Bürgermeister Thomas Groll fordert mehr Handlungsspielraum und finanzielle Entlastung für Kommunen
Nach seiner zweiten Vereidigung als Bürgermeister übte Thomas Groll massive Kritik an Bund und Land, ehe er sich seinen Plänen für Neustadt widmete.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Schon während des Wahlkampfes hatte Thomas Groll (CDU) immer wieder betont, dass Kommunen ihre finanziell schlechte Situation nicht aus eigener Kraft verbessern können. Am Montag bezeichnete der wiedergewählte Bürgermeister nach der zweiten Amtseinführung seiner Karriere zum Beispiel die vom hessischen Finanzminister ins Auge gefasste Reform des kommunalen Finanzausgleichs (KFA) als „ersten Schritt in die richtige Richtung“, er sei aber „bei weitem“ nicht ausreichend. Stattdessen forderte er, dass das Land der „kommunalen Familie die seit dem Jahr 2011 jährlich beim KFA gestrichenen 345 Millionen Euro zurückgeben“
den kleinsten staatlichen Einheiten erledigt, die gleichzeitig die finanzielle Hauptlast tragen: zum Beispiel bei Kinderbetreuung oder Brandschutz „Wann endlich erkennen Bund und Land, dass sie nicht alles bis ins kleinste Detail vorgeben müssen, sondern lassen den Kommunen wieder mehr Gestaltungsfreiheit?“, fragte er und ergänzte: „Wir vor Ort wissen, über was wir reden und kennen die Angelegenheiten nicht nur aus Akten.“
Als ersten Schritt forderte er die Abschaffung der 2011 durch das Land eingeführten Kompensationsumlage – wodurch Neustadt 150 000 Euro im Jahr sparen würde. Groll kritisierte aber auch den „kommunalen Schutzschirm“: Ihn stört nicht, dass es ihn gibt. Die Ausgestaltung passt ihm nicht: „Es kann nicht sein, dass 100 Kommunen Geld vom Land zur teilweisen Entschuldung erhalten und die anderen zwar fast mit den gleichen Restriktionen bei der Haushaltsgenehmigung durch die Kommunalaufsicht belegt werden, aber leer ausgehen.“
Zwar ist Neustadts Bürgermeister ein großer Befürworter von Fördermitteln, doch die stets einhergehende Ko-Finanzierung durch die Kommunen sei kontraproduktiv: Durch sie überlegten sich Städte und Gemeinden sehr genau, welche Projekte sie umsetzen. „Den Kommunen wäre sehr damit geholfen, wenn sich die Fördersystematik der übergeordneten Ebenen bis hin zur EU mehr an der Lebenswirklichkeit vor Ort und nicht. am Wunschdenken von Ministerialbeamten ausrichten würde.“
Beim Blick auf das soziale Leben in Neustadt thematisierte Groll die Gründung einer Bürgerstiftung, um kulturelle Angebote zu fördern, sprach aber auch über weitere Verbesserungen bei der Kinderbetreuung.
In Sachen Stadtentwicklung schlug er vor, ein „Baulückenaktivierungsprogramm“ auf den Weg zu bringen und sich für das Jahr 2015 um eine Aufnahme ins Dorfentwicklungsprogramm zu bemühen – entweder für Speckswinkel oder für Mengsberg.
Beim Blick auf die Infrastruktur erklärte er, die Kommune müsse sich über finanzierbare und sinnvolle Sanierungsschritte beim Haus der Begegnung Gedanken machen – ein Neubau sei nicht zu finanzieren. Wohnhaus und Fremdenzimmer will er veräußern.
Ohnehin sei der Verkauf von kommunalen Liegenschaften, für die es entweder keinen Bedarf mehr gebe oder deren Sanierung zu teuer wäre, denkbar. Das Gleiche gilt für landwirtschaftliche Flächen: „Wir müssen handeln, um unsere Handlungsfähigkeit zu bewahren.“ Definitiv behalten wolle die Stadt das Freibad, wie Groll hervorhob, „um Gerüchten vorzubeugen“.
Er kündigte an, Einsparmöglichkeiten zu suchen, erinnerte aber noch einmal an seine Kritik: „Wenn sich hier nichts ändert und ein dauerhafter wirtschaftlicher Aufschwung ausbleibt, dann sind leider auch unsere Anstrengungen vor Ort zur Haushaltskonsolidierung vergebens.“