Neustädter Mitteilungsblatt

Konstituierende Sitzung der Stadtverordnetenversammlung (Teil II)

Der Magistrat wird zukünftig neun statt bisher sieben Mitglieder haben. Für diese Veränderung hatte sich im Vorfeld die SPD-Fraktion ausgesprochen, um, nach den Worten von deren Vorsitzendem Hans-Gerhard Gatzweiler, mehr engagierte Damen und Herren in die aktive Arbeit einzubinden. Dieser Vorschlag wurde von der CDU-Fraktion unterstützt, die sich zur Änderung auch deshalb bereitfand, da die SPD neben Stephani Schmitt mit Thomas Horn und Andrea Bauscher zwei in Kommunalpolitik, Vereinsleben und Elternarbeit erfahrene Personen für dieses Gremium vorschlug. Anders war die mehrheitliche Sichtweise der FWG. Deren Fraktionsvorsitzender Karsten Gehmlich hält den Magistrat mit neun Personen im Gegensatz zur Stadtverordnetenversammlung, der 23 Damen und Herren angehören, eindeutig für zu groß. Daher lehnten die FWG-Vertreter Karsten Gehmlich, Dr. Björn Metzger und Corinna Krüger dieses Vorhaben ab, während sich Merve Hamei (ebenfalls FWG) der Stimme enthielt. Anders als CDU und SPD kann die FWG aus dieser Veränderung keinen personellen Nutzen ziehen. Gehmlich betonte übrigens in seiner Grundsatzerklärung, dass die FWG „über mehrere, vor allem junge Leute mit Interesse an der Kommunalpolitik verfüge“ und man daher einmal bis zur nächsten Kommunalwahl darüber nachdenken sollte, die Stadtverordnetenversammlung wieder zu vergrößern (was auf jede ungerade Zahl bis 31 möglich wäre).
Der Magistrat setzt sich nunmehr wie folgt zusammen:
5 CDU, 3 SPD und 1 FWG. Damit haben die beiden „Großen“ durch die Änderung jeweils einen Sitz hinzubekommen.
Dem Magistrat gehören zukünftig Wolfram Ellenberg, Klaus Schwalm, Karl-Eugen Ramb, Elena Georgi und Walter Schmitt (alle CDU), Stephani Schmitt, Thomas Horn und Andrea Bauscher (alle SPD) sowie Horst Bätz (FWG) an.
Da bis zur Veröffentlichung im „Mitteilungsblatt“ noch die alte Hauptsatzung gilt, wurden an diesem Abend nur Klaus Schwalm (CDU), Karl-Eugen Ramb (CDU), Stephani Schmitt (SPD), Horst Bätz (FWG) Wolfram Ellenberg (CDU) – Foto v.l. (Foto: Olga Mock) in ihr Amt eingeführt. Da Wolfram Ellenberg die Liste der stärksten
Fraktion anführt, wird er auch zukünftig das Amt des Ersten Stadtrates ausüben. Die anderen vier Gewählten werden in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung im Juni eingeführt. Franz-W. Michels verpflichtete die Gewählten mit Handschlag – Corona-konform mit Handschuh – und nahm ihnen den Amtseid ab, Bürgermeister Thomas Groll überreichte die Ernennungsurkunden. Weiterhin wurden die Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Neustadt (Hessen) für verschiedene Verbandsversammlungen gewählt. Hierbei handelt es sich um den Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke – Wolfram Ellenberg (CDU), Vertreter Jörg Grasse (SPD), den Zweckverband Mittelhessische Abwasserwerke – Hans- Dieter Georgi (CDU), Vertreter Merve Hamel (FWG) die Ekom 21 (Datenverarbeitung) – Dr. Björn Metzger (FWG), Stellvertreter Bernd Malkus (CDU), den Energiebeirat für die Netzgesellschaft Herrenwald – Hans-Dieter Georgi (CDU), Hans-Gerhard Gatzweiler (SPD), Karsten Gehmlich (FWG), den Regionalen Nahverkehrsverband – Susanna Wilhelm (SPD), Vertreter: Franz-W. Michels (CDU) und den Müllabfuhrzweckverband Biedenkopf – Andreas Merten, Vertreter Leon Kubitschko (beide CDU), Anke Stark (SPD), Vertreter Corinna Krüger (FWG).
Zum Ende der Sitzung hätten dann die Vorsitzenden der drei Fraktionen ihre Grundsatzerklärungen abgeben sollen, auch diese wurden aber nur zu Protokoll genommen.
Für die CDU-Fraktion erklärte deren wiedergewählter Vorsitzende Hans-Dieter Georgi, dass man natürlich mit dem Wahlausgang mehr als zufrieden sei, schließlich sei die CDU Neustadt die einzige Partei oder Wählergruppe im Landkreis, die über 50 Prozent erzielt habe. Das aus Sicht der Christdemokraten erfreuliche Ergebnis führe man auf die gute Arbeit der letzten Jahre, die Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten, die programmatische Gestaltung für die kommenden Jahre sowie die gute Arbeit von Bürgermeister Thomas Groll, von der man als CDU natürlich auch profitiert habe, zurück. Nach Georgis Worten habe man sich zwar über manche Aussagen der FWG im Wahlkampf geärgert, sei aber keinesfalls nachtragend. Er erklärte ausdrücklich, dass die CDU-Fraktion trotz der absoluten Mehrheit auch weiterhin das Miteinander mit den anderen Fraktionen suchen werde. Dies sei ja bereits in den Personalentscheidungen zum Ausdruck gekommen. Der CDU sei es wichtig, alle entsprechend ihrem Stärkeverhältnis einzubinden. Auch Hans- Dieter Georgi erkannte die Notwendigkeit eines Modernisierungs- und Innovationsschubes für die Kommune an und verwies darauf, dass er bereits in den Ausführungen zur Haushaltsrede 2021 die Schwerpunkte der CDU für die kommenden Jahre dargestellt habe. Hieran gebe es keinerlei Veränderungen, die Themen seien mit denen, die der Bürgermeister genannt habe, deckungsgleich. Dies dürfte aber nicht verwunderlich sein, schließlich gebe es vor Ort erfreulicherweise einen Grundkonsens über die in den kommenden Jahren zu erreichenden Ziele.
Schlaglichtartig nannte der Christdemokrat nochmals die Fortführung der Stadt- und Dorfentwicklung, eine geordnete Finanzpolitik und eine aktive örtliche Sozialpolitik. Daneben wolle sich die CDU aber auch Themen öffnen, die bisher für sie noch nicht im Mittelpunkt standen. Als Beispiele nannte er etwa den Klimaschutz und die Mobilität und hier gerade den Radverkehr. Georgi regte hier an, über einen örtlichen Radverkehrsbeauftragten nachzudenken. Er lud abschließend alle ein, sich weiterhin gemeinsam für die Weiterentwicklung der Kommune einzusetzen.
Für die SPD-Fraktion hatte deren Vorsitzender Hans-Gerhard Gatzweiler die Grundsatzerklärung vorbereitet. Er betonte eingangs, dass man den Aussagen der CDU, auch weiterhin auf ein gutes Miteinander zu setzen, Vertrauen schenke. Dieses Miteinander und das gemeinsame Nachdenken über die beste Lösung für die Kommune sollte fortgeführt werden. Wie sein Vorredner ging auch Gatzweiler ging auf die zukünftige Arbeit in der Stadtverordnetenversammlung und benannte sechs Themen als die Schwerpunkte seiner Fraktion bis 2026:
Ärztliche Versorgung – hier sprach er sich für eine aktive Rolle der Kommune aus, Chancen und Auswirkungen der Autobahn – Gatzweiler betonte hier u.a. die Wichtigkeit der anstehenden Flurbereinigung für zerschnittene Wegeverbindungen innerhalb der Kommune, Klimapolitik, Radverkehrskonzept, Weiterentwicklung der Stadtteile, nachdem in den letzten Jahren der investive Schwerpunkt in der Kernstadt lag, und „Kinder und Jugendliche nach Corona“. Zum letzten Punkt regte er eine „Expertenrunde“ mit Stadtjugendpflege, sozialen Akteuren vor Ort, Kreisjugendring und interessierten Vereinen an. Ziel müsse es sein, „nach Corona“ wieder eine aktive Kinder- und Jugendarbeit vor Ort zu ermöglichen. Hans-Gerhard Gatzweiler betonte auch, dass es nun viele „Neue“ in der Stadtverordnetenversammlung gebe, diese hätten sicher auch neue Ideen, darüber gelte es nachzudenken. Allen wünschte er weiterhin ein gutes Miteinander und viel Freude an der Arbeit zur Weiterentwicklung der Kommune.
Karsten Gehmlich, der Fraktionsvorsitzende der FWG, befasste sich in seinem Redebeitrag vorrangig mit dem Kommunalwahlkampf und dem Wahlausgang. Er sprach von „einem super Ergebnis“ für die Freien Wähler, das in seinen Augen keinesfalls – wie von vielen
2016 vermutet – nur auf Protestwähler zurückzuführen sei. Mit dem Wahlslogan „Neustadt neu denken – innovativ, nachhaltig und sozial“ habe man richtig gelegen. Gehmlich kritisierte, „dass die Mitbewerber dies mit populistischen Versuchen als unnötig diffamiert hätten“. Weiter führte er u.a. aus: „Es sei erwähnt, dass sowohl Dr. Metzger – Anm. ein neuer Stadtverordneter der FWG – als auch unser Mengsberger Vertreter Daniel Baron ihre Bereitschaft kundgetan haben, für die dortigen Ortsbeiräte zu kandidieren, was, warum auch immer, leider unerwünscht war.“ Auch mit dem Slogan der CDU „CDU und parteiunabhängige Bürgerinnen und Bürger“ setzte er sich auseinander und rechnete vor, dass die sieben Parteilosen auf der CDU-Liste 15,8 Prozent erreicht hätten. „Es bleibt zu hoffen, dass die „parteiunabhängigen Bürgerinnen und Bürger“ dies in den nächsten fünf Jahren auch tatsächlich sind und sein dürfen …“, so Karsten Gehmlich. Seine Rede schloss er mit der Aufforderung, dass alle sich gemeinsam trauen sollten, Neustadt neu zu denken.
Eingebracht wurden im Verlauf der Sitzung auch Vorschläge der Verwaltung zur Anpassung der Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung und der Entschädigungsatzung. Beide Satzungen sind seit vielen Jahren unverändert und sollten daher, so Bürgermeister Thomas Groll, an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Die Fraktionen werden hierüber nun beraten. Bürgermeister Thomas Groll berichtete unter dem Punkt „Verschiedenes“, dass in der Kernstadt 1.250 Bescheide über wiederkehrende Straßenbeiträge versandt worden seien. Im Nachhinein hätte es rund 50 Korrekturen gegeben, wobei manche der Betroffenen zuvor unzutreffende Angaben gemacht hätten. 35 Widersprüche seien eingegangen. Sechs habe man abhelfen können, fünf werde man dem Anhörungsausschuss vorlegen und 24 seien offensichtlich unbegründet. Groll gab zu, mit einer solchen geringen Zahl von Widersprüchen nicht gerechnet zu haben.
Der Bürgermeister gab auch einen kurzen Bericht zur finanziellen Lage der Kommune nach dem I. Quartal ab. Man läge derzeit – trotz Corona – rund 200.000 Euro über den Erwartungen, dies könne sich im Verlauf des Jahres aber noch entscheidend verändern. Insbesondere erwartet Groll massive Ausfälle bei der Spielapparatesteuer.
Nach knapp 50 Minuten schloss Franz-W. Michels eine harmonisch verlaufene Auftaktsitzung.