Neustädter Mitteilungsblatt

Stadtverordnetenversammlung bsj Marburg e.V. stellte seine vielfältige Arbeit näher vor

Die Stadtverordnetenversammlung tagte am 31. August unter dem Vorsitz von Franz-W. Michels (CDU) erneut im DGH Momberg, da dies gegenwärtig der größte in der Kommune zur Verfügung stehende Sitzungsraum ist und dort die Einhaltung der Corona-Regeln gewährleistet werden kann.
Bürgermeister Groll berichtete davon, dass die Regionale Planungsversammlung Mittelhessen kürzlich angedachten Veränderungen beim Neustädter Kaufpark zugestimmt habe. Die Eigentümer könnten nun das planungsrechtliche Verfahren für die Neuerrichtung des REWE-Marktes auf den Weg bringen. Im bisherigen Markt solle dann nach Möglichkeit ein Baumarkt angesiedelt werden. Leider, so Groll, könne im Kaufpark nicht alles verortet werden, was aus kommunaler Sicht wünschenswert sei. Neustadt sei nur als Zentrum der Grundversorgung eingestuft, was Beschränkungen mit sich bringe. So wird aktuell die Ansiedlung einer Drogerie, die der Bürgermeister nach wie vor für wichtig hält, nicht für umsetzbar angesehen. Die Regionalplanung beim Regierungspräsidium sehe dies äußerst kritisch und verweise darauf, dass es in den umliegenden Mittelzentren bereits genügend Drogerie-Märkte gebe. „Eine Haltung, die ich als Bürgermeister und Verbraucher bedauere“, so Thomas Groll.
Aufgrund der fortlaufenden Corona-Pandemie wird Neustadt dem Beispiel der Nachbarkommunen Schwalmstadt und Kirchhain folgen und den örtlichen „Scherzmarkt“ am 27. Dezember absagen. „Wie sollen wir bei dieser Veranstaltung Abstandsregeln und Hygieneauflagen kontrollieren?“, warf der Bürgermeister in den Raum und betonte, dass er den Ausfall dieser traditionellen Veranstaltung bedauere, aber hierzu leider keine Alternative sehe.
Hessen hat eine „Sanierungsoffensive 2020-2025“ für den Landesstraßenbau offengelegt. Leider lägen der Kommune hierzu noch keine näheren Informationen vor, so Thomas Groll. „Wir wurden durch Dritte auf eine Pressekonferenz des Wirtschaftsministers in der vergangenen Woche aufmerksam gemacht. Für unsere Kommune sind folgende Vorhaben vorgesehen: L 3071 – Grundhafte Sanierung zwischen Speckswinkel und Abzweig Erksdorf einschließlich Ortsdurchfahrt Hatzbach, L 3263 grundhafte Sanierung in der Ortslage Neustadt (Bereich Willingshäuser/Wasenberger Straße) und L 3342 – grundhafte Sanierung in der Ortsdurchfahrt Mengsberg. Ich habe mich unmittelbar nach Kenntniserlangung an Hessen Mobil gewandt, denn das Landesstraßenbauprogramm wird sicher Auswirkungen auf unsere örtlichen Prioritätenlisten haben“, erklärt der Bürgermeister, der unter anderem wissen möchte, wann die Projekte konkret umgesetzt werden sollen.
Thomas Groll ging auch auf die Umleitungsverkehre im Zusammenhang mit der Vollsperrung der Querallee ein. Eine einseitige Sperrung sei hier von Hessen Mobil aus verschiedensten Gründen nicht in Betracht gezogen worden. Ein anerkanntes Büro habe sich nun im Auftrag der Kommune nochmals mit der Frage von Umleitungen beschäftigt. Dessen Studie komme zu dem bedauerlichen Ergebnis, dass es leider keine vernünftige Alternative zum Status quo gebe. Wirksame Abhilfe für den Bereich Ringstraße/Töpfe- weg/Am Schalkert brächte nach Auffassung der Experten einzig eine Komplettsperrung am Weidenbrunnen. Die Folge davon wäre
aber dann eine Verlagerung des Verkehrs in die Stadtteile und weitere Umleitungsverkehre in der Kernstadt, etwa in den Bereich Hainfeld. Wollte man „etwas für den Schalkert tun“, belaste man den zweiten Teil der Ringstraße und den Töpferweg noch stärker als bisher ohnehin schon. Auch dies sei daher keine vernünftige Lösung. Die Kommune hat Zählungen des Verkehrs in diesen Bereichen durchgeführt, „um zu wissen, wovon man rede“, so Groll. Einbahnverkehre in dem Wohnquartier „Am Schalkert“ wurden von vielen Anwohnern bereits in der Vergangenheit negativ beurteilt. Probleme gebe es gegenwärtig auch in der Graf-Spee-Straße, der Goethe-/Karl-Braun- und Justus-Liebig-Straße. „Uns fehlt schlicht und ergreifend eine Umgehungsstraße. Mit der A 49 dürfte dies dann endlich besser werden“, so Groll. Die Kommune denke aber dennoch über kleinere verkehrsberuhigende oder -lenkende Maßnahmen nach, aber auch dies sei eher schwierig. Eine Nutzung der Panzerstraße hatte die Bundeswehr auf nochmalige Nachfrage der Stadt abgelehnt. „Ich kann die Anlieger und deren Haltung verstehen, aber die Überprüfung durch das Fachbüro und eine objektive Beurteilung führen leider zu dem Ergebnis, dass es keine andere vertretbare Lösung gibt. Es helfe nur eins: Die Baumaßnahme muss im Dezember fertig sein“, so Thomas Groll. Im Rahmen der Möglichkeiten, die aber leider eher gering seien, führten Polizei und Kommune Kontrollen durch, aber man könne leider nicht regelmäßig Präsenz zeigen.
Hans-Gerhard Gatzweiler (SPD) fragte nach dem aktuellen Infektionsgeschehen in der Erstaufnahmeeinrichtung. Der Bürgermeister teilte mit, dass er am 28. August von der Einrichtungsleitung darüber informiert worden sei, dass der „Quarantäneblock“ aufgelöst werden konnte. Die Bewohner gelten als geheilt, die erkrankten Mitarbeiter kämen schrittweise wieder zurück.
Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten bat den Bürgermeister zudem, sich beim Standortältesten der Bundeswehr in Stadtallendorf dafür einzusetzen, dass die aktuell wegen Altlastensanierungsarbeiten und damit verbundener Sprengungen gesperrte Panzerstraße zumindest am Wochenende von Radfahrern genutzt werden könne. Groll sagte zu, sich diesbezüglich an Oberstleutnant May zu wenden.
Die Magistratsvorlage zur Änderung der Wasserversorgungssatzung (Senkung der Mehrwertsteuer von 7 auf 5 Prozent) wurde ebenso einstimmig verabschiedet wie eine beabsichtigte Wegeeinziehung in Momberg.
Über weitere Punkte war diesmal kein Beschluss zu fassen. Damit die Sitzung aber nicht schon nach 15 Minuten zu Ende war, hatten Stadtverordnetenvorsteher und Bürgermeister Gäste eingeladen. Im Mittelpunkt der Zusammenkunft stand daher die Vorstellung der vielfältigen Arbeit des Vereins zur Förderung bewegungs- und sportorientierter Jugendsozialarbeit Marburg e.V. (bsj) in und für Neustadt. –
Eingangs betonte Bürgermeister Thomas Groll, dass die Zusammenarbeit mit dem bsj bereits 2011 begonnen habe. Seinerzeit habe er mit dem damaligen Geschäftsführer Jochem Schirp die Übernahme der kommunalen Jugendarbeit vereinbart. In der Folge habe der bsj dann auch noch die Schulsozialarbeit an der Martin-von- Tours-Schule vom Landkreis übertragen bekommen. Was seinerzeit eine kreisweite Premiere gewesen sei, wird heute an vielen Schulen erfolgreich so praktiziert.
Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem bsj wurde das Miteinander ab 2015 weiter ausgebaut. Seitdem verantwortet der bsj nicht nur die Gemeinwesenarbeit (GWA) mit dem „Begegnungstreff“ in der Marktstraße, sondern auch das Quartiersmanagement im Rahmen des Städtebauförderungsprogrammes „Sozialer Zusammenhalt“ (früher „Soziale Stadt“).
Der Waldkindergarten wurde ab 2017 vom bsj aufgebaut und bis heute betrieben für die Kommune.
Der Marburger Verein war auch an den Vorbereitungen zum Aufbau einer kommunalen Leitstelle „Älter werden“ und der Gründung von WIR für UNS! – Bürgerverein Neustadt e.V. beteiligt.
2020 starten zwei weitere gemeinsame Vorhaben von Kommune und bsj: das auf drei Jahre angelegte Projekt WIR zur besseren Integration von EU-Bürgern aus Südosteuropa und die Mitarbeit am künftigen Familienzentrum.
Bewährt sei inzwischen auch die Zusammenarbeit mit bsj und ALEA, ebenfalls aus Marburg, beim Spielplatzbau. Die durch Beteiligung bestimmten Projekte Emil-Rössler-Straße, in der Aue und in der Struth seien der Beleg hierfür. Mengsberg werde im Herbst 2020 mit dem Spielplatz beim „Floriansplatz“ folgen.
Das Kultur- und Bürgerzentrum, so Bürgermeister Thomas Groll abschließend, werde neben dem Jugendraum und dem Begegnungstreff zukünftig Ort der bsj-Aktivitäten in Neustadt sein, dazu komme dann noch aufsuchende Arbeit.
Der Verein war an dem Abend mit großer Mannschaft vertreten. Geschäftsführerin Monika Stein hatte den neuen Jugendpfleger Philipp Berg, Annika Schlüter (GWA/Familienzentrum) und Svetlana Nerenberg vom Quartiersmanagement mitgebracht (v. rechts).
Stein verwies darauf, dass Neustadt neben Marburg das wichtigste Betätigungsfeld des bsj im Landkreis sei. Zehn Mitarbeitende seien insgesamt vor Ort tätig. Die Kommune sei für ihre Größe unwahrscheinlich aktiv im sozialen Bereich. Sie hob das gute und vertrauensvolle Miteinander mit dem Bürgermeister und der Stadtverwaltung hervor und verwies darauf, dass ein Großteil der Personalkosten durch Fördermittel finanziert werde.
Die bsj-Geschäftsführerin ging näher auf das WIR-Vorhaben ein. Der Herausforderung der Integration von Menschen aus Südosteuropa hätten sich gegenwärtig viele größere, aber eben auch kleinere Städte und Gemeinden in Deutschland zu stellen. Der bsj wolle hier zunächst bei Kindern und Jugendlichen ansetzen, um darüber letztlich auch die Eltern zu erreichen. Monika Stein betonte, dass sich die Angebote ausdrücklich auch an „einheimische“ Kinder und Jugendliche richten sollen. Soweit dort Bedarf besteht, wird sich das WIR-Programm auch an die Stadtteile richten. Wichtig sei in diesem Bereich, so der Bürgermeister ergänzend, auch das Miteinander mit dem „Schutzmann vor Ort“. Hierzu finde Mitte September ein Abstimmungsgespräch statt, an dem auch Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Mittelhessen teilnähmen. Auf Nachfrage von Karsten Gehmlich (FWG) hielt Stein ein erstes Fazit nach rund sechs Monaten für möglich und sinnvoll.
Nach den Worten der bsj-Geschäftsführerin hat sich der Waldkindergarten so positiv entwickelt, dass es gegenwärtig Bestrebungen von Eltern für die Einrichtung einer zweiten Gruppe gebe. Nach den Worten des Bürgermeisters seien hierfür aber zumindest 12 Kinder nötig, daher müsse noch etwas „getrommelt“ werden. Jugendpfleger Philipp Berg, erst seit wenigen Monaten im Amt, stammt aus Bad Endbach und kennt daher den Landkreis. Er berichtete über die derzeitige Jugendarbeit in der Kernstadt und den Stadtteilen unter Corona-Bedingungen. Er hofft, dass bald wieder Normalität einkehrt. Joachim Rausch (CDU) erkundigte sich nach der Resonanz der Jugendlichen im Vergleich zu anderen Kommunen. Berg zeigte sich hier zufrieden und bezeichnete diese als gut. Da er auch von einem Grafitti-Projekt berichtete brachte Klaus Busch, der Vorsitzende des VfL, die Wand im „Waldstadion“ ins Gespräch.
Svetlana Nerenberg befasste sich in ihrem Kurzvortrag zunächst mit den Zuständen in der Leipziger Straße und berichtete u. a. von zahlreichen Gesprächen mit den Mietern und der geplanten Gründung eines Aktionsbündnisses mit Unterstützung der GWA und des Quartiersmanagements und eines Rechtsanwaltes. Bürgermeister Groll ergänzte, dass auch die Kommune gegenüber den Eigentümern aktiv werde. „Wir müssen hier an unterschiedlichen Stellen ansetzen, um etwas zu erreichen und dabei sicher dicke Bretter bohren“, so Thomas Groll. Nerenberg blickte auch kurz auf die Zukunftswerkstatt „Neustadt 2030“. Hierzu liefen gegenwärtig die inhaltlichen Vorbereitungen. Im Januar 2021 soll es dann endlich losgehen. Man warte auf die Fertigstellung des Kultur- und Bürgerzentrums, um die dortigen Räumlichkeiten nutzen zu können. Annika Schlüter verwies unter anderem auf die laufende Befragung zur künftigen Ausgestaltung der inhaltlichen Arbeit des Familienzentrums. Gemeinwesenarbeit und Familienzentrum sollen noch stärker als bisher Zusammenarbeiten. Ziel sei es deutlich zu machen, dass insbesondere die Gemeinwesenarbeit nicht nur für Geflüchtete, sondern alle Neustädter Angebote bereithalte. Sie zeigte sich erfreut darüber, dass die zu 100 Prozent vom Land finanzierte Gemeinwesenarbeit nun zumindest bis 2024 gesichert sei.