Friedliche Übergabe statt Rathaussturm

Viele Hundert Menschen feierten Rosenmontag auf dem Neustädter Schlossplatz / Tänze und Reden prägten Programm
Von Florian Lerchbacher
Neustadt. „Ich will das schaffen, was die SPD in Neustadt seit Jahrzehnten nicht schafft: Daher schließe ich mich den Närrinnen und Narren an und erobere mit ihnen das Rathaus“, sagte Sebastian Sack am Rosenmontag. Doch dann lief alles anders: Zum einen stellte sich der Momberger Sozialdemokrat zu Bürgermeister Thomas Groll und anderen Kommunalpolitikern – also auf die Seite der Verteidiger. Zur Eroberung kam’s auch nicht, denn das kleine Grüppchen und fünf Mitglieder der Bürgergarde übergaben die Macht freiwillig – denn in Zeiten, in denen in Europa Krieg herrscht, hielten es sowohl die Karnevalistinnen und Karnevalisten als auch die Mitarbeitenden der Stadt für unangemessen, symbolische Kampfhandlungen aufzuführen.

Und ins Rathaus ging’s auch nicht: Sie wollten ins Gebäude rein, doch der Grolli sagte nein – so dichteten Junker Hans Tom Streichert und seine Burgfräulein Mona Henkel und Anna Mix. Der einfach Grund: Derzeit werden Büros renoviert – aus diesem Grund stand auf dem Schlossplatz ein Festzelt, in dem es zur Entschädigung anderthalb Stunden lang für die mehreren Hundert, teilweise verkleideten Gäste der Veranstaltung Freigetränke gab.

Zuvor standen närrische Reden und Tänze der Garden der karnevalstreibenden Vereine im Mittelpunkt. Der Bürgermeister richtete einen Appell an Besuchende von Karnevalsveranstaltungen: Die Darstellenden hätten es verdient, ihren Aufführungen die angemessene Aufmerksamkeit zu schenken.

Eine ähnliche Botschaft hatte Felicitas Trebes-Börner von der Frauengemeinschaft Sankta Maria: Jede Sitzung habe ein eigenes Programm, das sich an bestimmte Geschmäcker richte – insofern sei es unangemessen, sie zu vergleichen. Zudem sprach sie Irene Henrich ein großes Lob aus, die mit 81 Jahren noch einmal in die Bütt gestiegen war – weil sie unbedingt bei der Karnevalspremiere im neuen Kultur- und Bürgerzentrum aktiv sein wollte.

Am eindrücklichsten waren die Worte von Andreas Gnau (Kolpingfamilie), der betonte, dass der Karneval für freie Meinungsäußerung, Werte, Vielfalt und Toleranz stehe. Manch Despot sei jedoch aus anderen Gründen ein Narr, sagte er und forderte zudem, verstärkt gegen den Klimawandel vorzugehen.

Für den VfL freute sich Nico Scheldt über die Rückkehr des Karnevals und den gelungenen Rosenmontag. Lucia Weber und Carina vom Schloß teilten diese Meinung: Nach Jahren der Corona-bedingten Pause habe das Leben endlich wieder begonnen. Tom Schultheiß und Emilia Schäfer, das Kinderprinzenpaar vom Blasorchester, das in Begleitung von Carmen Cloes-Kleiner gekommen war, war froh, offen die Meinung sagen zu dürfen – ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Und so gaben sie den Erwachsenen dieser Welt unter anderem mit auf den Weg, das vorzuleben, was sie von ihren Kindern forderten, beispielsweise mehr nach draußen zu gehen und weniger auf Bildschirme zu starren.

Lob äußerte das Prinzenpaar Yonne I. (Reperowicz) und Angelo I. (Müller), die sich unter anderem über die Feierlaune der Neustädterinnen und Neustädter freuten: „Alle gehen beim Fasching mit – und die Tanzgruppen der Stadt sind der absolute Hit.“ Und das zeigten sie auch bei ihren Auftritten auf der Bühne.