Ehepaar Zinkowski gründet Selbsthilfegruppe für Angehörigen von chronisch kranken Kindern
Von Florian Lerchbacher
Neustadt. „Als ich in der Reha das erste Mal mit Leidensgenossen sprach, hatte ich erstmals das Gefühl, dass wir die selbe Sprache sprechen. Es gibt Themen, über die kann man nicht gut mit Freundinnen reden, denn sie können einfach nicht nachvollziehen, was man durchmacht.“ Nicole Zinkowski und ihre Familie haben eine schwierige Zeit hinter sich: Viele Monate lang mussten die Neustädter von Arzt zu Arzt und von Klinik zu Klinik rennen, um herauszufinden, worunter ihr Sohn leidet. Als sie kurz vor dem Aufgeben standen, löste eine Gastroenterologin das Rätsel: Der damals zehnjährige Sohn leidet unter einer heftigen Form der Darmkrankheit Morbus Crohn – was verbunden ist mit deutlichen Einschränkungen bei der Ernährung, aber auch an vielen anderen Stellen. Der Alltag sei ein ganz anderer als früher.
Das Leben verändert sich durch die Diagnose komplett
Erstmal war die Familie froh, nach einem Jahr Leidenszeit und falschen Analysen endlich eine zu den Symptomen passende Diagnose bekommen zu haben. Das war vor rund zwei Jahren. Es folgte ein Termin in der Klinik mit einer psychologischen und einer Ernährungsberatung: „Und dann waren wir auf uns alleingestellt“, erinnert sich Zinkowski. Vergeblich habe sie nach einer Stelle gesucht, bei der sie gebündelt Informationen beispielsweise zu Pflegestufen, Kurmöglichkeiten, Reha-Angeboten oder anderen Hilfen bekommt. „Wir mussten uns durchfragen bei Krankenkassen, Ärzten, Kliniken und so weiter.“
Stück für Stück habe sie so die Infos zusammengetragen, die für das Leben mit einer chronischen Erkrankung notwendig sind – wobei ihr Sohn das ganze viel besser verkraftet habe als sie: „Er hat es akzeptiert, damit leben zu müssen“, sagt die Mutter und gibt zu, dass sie aber durchaus Phasen habe, in der es nicht so einfach sei. „Wir haben mehr daran zu knabbern. Und natürlich haben wir Sorgen, unter denen wir leiden – der Alltag ist einfach ein ganz anderer. Und es kommen natürlich auch Fragen auf, wie zum Beispiel: Warum passiert uns das?“
Darüber hätte sie gerne mit anderen Menschen besprochen. Es dauerte aber eben bis zur Reha in Bayern, bis sie sich mit Eltern austauschen konnte, die ähnliche Sorgen haben. Dabei merkte Zinkowski, wie gut ihr die Gespräche taten – und wie jeder etwas von seinem Gegenüber aus den Unterhaltungen mitnahm. Sowohl in fachlicher als auch in ganz privater Hinsicht. Auf einmal habe es Antworten gegeben auf Fragen wie: „Wo und wie kann ich etwas beantragen?“ oder auch „Wie kann ich den Alltag einfacher gestalten?“
Zurück in der Heimat nahmen die Eheleute Zinkowski daher Kontakt zur Selbsthilfe-Kontaktstelle um Diplom-Pädagogin Diane Schaible auf. Das Paar beschloss, eine Selbsthilfegruppe für Angehörige chronisch kranker Kinder zu gründen. Gesagt, getan: Die beiden organisierten ein Gründungstreffen mit Familien, in denen Kinder Diabetes beziehungsweise eine Entwicklungsverzögerung haben. Dann beantragten die Neustädter eine Unterstützung bei der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die sie unter anderem zum Bewerben ihrer Gruppe mit Flyern nutzen können.
Die Gruppe trägt den Namen „Selbsthilfegruppe für Angehörige von chronisch kranken Kindern“, richtet sich an Menschen aus der ganzen Region und trifft sich ab April immer am ersten Montag im Monat zwischen 18.30 und 19.30 Uhr im Kultur- und Bürgerzentrum Neustadt. Die Stadt stellt dort Räumlichkeiten zur Verfügung – wofür Zinkowski Bürgermeister Thomas Groll sehr dankbar ist: „Für unsere Gespräche braucht man einen geschützten Raum. Es fließen bestimmt auch oft Tränen.“ Geplant ist der Austausch der Betroffenen untereinander: „Wir wollen uns gegenseitig unterstützen und auch Kraft geben. Wir müssen lernen, mit den Einschränkungen zu leben.“ Es sollen aber auch Fachleute eingeladen werden, die zu Themen wie zum Beispiel Pflegestufen referieren.
Informationen und Kontakt: Nicole Zinkowski, Telefon 0 66 92 / 2 04 44 10, E-Mail zinkowski@neustadt-hessen.de