Angebote des Familienzentrums / Veranstaltungen unter freiem Himmel und mit maximal zehn Teilnehmern
Von Florian Lerchbacher
Neustadt. Nicole Zinkowski ist die Freude deutlich anzumerken. „Endlich kann ich wieder mit Menschen arbeiten“, freut sie sich während der ersten Live-Aktion des Neustädter Familienzentrums im Bürgerpark.
Sechs Kinder sind in unmittelbarer Nähe des Kultur- und Bürgerzentrums (Kubüz), der neuen Heimat der Einrichtung, damit beschäftigt, Ton zu kneten und in Form zu bringen. Auch sie sind glücklich, endlich wieder als Gruppe und fernab der eigenen vier Wände etwas unternehmen zu können. Sie hätten das schon vermisst, betonen Tino und Max. In der Schule seien die Kinder ja auch stets getrennt worden. „Aber jetzt wird alles ein bisschen besser – auch wenn Corona leider noch nicht ganz den Geist aufgegeben habt“, sagt Max und genießt es, den Ton nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Zuhause sei er zwar auch künstlerisch kreativ gewesen: „Aber immer nur malen und immer nur alleine ist ja auch irgendwann langweilig“, betont er.
Langweilig war es Zinkowski in den vergangenen Monaten nicht, denn es gab auch trotz abgesagter Angebote und Veranstaltungen immer noch viel zu tun – nur eben, dass sie die Aufgaben anders angehen musste. Viele Pläne habe sie geschmiedet und dann wegen der Pandemie-Vorschriften doch wieder verwerfen müssen. Am schwierigsten sei es aber gewesen, dass sie Menschen begegnet sei, die ihr Sorgen und Nöte schilderten – und sie diese nicht in dem Ausmaß bedienen konnte, wie sie es gerne getan hätte. „Telefonische Beratung war natürlich möglich“, sagt sie, erklärt aber: „Ein gutes Beispiel sind frisch gebackene Eltern. Natürlich konnte ich sie ein bisschen informieren – aber junge Eltern brauchen den Austausch mit anderen jungen Eltern. Und das konnten wir ihnen nicht bieten.“
Und auf Online-Veranstaltungen habe das Familienzentrum nach genauem Überlegen auch lieber verzichtet: Der Austausch funktioniere virtuell nicht so gut wie in Präsenz – es komme nicht so viel rüber, erklärt Zinkowski. Noch dazu säßen Eltern aber auch Kinder in dieser Zeit ohnehin viel öfter vor dem Bildschirm. Da habe sie es für ungeeignet gehalten, sie wieder vor einen Bildschirm zu holen. „Zumindest konnte ich einzelne Familien vor Ort beraten“, betont sie. Noch schwieriger sei aber das Arbeiten mit Senioren gewesen, denn diese hätten beispielsweise auch die Einzelkontakte vermieden.
Daher habe sie versucht, auch ohne persönlichen Kontakt Angebote zu machen: An Regenrinnen des Kultur- und Bürgerzentrums hingen sie und Mitstreiterin Annika Schlüter Material für Kinder, Familien und Erwachsene auf – also beispielsweise Ideen für Bewegungsspiele. Auf Eltern warteten DVDs mit Informationen rund ums Kind. Und auf Initiative einer Mutter wurde auch noch ein rund drei Kilometer langer Vorlesespaziergang aufgebaut. Auf der drei Kilometer langen Strecke hängen nun in regelmäßigem Abstand laminierte Seiten mit Geschichten, sodass Eltern aus einem normalen Spaziergang quasi einen Ausflug mit Unterhaltung machen können. Ein Angebot, das das Familienzentrum fortsetzen und alle zwei oder drei Monate erneuern will.
„Aber insgesamt ist Partizipation für ein Familienzentrum einer der wichtigsten Punkte, denn aus direkter Beziehung erwächst beispielsweise Vertrauen“, sagt Zinkowski. Die Kontakte zu den Menschen habe sie zwar pflegen können und sie seien auch nicht verloren gegangen, dennoch sei es ein Segen, dass Treffen und Veranstaltungen nun wieder möglich seien – wenn auch mit Abstand, weniger Teilnehmern und Hygienevorgaben. So finden alle Angebote vorerst draußen und mit maximal zehn Teilnehmern statt.
Den Auftakt machte die Aktion „Kunstkoffer“: Mittwochs zwischen 15 und 17 Uhr können Kinder in den Park hinter dem Kultur- und Bürgerzentrum kommen und malen oder mit Ton arbeiten – unter Anleitung von Expertinnen.
Die Finanzierung für ein Jahr sei über „Ein Herz für Kinder“ des Vereins „Bild hilft“ gesichert, aber auch danach wollen die Neustädter es fortführen. Es handele sich nämlich um ein ganz niedrigschwelliges Angebot: Kinder könnten einfach vorbeikommen und malen oder mit Ton arbeiten, bekämen keine Vorgaben und könnten auch wieder gehen, wenn sie es wollen.
Außerdem soll es wieder losgehen mit der Krabbelgruppe (als Spielplatztreff), mit Reha-Qi-Gong und Yoga-Kursen für Kinder und Erwachsene. Des Weiteren soll der umgestaltete „Kulturcafé-Wagen“ der Gemeinwesenarbeit vor dem Kultur- und Bürgerzentrum stehen und neben Kaffee zum Mitnehmen Informationen rund um das Familienzentrum und die Kooperationspartner bereithalten. Noch wichtiger, so Zinkowski, sei aber, dass die vom Land geförderte Onleihe der ebenfalls im neuen Kubüz untergekommenen Bücherei bald starte. Bis die Einrichtung komplett geöffnet werden könne, dauere es aber noch etwas. Büchereiausweise (für zehn Euro im Jahr) soll es ebenfalls im erwähnten Wagen geben.
„Wir sind auf dem Weg, wieder etwas zur Normalität zu finden“, sagt Bürgermeister Thomas Groll und stellt heraus, dass es gerade bei Kindern und ihren Familien großen Bedarf für Abwechslung gebe. Viele Menschen seien auch neugierig, was in dem Neubau umgesetzt werde, wie sich die Arbeit gestalte und vieles mehr. Entsprechend finde er es gut, dass das Familienzentrum langsam wieder zurück zu seiner Bestimmung finden könne. Nun gelte es auch, weitere Kooperationspartner zu finden und das Gebäude dauerhaft mit Leben zu füllen. „Es soll alles verzahnt sein“, stellt Zinkowski heraus.