Nebeneinander arbeiten

Stadt Neustadt startet „Versuchsballon“ und schafft „Coworking-Space“ mit elf Arbeitsplätzen
Von Florian Lerchbacher
Neustadt. So gut wie ungenutzt ist das Obergeschoss des historischen Rathauses Neustadt seit vielen Jahren. Gleich mehrere Zimmer des hübschen Gebäudes in der Innenstadt stehen leer, lediglich das Trauzimmer nutzte die Stadt hin und wieder – aber nur um die 20 Mal im Jahr, sagt Bürgermeister Thomas Groll. Das soll nun anders werden. Aus diesem Grund startet die Kommune einen „Versuchsballon“ und hat im Obergeschoss eine sogenannte „Coworking-Space“ eingerichtet – eine Hoffnung ist, mehr Leben in die Innenstadt und die Gebäude zu bringen.

Platz kostet zehn Euro am Tag

Das bedeutet, dass sie mehrere Arbeitsplätze eingerichtet hat und einiges an Ausrüstung zur Verfügung stellt – mit dem Ziel, dass beispielsweise Freiberufler aus unterschiedlichsten Richtungen diese Räume nutzen und am besten noch voneinander profitieren. „In größeren Städten funktioniert das gut. Wir wollen nun herausfinden, ob so etwas auch im ländlichen Raum sinnvoll ist“, erklärt der Bürgermeister, der einst erklärt hatte: „Diese neue Art des Arbeitens bietet zahlreiche neue Möglichkeiten der Vernetzung und der Interaktion mit Vordenkerinnen und -denkern und Innovatoren. Zugleich haben wir als Kommune die Chance, unseren Bürgerinnen und Bürgern einen wohnortnahen Arbeitsplatz zu bieten und somit neue Potenziale für Firmen und Institutionen zu schaffen, den Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, erläutert der Bürgermeister. Gerade Menschen, die im Homeoffice tätig seien und manchmal etwas Ruhe oder einfach ein anderes Umfeld benötigten, gehörten zur Hauptzielgruppe.

Die Stadt ließ sich daher von einem Kasseler Büro beraten, investierte in eine moderne Einrichtung und stattete nicht nur elf Arbeitsplätze aus, sondern schuf auch einen Besprechungsraum unter anderem mit Flatscreen und Kamerasystem, eine „Meeting-Ecke“, eine Tee-Küche und natürlich – in mehreren Büros – insgesamt elf Arbeitsplätze. 37 000 Euro steckte die Kommune bisher in das Projekt – ein Großteil des Geldes stammt aus dem Landesprogramm „Zukunft Innenstadt“.

„Saal unten hat auch Würde“

Mitte November soll es bereits losgehen. Für die Koordination und das Bewerben des Angebotes hat die Stadt eine Stelle (sechs Arbeitsstunden pro Woche) geschaffen. Geplant ist aber letztlich, dass in der „Coworking-Space“ letztlich alles automatisch läuft. Der Zutritt soll beispielsweise über ein Code-System geregelt werden. „Wir rechnen mit einem Zuspruch von Menschen aus einem Umkreis von etwa 20 Kilometern“, sagt Groll. Am liebsten wäre ihm, wenn sich auch Mieterinnen oder Mieter finden, die gleich mehrere Monate lang einen Platz buchen wollen: „Es geht aber auch wochen- oder gar tageweise.“ Ein fester Platz soll im Monat 220 Euro netto kosten. Für flexible Plätze – also ohne Anspruch auf einen bestimmten Platz – werden 50 Euro in der Woche oder 10 Euro am Tag fällig.

Das Trauzimmer befindet sich derweil nun im großen Saal im Erdgeschoss des historischen Rathauses – ein Raum, der seit der Einweihung des Kultur- und Bürgerzentrums kaum noch genutzt wird. „Es gab auch Kritik an unseren Plänen, weil das Trauzimmer im Obergeschoss doch so schön gewesen sei“, berichtet Groll und betont: „Der Saal unten hat aber auch Würde – und bietet außerdem mehr Platz. Dort können auch Trauungen mit mehr als 10 oder 15 Leuten stattfinden.“ Noch dazu müssten weitaus mehr Stufen überwunden werden.

Ansprechpartner bei der Verwaltung für die „Coworking-Space“ ist Holger Michel (Telefon 0 66 92 / 89 13). Das Projekt soll zunächst bis Ende des Jahres 2023 laufen. Danach folgt eine Evaluation, von deren Ergebnissen es abhängt, ob die Stadt das Angebot fortführt oder nicht.