„Hier hilft man sich noch“

Wer in Mengsberg wohnt, muss sich nicht vor kalten Tagen fürchten – sagen die Männer des Senioren-Stammtischs
Von Florian Lerchbacher
Mengsberg. Über 1 000 Jahre an Lebenserfahrung sitzen manchmal im Vereinsheim des TSV Mengsberg zusammen, wenn dort ein Treffen des Seniorenstammtischs stattfindet. Dessen Mitglieder verbitten sich den Namen Ü-80-Stammtisch, auch wenn es vom Altersdurchschnitt her passen würde: „Wir haben schließlich ein paar Jungspunde dabei, die gerade mal die 70-Jahre-Marke überschritten haben“, erklärt Karli Friauf.

Initiator ist Gerhard Kubitschko, der im Mai 2015 erstmals an den Stammtisch einlud, um das Miteinander zu pflegen. Viele der Senioren dachten damals, es stehe, wie so oft in Mengsberg, ein ehrenamtlicher Arbeitseinsatz an – und kamen natürlich trotzdem, da es im Dorf Ehrensache ist, bei Projekten zu helfen. Angepackt werden muss am Stammtisch aber nur im Kleinen, wenn es beispielsweise ans Schneiden von Zwiebeln für die Hackbrötchen geht. Im Mittelpunkt steht aber der persönliche Austausch – und somit etwas, das in Zeiten moderner Kommunikationsmöglichkeiten oftmals viel zu kurz kommt.

„Wir reden Hochdeutsch, Platt und manchmal Blech“, meint Heinrich Malkus. Sprich: Es wird viel gelacht, geht aber manchmal auch ernst zu, beispielsweise beim Thema Energiekrise.

Diejenigen, die ans örtliche Nahwärmenetz angeschlossen sind, nehmen es gelassen: Angst vor kalten Phasen haben sie nicht, auch wenn sogar die Nahwärmegenossenschaft den Preis pro Kilowattstunde nun von 12,5 auf 14,5 Cent erhöhe, wie Gerhard Wagner betont.

Könnte er in der Zeit zurückreisen, würde er sich ans Netz anschließen lassen, gibt Tischnachbar Heinrich Wagner zu. Aber damals hätte sich ein Wechsel des Wärmesystems nicht gelohnt: „Mit Blick auf die heutigen Pelletpreise sieht das anders aus“, erklärt er und betont: „Von den Öl- und Gaspreisen ganz zu schweigen.“

Doch eigentlich müsse sich im Dorf niemand vor Kälte fürchten, werfen die anderen Stammtischmitglieder ein: Eigentlich stehe in jedem Haushalt auch ein Holzofen – und die 46 Waldinteressenten würden dafür sorgen, dass niemand frieren müsse. Auch diejenigen, die selbst kein Holz mehr machen könnten, müssten sich nicht fürchten – zur Not gebe es einen Arbeitseinsatz, bei dem für die hilfsbedürftigen Menschen Holz aufbereitet werde. „Hier hilft man sich noch“, sind sich die Männer einig.

Wobei sie sich selbstverständlich trotz des guten Zusammenhalts nicht immer einig sind: Der Bau der A 49 spaltet die Gruppe und wird deswegen auch so gut wie nie thematisiert. Einen Austausch über den Fortschritt der Arbeiten gibt es aber dennoch.

Immer wieder Thema ist auch die Gebietsreform von 1974, als Mengsberg Stadtteil Neustadts wurde – und das, obwohl die Menschen im Ort sich noch heute der Schwalm angehörig fühlen und beispielsweise größtenteils in Treysa einkaufen. „Ich fand das gut: Ich kam aus dem Kreis Marburg nach Mengsberg und musste so mein Auto nicht ummelden“, wirft Herbert Bartsch ein.

Und eins darf natürlich nicht fehlen: die Diskussionen über die Leistungen der örtlichen Kicker. „Die sind natürlich lange nicht so gut, wie wir es einst waren“, scherzt Herbert Siebold, der in der Jugend beispielsweise schon mit Karli Friauf zusammenspielte. Friauf selbst freut sich, dass das Zusammenspiel der Redebeiträge gemeinschaftsfördernde Wirkung habe und die Alltagssorgen kurz vergessen lasse.