Windstrom für 9400 Menschen – MNZ

Mengsberger Unternehmer baut bei Speckswinkel drei 179 Meter hohe Windräder
Höher, leiser, effektiver-die drei Windenergieanlagen, die derzeit bei Speckswinkel erbaut werden, stehen für Superlative: Mit 179 Metern Höhe und einer Nennleistung von je 2 300 kW sind sie die höchsten und leistungsstärksten Hessens.
von Matthias Mayer
Speckswinkel. Der Anblick der weitläufigen Baustelle auf dem Krückeberg ist atemberaubend. Die Türme für die ersten beiden Windräder sind fertiggestellt; Turm eins trägt bereits in 138 Metern Höhe die Gondel, an der in Kürze das Windrad mit einem Durchmesser von 82 Metern montiert wird. Die neun älteren Windräder in unmittelbarer Nachbarschaft wirken neben den neuen Kolossen regelrecht klein.
Regenwetter und Wind bremsen die Aktivitäten auf der Baustelle. Der 150 Meter hohe Kran neben Turm eins kostet in jeder Minute viel Geld. Jetzt steht er verwaist neben dem montagefertigen Kranz. Das riesige Bauteil kann jedoch bei Windstärken um drei Beaufort nicht in 138 Meter Höhe mit der Gondel verschraubt werden. Zu viel Wind, zu gefährlich für die schwindelfreien Montage-Spezialisten der Hersteller-Firma Enercon.
Gegen Wind hat Bauherr Michael Rudewig nichts einzuwenden – er verdient mit Wind sein Geld. Der Regen ist in diesen Tagen dagegen ein Störfaktor. „Wir sind durch das schlechte Wetter in Verzug geraten, denn bei Regen sind Betonarbeiten nicht möglich. Der Betonkleber würde wegfließen“, erklärt der Mengsberger Unternehmer beim Baustellengespräch mit der OP.
Und Beton, so sagt der Diplom-Ingenieur mit der Fachrichtung Energietechnik, ist auch oberhalb der 3,45 Meter tiefen Fundamente ein wichtiger Baustoff. Im Gegensatz zu den ganz aus Stahl gebauten Türmen der neun kleineren Windräder im Speckswinkler Windpark bestünden die Türme der Windkraftriesen aus statischen Gründen im unteren Teil aus Beton-Segmenten. So hat der Regen den Zeitplan für den Bau des dritten Windrades durcheinander gebracht. Die Arbeiten stecken noch in den Anfängen. In Tagung Nachtarbeit wollen die Monteure den Rückstand aufholen, die nachts von Schwertransportern über eigens ausgebaute Feldwege angelieferten Bauteile aus dem Magdeburger Enercon-Werk verbauen. Michael Rudewig, der die Elf-Millionen-Euro-Investition alleine stemmt, möchte die drei Windräder Ende Oktober/ Anfang November nahezu gleichzeitig ans Netz bringen. Die Arbeiten an der internen Stromtrasse, die die neuen Maschinen mit dem E.on-Netz verbindet, stehen schön vor dem Abschluss. E.on kauft auch den Wind-Strom zum Preis von 9,1 Cent pro Kilowattstunde. Rudewig hofft, dass sich die riesige Investition so nach 20 Jahren amortisiert hat. Ganz sicher weiß der Windkraft-Fan, dass die drei Windräder jährlich 9 400 Menschen mit Strom versorgen, 5 100 Tonnen Kohle und 12 840 Tonnen G02 einsparen. Rudewig hat sich wegen der hoch entwickelten Technologie für die Anlagen vom Typ Enercon E-82 E2 entschieden, die in den Werkhallen des ehemaligen Schwermaschinenbaukombinats Ernst Thälmann (SKET) gefertigt werden. Von den einst 16 000 Mitarbeitern des ehemals größten DDR-Maschinenbauers sind 400 Mitarbeiter geblieben, die heute für die Enercon-Gruppe arbeiten. Den Windenergie-Pionier fasziniert nicht nur die Leistung der auch noch bei Sturm arbeitenden Anlagen, sondern auch deren getriebefreie Technik, die einen besonders geräuscharmen Betrieb ermöglicht.
Akzeptanzprobleme mit der Bevölkerung hat Rudewig während der dreijährigen Planungsphase nicht gehabt. Und während der seit März laufenden Bauarbeiten galt es höchstens mal, einen der zahlreichen Fotoamateure aus dem Gefahrenbereich zu bitten.