Neues Kreuz erinnert an Stadtförster – MNZ

Becker verschwand 1881
Neustadt (aws). An den geheimnisvollen Tod des Neustädter Stadtförsters Johann Heinrich Becker im Jahr 1881 erinnert ein neues Gedenkkreuz. Bürgermeister Thomas Groll (CDU) ließ das alte, verwitterte Kreuz auf Anregung eines Bürgers austauschen.
Schauerliches hatte sich im Jahre 1881 im Neustädter Stadtwald in der Nähe des Dreiherrensteins zugetragen. Stadtförster Johann Heinrich Becker war am 13. August in den Distrikt Weizenberg und Holzapfelgarten gegangen, um Wilddieben nachzuspüren, die dort ihr Unwesen getrieben hatten. Seit dieser Zeit fehlte von ihm jede Spur, und die Vermutung lag nahe, dass er von Wilddieben ermordet und die Leiche beiseite geschafft worden war.
Tagelang wurde unter einem Großaufgebot an Schülern, Gendarmen und des Jägerbataillons aus Marburg der Wald abgesucht. Jedoch ohne Erfolg.
Erst sechs Jahre später wurde bei einer Treibjagd am 15. Dezember 1887 beim Durchdrücken einer etwa 18 Jahre alten Fichtendickung ein Röhrenknochen gefunden. Jäger Dr. Caspar Braun identifizierte ihn zweifelsfrei als Oberschenkelknochen eines erwachsenen Mannes. Bei näherer Untersuchung fand man Uniformstücke, das Gewehr des Vermissten und eine Anzahl Knochen, die der von der Gerichtskommission herbeigerufenen Kreisarzt zusammensetzte. Auch der am Totenkopf fehlende Unterkiefer wurde schließlich gefunden. Raub wild hatte das Skelett vollkommen auseinander, gerissen, die Knochen angenagt und zerstreut.
■ Bei einer Treibjagd wurden Knochen und Kleidungsstücke gefunden
Die Taschenuhr des Vermissten, die Flinte, deren rechter Lauf abgeschossen war, und das Taschenmesser wurde von Förstern gefunden. Später wurde auch noch ein goldener Ring entdeckt. Der Geldbeutel samt Inhalt fehlte allerdings. In einer Tasche der Uniformjacke fand man kleine Löcher, die offensichtlich von einem Schrotschuss herrührten. In einem Rückenwirbel wurde ein Schrotkorn gefunden.
Eine Aufklärung des Mordes ist bis heute nicht erfolgt. Der Walddistrikt Holzapfelgarten, wo die Leiche gefunden wurde, wird bis heute im Volksmund als „Beckers Ruh“ bezeichnet.
Laut einer Bescheinigung des Königlichen Amtsgerichtes zu Neustadt vom 24. Februar 1888 ist der Tod des Stadtförsters Becker durch einen von dritter Hand abgegebenen Schuss herbeigeführt worden. Johannes Keppler schreibt in seinem „Neustädter Geschichtskalender 1802 bis 1938″, dass nach der Aushändigung der beim Königlichen Amtsgericht verwahrten Gebeine an die Witwe am 26. April 1888 ein „ehrliches Begräbnis“ stattfand.
Zwar hatten die Neustädter an der Stelle, wo die Gebeine des Ermordeten damals gefunden wurden, bereits vor langer Zeit ein Gedenkkreuz errichtet, das allerdings dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen war. Dem Neustädter Landwirt Erwin Gies ließ das keine Ruhe und er regte bei der Stadt eine Erneuerung des Gedenkkreuzes an. Bürgermeister Groll griff die Idee auf und der städtische Schreiner Reinhold Groß fertigte zusammen mit Herbert Lanz aus Eichenholz ein neues Kreuz, das nun an der Fundstelle der Leichenteile steht.
Bei der Vorstellung des Kreuzes kündigte Bürgermeister Groll an, auch zukünftig historische Stellen in der Gemarkung unterhalten zu wollen. Für das kommende Jahr wird von ihm das „Struthbrünnchen“ ins Auge gefasst, das derzeit ein trauriges Dasein fristet.