Brüssel drängt Städte in eine Region – MNZ

Stadtallendorf und Neustadt müssen sich zusammentun, um Geld zu bekommen
Von Pascal Reeber
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Stadtallendorf. Die Städte Stadtallendorf und Neustadt wollen sich zur „Region Ostkreis“ zusammenschließen. Oder besser: Sie sollen. Denn ganz freiwillig ist die Gründung der Region nicht. Beide Städte treibt die Gewissheit, dass die Europäische Union (EU) sonst den Geldhahn zudreht. Ab 2007 werden bei der Entwicklung des ländlichen Raums einzelne Städte nicht mehr gefördert.
Stadtallendorfs Bürgermeister Manfred Vollmer (CDU) machte bei der Vorstellung der Pläne im Ausschuss am Dienstag aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Wir springen nicht mit großer Euphorie auf diesen Zug. Wir gründen diese Region, um Förderung der EG zu bekommen, weil Einzelstädte nicht mehr gefördert werden.“
Allerdings bedeute die Aufnahme in ein weiteres Programm aus Brüssel für die Verwaltung eine Belastung. „Der bürokratische Apparat hat sich so entwickelt, dass er ein Hemmnis ist und für die Kommunen eine große Belastung.“
■ Negativbeispiel: Region Burgwald
Vollmer erinnerte an die Region Burgwald, deren Geschäftsführer neuerdings nicht mehr von der Europäischen Union gefördert werde. „Es wäre ein Treppenwitz, wenn wir uns ebenfalls einen Geschäftsführer nehmen müsste und der dann nicht bezahlt würde.“
Ganz konkret werben die Junker-Hansen- und die Industriestadt um Geld aus dem EU-Programm „ELER“, dass von 2007 bis 2013 die Regional-Entwicklung fördert. Dabei haben beide Städte Glück: Die EU beglückt nur Zusammenschlüsse
mit mehr als 30 000 Einwohnern mit Geld. Das erfüllen Neustadt (9200 Einwohner) und Stadtallendorf (21 500) geradeso.
Für beide Städte gab es zunächst auch die Option, sich einer bestehenden Region anzuschließen, wie etwa der Region Burgwald oder der Region Marburger Land. Mit den Zielen dieser Regionen habe man sich aber nicht voll identifizieren können, so Vollmer. Mit der Gründung des eigenen Forums sollten die lokalen Bezüge von Neustadt und Stadtallendorf gestärkt werden. Ziele der „Region Ostkreis“ sind:
■ Verminderung der Pendlerbewegung nach Südhessen durch Förderung der Wirtschaft und Entwicklung von Kultur und Bildung.
M Vermarktung und Erhaltung von Landwirtschaft und Natur, Aufbau der ortsnahen Versorgung mit Dorfläden.
■ Anbindung an überregionale Tourismus-Strukturen, etwa
durch Einbindung in das Netz der Jakobswege, durch Schaffung von Unterkunftsmöglichkeiten und Nutzung des Elisabethpfades.
■ 49 000 Euro für Beraterjob
Bevor beide Städte etwas vom Programm haben, profitiert ein externen Berater: Zur Erstellung des genauen Konzepts für die Region Ostkreis rechnen die Städte mit Beraterkosten von 49 087 Euro und 50 Cent. 14 726,25 Euro müssen sie selbst zahlen.
Welche Rechtsform der Zusammenschluss hat, ob er Verein oder Zweckverband wird, ist noch offen. Die Städte wollen diese Frage erst später behandeln.
Der Ausschuss für Jugend, Kultur, Soziales und Sport stimmte der Gründung des „Regionalforums Region Ostkreis“ einstimmig zu.