben schon Gespräche mit den Nachbarn geführt. Sie finden es gut, dass wir dort hinkommen“, berichtet
Horchern, während Braun ergänzt: „Das ist lobenswert- es gibt auch Städte, in denen sich die Menschen Behinderten gegenüber anders verhalten und Bürgerinitiativen gegen sie gründen.“ In Neustadt kann davon nicht die Rede, die Resonanz der Bürger ist positiv: „Wir freuen uns auf unsere neuen Nachbarn“, betont Bürgermeister Thomas Groll.