Eon ist Punktsieger – aber warum?

Stadtverordnetensitzung in Neustadt zur Übernahme des Stromnetzes brachte noch nicht letzte Klarheit
Am Montag, 21. März; will das Neustädter Stadtparlament in Sachen gemeinsamer Übernahme der Stromnetze in Neustadt und Stadtallendorf entscheiden. Im Vorfeld sollten am Montagabend letzte Informationen ausgetauscht werden,
von Matthias Mayer
Neustadt, Stadtallendorf und Neustadt wollen gemeinsam Anteile/ an ihren städtischen Stromnetzen zurückkaufen, um mit diesen langfristig Geld zu verdienen. Als potenzielle Partner der beiden Städte bewarben sich zuletzt der jetzige Konzessionsinhaber Eon Mitte AG und das kommunale Stromversorgungsunternehmen OVAG.
Bürgermeister Thomas Groll sprach eingangs von einem Abend der Information, der Nachfragen und der Beratung. Der Verlauf der von der ersten bis zur letzten Minute öffentlichen Sitzung zeigte, dass nicht alle offenen Fragen aufgeklärt werden sollten. Die Vertreter der von Stadtallendorf und Neustadt gemeinsam für die Projektbegleitung beauftragten Büros waren nicht in der Lage, gravierende Abweichungen in ihren eigenen Bewertungen zu Gunsten des Eon-Angebotes zu erklären. Bürgermeister Groll forderte die Vertreter des Büros für Energiewirtschaft und technische Beratung und der Kanzleien Dr. Neumann, Schmeer & Partner sowie Kehr-Ritz & Kollegen ultimativ auf,, binnen Tagesfrist die Abweichungen zu erklären und den Stadtverordneten zugänglich zu machen.
Groll sprach eingangs von einem komplexen Thema, das nicht jeder verstehe. Entscheidend sei für die Kommune letztlich die Frage der Wirtschaftlichkeit. Dabei habe die OVAG ein gutes, die Eon aber ein besseres Angebot vorgelegt Groll hob ausdrücklich die Rolle der zwischenzeitlich ausgestiegenen Marburger Stadtwerke im Bieterverfahren hervor. Die Stadt sei heute in der Lage, mit dem Stromnetz Geld zu verdienen. Das sei vor einem Jahr noch unvorstellbar gewesen. Unter dem Druck der Stadtwerke habe sich die Eon sehr bewegt. Das Eon-Angebot sei heute für Neustadt das lukrativste, sagte Groll und verwies auf die Gewerbesteuer, den Rückkaufswert des Stromnetzes und die Stellung der Stadt nach 20 Jahren – allerdings ohne zu erklären, wie und in welchem Umfang sich das Eon-Angebot von der OVAG-Offerte nach oben abhebt.
Diese Bewertungen blieben dann auch die Präsentation der beratenden Büros der Öffentlichkeit schuldig. Diese beinhaltete zwar die Kriterien und deren Gewichtung zur Entscheidungsmatrix, nicht aber das Abschneiden der konkurrierenden Unternehmen in den einzelnen Punkten. Und so endet die Präsentation unvermittelt mit der Festlegung „Gewinner des Verfahren nach Punkten Eon Mitte“. Warum die Eon Punktsieger ist, verrät die Präsentation indes nicht.
Aus dem Parlament gab es zum Teil massive Kritik. SPD-Fraktionsvorsitzender Hans-Gerhard Gatzweiler warf den Beratern vor, in den Vertragsentwürfen mit unverbindlichen Gummiparagrafen und unsicheren Rechtsbegriffen und verniedlichenden Bezeichnungen zu operieren. So werde aus Kreditlast der Kapitaldienst. Unbedingt geklärt wissen wollte Gatzweiler, warum es zwischen der ersten und der letzten Vorlage der Gutachter bei dem für Neustadt zu erwartenden Betrag aus dem Gewerbesteuer-Zerlegungsanteil eine Differenz von mehreren hunderttausend Euro gibt – und zwar zu Gunsten des Eon-Angebots. „Das macht ihre Berechnungen nicht gerade glaubwürdig“, schob Gatzweiler nach. Peinliches Schweigen bei den Gutachtern. Dann die dürre Festlegung von Rechtsanwalt Christian Below: „Dazu möchte ich jetzt nichts sagen, Das müssen wir recherchieren.“
Der Stadtverordnete Michael Dippel (CDU) legte nach, bat um Aufklärung zu weiteren „gravierenden Abweichungen“ der Gutachter zu verschiedenen Parametern in deren erster und zweiter Vorlage. Below gab sich erneut schmallippig: „Ich würde das gerne aufschreiben. Ich teile Ihnen das mit.“ Und schließlich: „Wir werden die Eckpunkte noch einmal vergleichen.“ Der SPD Stadtverordnete Jörg Grasse zeigte sich schockiert: „Sind das überhaupt belastbare Zahlen, über die wir hier reden?“
Christian Below reagierte ungerührt, ging zum Pressetisch und legte dort ein Konvolut mit Meinungsbeiträgen ab, die erklären, warum über Stromvergabe besser hinter verschlossenen Türen beraten werden sollte. Für Beobachter der Gipfel der Peinlichkeit, aus Sicht des Advokaten aber verständlich: Mit einer solchen Performance stellt man sich besser nicht, ins Licht der Öffentlichkeit