„Xyntia“ bläst Jahreseinschlag um

7 000 Festmeter liegen am Boden Struktur des Waldes ist gefährdet Gefahr durch hängende Bäume
Die Arbeit, wofür Neustadts Waldarbeiter ein Jahr brauchen, hat „Xynthia“ in wenigen Stunden erledigt: 7 000 Festmeter Holz fielen dem Orkan zum Opfer.
von Tobias Hirsch
Neustadt. Das Sturmtief „Xynthia“, welches am 28. Februar mit Windgeschwindigkeiten von 141 Stundenkilometern über Hessen hinweggefegt ist, hat auch im Neustädter Stadtwald erhebliche Schäden angerichtet. Förster Klaus Schild schätzt, dass etwa 7 000 Festmeter Holz umgefallen sind. Das entspricht dem Einschlag eines ganzes Jahres. „Eine normale Durchforstung ist jetzt nicht mehr möglich“, sagt*Schild. Der Revierförster beschränkt sich nun auf Schadensbegrenzung – und das schlimme daran: Es ist das vierte Jahr in Folge.
Seit „Kyrill“ ist im Neustädter Stadtwald nichts mehr so, wie es einmal war. 9 000 Festmeter hat der Orkan damals umgerissen – und damit eine Tor geöffnet, was sich nicht mehr so einfach schließen lässt, wie Waldarbeiter Jürgen Henrich es formuliert: „Der Sturm hat damals Angriffsflächen geschaffen“. Mit jedem weiteren Orkan werden die Löcher nun immer größer.
In 2007 riss „Kyrill“ im Stadtwald 9 000 Festmeter zu Boden. Im darauf Folgenden Jahr wütete „Emma“. Ihr fielen 11 000 Festmeter zum Opfer. Da Erfahrungsgemäß zwei Jahre nach einem Windbruch die Käfer in die geschädigten Bestände ziehen, verwunderte es Schild nicht, dass 2009 3 000 Festmeter Käferholz aufgearbeitet werden mussten. Hinzu kamen noch 2 500 Festmeter Sturmholz die von „Emma“
übrig geblieben waren. „Ich habe gedacht, in diesem Jahr läuft alles wieder normal“, sagt Schild. Gestern Morgen stand er mit Bürgermeister Thomas Groll nun erneut zwischen umgeworfenen Fichten. „Das belastet die Struktur des Waldes“, warnt Schild.
Im Klartext bedeutet dies, dass der Förster nicht mehr bestimmen kann, welcher Baum geschlagen wird. Vielmehr muss er sich mit dem begnügen, was am Böden liegt. Darunter leidet nicht nur die Qualität des zu verkaufenden Holzes, sondern auch die des gesamten Waldbestandes. Zum einen, weil die Waldarbeiter mit beschäftigt sind und die Bestände nicht mehr Pflegen können, und zum anderen, weil festgeschrieben ist, wie viel Holz pro Jahr geschlagen werden darf. Letzteres hat „Xynthia“ nun an einem Tag erledigt. „Ein geordnetes Wirken ist so nicht mehr möglich. Das kommt dem Wald nicht zugute. Diese Ausnahmesituation haben wir seit drei Jahren“, bedauert Schild.
Bei den Sturmschäden handelt es sich zu etwa 90 Prozent um Nadelholz. Buchen- und Eichenbestände sind nur in geringem Umfang betroffen. Schild rechnet damit, dass die Sturmfolgen im Laufe des Jahres ohne finanzielle Einbußen bewältigt werden können. Bürgermeister Groll weist darauf hin, dass er Selbstwerbern aus Sicherheitsgründen derzeit nicht gestatten kann, Brennholz zu schlagen: „Das ist wegen hängender Bäume und Ästen zu gefährlich“.
Sturmholz
Nach einer ersten Bilanz hat „Xynthia“ im Landkreis Marburg-Biedenkopf mehr als 81 000 Festmeter umgeworfen. Im Forstamt Biedenkopf waren es 16 050 Festmeter Sturmholz.
Im Forstamt Kirchhain fielen 65 000 Festmeter Sturmholz an – das sind etwa 50 Prozent der üblichen Jahreseinschlagmenge. Im Forstamtsbezirk Kirchhain, wozu auch Neustadt zählt, sind zu 80 Prozent Nadelbäume betroffen.