Streichert streicht die Segel

Wehrführer will die letzten Jahre der aktiven Zeit „normaler“ Feuerwehrmann sein
Von Florian Lerchbacher
Neustadt. „Noch eine Periode in Führungspositionen … Dann wäre ich 62 Jahre alt – das muss nicht unbedingt sein“, sagt Wolfram Streichert, der bei der Freiwilligen Feuerwehr Neustadt 15 Jahre lang Wehrführer und zuvor 15 Jahre lang stellvertretender Wehrführer war. Zwar ist der 57-Jährige noch topfit und weiterhin als Atemschutzträger zugelassen, doch die letzten Jahre seiner Zeit als aktiver Feuerwehrmann möchte er nicht mehr an der Spitze stehen: „Ich mache in der Einsatzgruppe weiter, bis ich 65 bin, ziehe mich aber ins zweite Glied zurück.“

Eine Position, die er so eigentlich kaum kennt: Mit 19 Jahren war er der Feuerwehr zusammen mit einer ganzen Gruppe Freunden und Bekannten beigetreten. Das war im Jahr 1984 – also ein Jahr nach Fertigstellung des neuen Feuerwehrhauses in der Kernstadt. Er sei „kein Fußballer oder so“, habe sich aber in einem Verein einbringen wollen – und so fiel die Wahl auf das wahrscheinlich wichtigste Ehrenamt der Gesellschaft. Keine drei Jahre später kam Streichert bereits in den Feuerwehr-Ausschuss, dem er bis 1992 angehörte. Dann ernannten seine Kameradinnen und Kameraden den gebürtigen Neustädter bereits zum stellvertretenden Wehrführer. „Wenn man etwas bewegen will, muss man Verantwortung übernehmen und vorangehen. Und ich übernehme eben gerne Verantwortung – außerdem liegt mir die Menschenführung“, erklärt er, warum er in jungen Jahren bereits bereit für ein Amt an der Spitze war.

Im Einsatz gilt für ihn: „Befehl und Gehorsam“

Bei der Bundeswehr hatte er zuvor als Unteroffizier schon eine Gruppe im „militärischen Handwerk“ ausbilden dürfen: „Damals merkte ich, dass ich mich in so einer Position wohlfühle – aber auch ohne einen autoritären Führungsstil, sondern mit einer kameradschaftlichen und kollegialen Weise die Ziele erreichen kann. Ich dachte mir, dass ich das auch bei der Feuerwehr einbringen und umsetzen kann.“

Gesagt, getan – nur im Einsatz agiert Streichert anders: „Da ist keine Zeit zu diskutieren und es muss über Befehl und Gehorsam laufen. Klar ist aber auch, dass man sich im Nachgang über den Einsatz unterhalten und die Vorgehensweise besprechen muss. Es gibt ja oft auch andere Möglichkeiten, wie man hätte vorgehen können. Da ist der Austausch extrem wichtig.“ Ebenfalls ein zentraler Aspekt seines Führungsstils: Was der Wehrführer von anderen verlangt, das muss er auch selbst vorleben beziehungsweise vormachen. Vor allem in Sachen Fitness.

Beim Blick zurück auf die vergangenen Jahre ist Streichert besonders froh, dass immer alle Kameradinnen und Kameraden zurück aus den Einsätzen kamen. Und die waren extrem vielfältig: „Es war eigentlich von allem was dabei: von brennenden Häusern über das Aufbauen von Ölsperren bis hin zur Katze, die wir aus dem Baum holen mussten.“ Nur bei einem großen Zugunglück war Streichert nicht dabei – weil er damals im Urlaub weilte.

Dennoch musste er auf Seiten der Opfer viel Leid mit ansehen. „Das gehört leider dazu, wenn man sich für eine Tätigkeit in der Feuerwehr entscheidet“, sagt er und ergänzt zum Umgang mit dem Erlebten: „Es hilft, sich zu sagen, dass man nicht schuld an dem Unglück ist und natürlich auch nichts dafür kann – aber den Menschen in ihrer Not eben helfen kann.“ Und zum Verarbeiten sei es wichtig, im Nachgang auch über die Geschehnisse zu sprechen – sowohl im Kreise der Einsatzkräfte oder gegebenenfalls dem Kriseninterventionsdienst des Landkreises als auch mit der Familie, sagt Streichert, der mit Ehefrau Claudia zwei Söhne hat (Tom und Nick).

Am Samstag, 2. April, findet ab 20 Uhr die Jahreshauptversammlung der Feuerwehr Neustadt im Gerätehaus statt. Dann stehen unter anderem die Neuwahl der Wehrführung, aber auch des Gesamtvorstands des Fördervereins an.