Neustadts Parlament schaffte Bauplanungsrecht/Mehr Tempo bei Klimaschutz
Von Michael Rinde
Neustadt. Das Klima beschäftigte die Neustädter Parlamentarier gleich in mehrfacher Hinsicht am Montagabend. Zunächst ging es um eine Art Bilanz der bisherigen Schritte zum Klimaschutz, die die Stadt bereits getan hat und noch tun will. Grundlage waren die Antworten auf eine große Anfrage der CDU rund um den Komplex Klimaschutz. Zweiter Aspekt: Das Parlament hat mit großer Mehrheit Bauplanungsrecht für die beiden beabsichtigten Solarparks „Struth“ und „Östlich der Hainmühle“ geschaffen.
Zunächst zum Klimaschutz und dem Neustädter Engagement dafür. Allein in den vergangenen Jahren hatte die Stadt demnach rund 300 000 Euro für verschiedene kleine und größere Projekte aufgewendet, für die es Geld nach der Förderrichtlinie des Landes für kommunale Klimaschutzmaßnahmen gab.
Etwa für die Regenwasserrückhaltung am Kultur- und Bürgerzentrum, die andere Warmwasserversorgung im Dorfgemeinschaftshaus Momberg oder viele andere Vorhaben. Bei der Antwort auf eine Frage nach Elektromobilität und deren Förderung findet sich allerdings nur wenig. Es gibt eine Ladesäule am Bürgerzentrum, eine weitere ist in der Ritterstraße in Planung.
Bürgermeister Thomas Groll (CDU) sieht auch für Neustadt noch erheblichen Handlungsbedarf in Sachen Klimaschutz. Aber: „Die Kommunen werden das nur stemmen können, wenn sie in die Lage dazu versetzt werden.“ Die CDU-Fraktion hatte etwa auch nach der Einstellung eines Klimaschutzmanagers für Neustadt gefragt. Einen solchen Experten hält Groll allein für Neustadt für nicht angemessen, wohl aber im Zusammenspiel mit anderen Städten und Gemeinden. Deshalb gebe es derzeit Überlegungen, dies mit Stadtallendorf, Rauschenberg und Kirchhain gemeinsam anzupacken. Der Haken: Um das zu bewerkstelligen und vor allem Fördergelder zu bekommen, müssten alle Kommunen ein einfaches Klimaschutzkonzept nachweisen können. Das kostet pro Kommune etwa 19 000 Euro. Dann gäbe es vom Bund über zwei Jahre auch eine Förderung von 65 Prozent auf die Personalkosten von jährlich 70 000 Euro. So rechnet sich die Förderung also nicht wirklich. Wobei Groll den Einsatz eines solchen Experten für sinnvoll erachtet und nicht nur für die Dauer von zwei Jahren.
Gleichzeitig gibt es in Neustadt Überlegungen, über ein anderes Förderprogramm Beratungsangebote für die Bürger zu finanzieren, speziell im Hinblick auf energetische Sanierungen von Gebäuden. Genau solche Angebote hielte auch Hans-Gerhard Gatzweiler, der SPD-Fraktionsvorsitzende, für angezeigt. „Wir brauchen eine andere Geschwindigkeit, wir brauchen einen neuen Plan“, mahnte Gatzweiler. Ein Punkt, mit dem er auch bei den anderen beiden Fraktionen auf Unterstützung stieß.
■ Für die beiden Solarparks „Östlich der Hainmühle“ und „Struth“ nahe Neustadt (die OP berichtete) gibt es zumindest bauplanungsrechtlich grünes Licht. Das Stadtparlament fasste mit Mehrheit die nötigen Satzungsbeschlüsse für die Bebauungspläne und Änderungen am Flächennutzungsplan. So ganz ohne Widerspruch ging das an dieser Stelle in der Sitzung aber nicht vonstatten. Merve Hamel (FWG) stellte kritische Fragen rund um die Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde (UNB) beim Solarpark Struth. Die hat ganz offensichtlich artenschutzrechtliche Bedenken, zumindest bei einem Teil der vorgesehenen, jetzt noch landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die UNB sieht vor allem Risiken für den Ameisenbläuling.
Bürgermeister Groll hatte vor diesem Hintergrund angestoßen, den Abwägungsbeschluss für den Park Struth zu ergänzen. Dort muss der Investor eine ökologische Baubegleitung sicherstellen, sprich, ein Fachbüro prüft alle Eingriffe und achtet auf den Schutz sensibler Tierarten. Bezahlen muss dies einzig der Investor. Hamel sah einige Unklarheiten und offene Fragen. Stadtverordnetenvorsteher Franz W. Michels (CDU) hielt die Diskussion allerdings dann für abgeschlossen und ließ zwei Wortmeldungen nicht mehr zu, darunter eine weitere von Hamel.
Groll und Hans-Gerhard Gatzweiler nahmen an der Debatte nicht teil. Sie sind beide im Aufsichtsgremium der an den Parks beteiligten Energiegenossenschaft Vogelsberg.
Insgesamt geht es nach früheren Angaben um Freiluft-Photovoltaikanlagen auf rund 20 Hektar Fläche, verteilt auf die beiden Standorte. Beim Bebauungsplan „Hainmühle“ kam es zu drei Enthaltungen, beim Verfahren „Struth“ zwei Enthaltungen und ein Nein von Merve Hamel.