Radieskäppchen und die böse Kartoffelpresse

Neustadt holt die Kultur zurück: Stefan Becker eröffnete eine Reihe von Veranstaltungen am Wallgrabenpavillon
Von Florian Lerchbacher

Neustadt. Witzig – für Jung und Alt. So lassen sich die Auftritte von Stefan Becker vom Spielraum Theater aus Kassel beschreiben, der sich in Neustadt als Schauspieler besonders als ein Teil der „Brüder Grimm“ einen Namen gemacht hat. Am Sonntag war er der erste, der nach dem coronabedingten Lockdown vor Publikum auftrat – allerdings nicht, wie sonst üblich, im historischen Rathaus, sondern unter freiem Himmel am Wallgrabenpavillon im Bürgerpark.
Die Stadt hatte ihn gleich doppelt verpflichtet: Zunächst kochte er eine Zaubersuppe für Kinder. Will heißen, er präsentierte seinen vornehmlich jungen Zuschauern Märchen in besonderer Form. Becker hatte sich verschiedene Küchenutensilien sowie Gemüse mitgebracht und zu Darstellern umfunktioniert.
So fungierten beispielsweise zwei Spülbürsten als König und Tochter, eine Karotte mit Radieschen-Hut als Rotkäppchen, eine Kartoffelpresse als böser Wolf und eine Zwiebel als Großmutter – die sich in kalten Zeiten mit einem Blatt Grünkohl zudeckt.
Die Kinder hatten ihren Spaß, und auch die Erwachsenen amüsierten sich – ähnlich wie bei Asterix und Obelix lachten sie natürlich an anderen Stellen. Für sie war der subtile Humor gedacht, beispielsweise die lieblose Art und Weise, wie sich die Oma-Zwiebel unter ihrem Grünkohl zu Bett legt.
Wenige Stunden später waren dann die Erwachsenen an der Reihe, die Becker gemeinsam mit Kerstin Röhn unterhielt. Er hatte Texte berühmter Dichter wie Schiller oder Goethe ausgewählt, die sich um das Thema Mond drehen. Passend dazu sorgte Röhn mit Saxophon und Klarinette für die musikalische Untermalung. Für Becker war der Sonntag somit ein ganz besonderer Tag: Zwar hatte er nach dem Lockdown zehn Auftritte über den Kultursommer Nordhessen, doch sein Gastspiel in Neustadt war sozusagen der erste außerhalb der Reihe. „Meinen letzten Auftritt vor Corona hatte ich als Teil der Brüder Grimm in Neustadt. Der Kreis schließt sich also“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung und freute sich, wieder vor Zuschauern spielen zu dürfen.
Rund 50 Gäste verfolgten den Auftritt – eine Zuschauerzahl, mit der Bürgermeister Thomas Groll zufrieden war: „Aber es wäre natürlich schöner, wenn noch mehr Menschen kämen.“
Gelegenheiten dazu gibt es noch: Am heutigen Mittwoch steht um 19 Uhr der Auftritt des „Kleinkunsttheaters Hieronimus“ an: Georg Morgenthal präsentiert ein bunt gemischtes Programm mit Elementen aus Zauberei, Jonglage, Comedy, Hochrad und Feuerartistik. Am Samstag, 22. August, 19 Uhr, folgt der beinahe schon ausverkaufte Auftritt „Lilli – Ein Witz kommt selten allein“. Die Veranstaltungen laufen unter dem Motto „Trotzdem! Kultur“ und dauern jeweils rund eine Stunde. Getränke und Sitzgelegenheiten sind selbst mitzubringen. Die Stadt stellt einige Klappstühle bereit. Maximal 120 Eintrittskarten werden verkauft.
Karten gibt es bei der Stadtkasse im Rathaushauptgebäude, Telefon 0 66 92 / 89 19 oder -29 sowie bei „Ahrens – Buch & Papier“. Bei Regenwetter fallen die Veranstaltungen aus.