Saufgelage im Park sind Problem

Streetworker Sebastian Habura will Neustadts Jugendlichen Alternativen bieten
Sebastian Habura (links) trat im Juli die Nachfolge von Lothar Nickel als Streetworker in Neustadt an. Foto: Lerchbacher
Neustadt. Sebastian Habura hat Lothar Nickel in Neustadt als Streetworker des Vereins zur Förderung bewegungs- und sportorientierter Jugendsozialarbeit (bsj) abgelöst.
von Florian Lerchbacher
„Im Herbst 2007 hatten wir den Pavillon im Bürgerpark als Problemfeld ausgemacht und festgestellt, dass wir etwas in Sachen aufsuchender Jugendarbeit unternehmen müssen“, erinnert sich Bürgermeister Thomas Groll. Der bsj schrieb eine halbe Stelle aus, für die sich zunächst jedoch kein Bewerber fand, entsprechend suchte der Verein nach einer internen Lösung und entschied sich für Lothar Nickel, der die Stadt bereits aus sechs Jahren Arbeit kannte.
„Freitagabend ist die Krisenzeit, in der Jugendliche oft noch unter Druck stehen und diesen dann ablassen – in dieser Zeit entstanden die meisten Schäden“, berichtet Nickel, der für die Jugendlichen daher zwei Sport-AGs an der Gesamtschule anbot und einige „Sonderaktionen“ wie Klettern oder Mountainbiken initiierte. „Das war recht unspektakulär“, meint er – aber immerhin ein Anfang. „Die Jugendlichen merkten, dass jemand für sie da ist und sich etwas tut“, ergänzt er und spricht von rund 100 jungen Menschen, die regelmäßig auf der Straße unterwegs seien.
„Gelage im Park sind scheinbar in“, sagt Groll. „Besonders harte Alkoholika werden regelmäßig konsumiert“, ergänzt Nickel, und Hartmut Boss, der Leiter der Gesamtschule, fügt hinzu: „Es sind Kinder, die sich so zurichten“ – teilweise seien es Zwölfjährige, die sich regelmäßig mehrfach die Woche betrinken. „Die Lage ist heftig. Ich möchte gar nicht wissen, wie sie ohne die Jugendsozialarbeit wäre“, erklärt er und hebt hervor, dass zum Beispiel Sachbeschädigungen und Schlägereien seit Beginn des Projektes von Kreis, Stadt, bsj sowie Schule und deren Förderverein zurückgegangen sind.
„Es ist wichtig, dass die Stadt hinschaut und sich nicht von den Jugendlichen abwendet, sondern auf sie zugeht“, sagt Dr. Karsten McGovern, der Erste Kreisbeigeordnete.
Perspektivlosigkeit sei nur ein Grund, sind sich Nickel, McGovern, Groll und Boss einig. Problem sei, dass viele Jugendliche keinen Ausbildungsplatz fänden. „Viele unserer Schüler starten nach dem Hauptschulabschluss durch und machen mittlere Reife oder Fachabitur“, gibt der Schulleiter dabei zu bedenken.
Die Ursache lässt sich also nicht konkret ausmachen, fest steht aber, dass „wir den Jugendlichen Alternativen bieten und ihre Persönlichkeitsentwicklung fördern wollen“, sagt Nickel und ergänzt: „Vielleicht gibt es bei einer unserer außergewöhnlichen Aktionen eine Initialzündung und der Teilnehmer glaubt danach an sich und seine Fähigkeiten.“
Der 28-jährige Sebastian Habura ist seit vier Wochen in Neustadt als Streetworker tätig. Diese Zeit hat er vornehmlich genutzt, um auf Jugendliche zuzugehen und Kontakte zu knüpfen. Er möchte vom „tristen Alltag“ ablenken. „Ich dränge mich niemandem auf und merke schnell, ob Interesse an Gesprächen besteht oder nicht.“
Seit dem Jahr 2003 war er am Streetworker-Projekt des bsj in Stadtallendorf beteiligt. Diese Tätigkeit gibt er auf. In Neustadt möchte er zunächst die Sport-AGs weiterführen, eine aber in eine Basketball-AG umwandeln. Zudem plant er, am 30. und 31. August in der Sporthalle Waldschule ein Casting für eine weitere Breakdance-Gruppe zu veranstalten. „Ansonsten lege ich den Schwerpunkt auf die Erlebnispädagogik“, sagt Habura, der montags, mittwochs und freitags in Neustadt unterwegs ist.