Hessische Löwen verlassen ihre Arena

Mehr als 500 Neustädter wohnten gestern dem letzten Appell auf dem Rathausplatz bei
Neustadt. Vor 48 Jahren marschierte die Panzerbrigade 14 vom Rathaus zur Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne, der neuen Heimat. Zum Abschied ging sie den selben Weg in umgekehrter Richtung.
Fortsetzung von Seite 1 von Florian Lerchbacher
Die „Hessischen Löwen“ holen am 30. Juni die Truppenfahne ein – dann findet die lange Beziehung der Panzerbrigade und der Stadt ein Ende.
Die Truppe hatte sich bereits im Oktober des vergangenen Jahres verabschiedet, gestern sagten weit mehr als 500 Neustädter „Auf Wiedersehen“ und „Danke“ – und das vor hohem Besuch: Neben zahlreichen Lokalpolitikern waren Generalmajor Carl-Hubertus von Butler, der Kommandeur der Division Luftbewegliche Operationen, zu der die Panzerbrigade zählt, und der ehemalige stellvertretende NATO-Oberbe-
fehlshaber, General a. D. Dr. Günter Riesling, anwesend, der in seiner Autobiographie einst den Alltag in der Garnisonsstadt Neustadt beschrieb.
„Mit der Außerdienststellung der Hessischen Löwen verlieren wir weit mehr als nur unsere Patenkompanie. Wir verlieren ein Stück Tradition“, sagte Neustadts Bürgermeister Thomas Groll, der das gute Verhältnis zwischen Bundeswehr und Bevölkerung hervorhob und auf die Vergangenheit zurückblickte. So erinnerte er an zahlreiche Gelöbnisse im Bürgerpark, an große Zapfenstreiche oder an den Einsatz der Soldaten als Erntenothelfer im Jahr 1960, beim Brand bei Ergee 1971 oder beim Eisenbahnunglück 1997. Zudem sprach er die drei Jahrzehnte währende Tradition der Wohltätigkeitskonzerte mit dem Heeresmusikkorps II aus Kassel an, das gestern unter Leitung von Oberstleutnant Wolfgang Willems auch ein letztes Mal den Brigademarsch spielte.
Brigadeführer Oberstleutnant Willi Dechert lobte die Unterstützung, die die Soldaten in ihrer Zeit in Neustadt erhielt. Mit einigen Übungen habe man oft für Verkehrsbehinderungen, Lärmbelästigung und Flurschäden gesorgt: „Die Truppe wurde dabei durch die Kommunen unbürokratisch unterstützt, und die Bürger hatten mehrheitlich Verständnis für die militärischen Erfordernisse.“
General Riesling, ehemaliger Kommandeur des Bataillons, gewann dem Abschied etwas Positives ab: „Abschiede gehören zum Leben. Es sollte eigentlich auch Freude aufkommen: Dass wir abrüsten
dürfen, ist letzen Endes auch ein Triumph unserer Strategie.“ „Mit der Außerdienststellung folgt ein schmerzlicher Einschnitt“, sagte Groll und ergänzte: „Bloßes Jammern hilft uns nicht weiter. Es gilt, die resultierende Herausforderung anzunehmen. Dabei dürfen Bund und Land die Kommune nicht alleine lassen und es nur bei wohlmeinden Worten belassen.“
Rund 400 Soldaten sind noch in der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne stationiert. Das Gros stellen die Feldjäger, die Neustadt Mitte 2009 verlassen. Eigentlich sollte dann auch die Kaserne endgültig schließen. Doch der Bund braucht die Neustäd-
ter Kaserne voraussichtlich noch drei Jahre länger als geplant: als Zwischenquartier für zwei Kompanien des Führungs-unterstützungsbataillons 286. Deren künftige Stammkaserne in Rotenburg lässt der Bund in den nächsten Jahren für 40 Millionen Euro sanieren. Die Stadt Neustadt lässt derzeit ein Gutachten über den Kasernenzu-stand erstellen, das in den nächsten Wochen vorliegen soll. Dann sollen die Planungen für die künftige Nutzung des Geländes konkreter werden.
Ein Video davon finden Sie im Internet unter www.op-mar-burg.de/573717