Viele Eltern im Ostkreis müssen müssen mehr zahlen

Tarifeinigung der Kindergärten kommt Kommunen teuer zu stehen Gebühren werden teils erhöht
Bundesweit streikten die Erzieherinnen in kommunalen Kindergärten. Vor zwei Wochen erzielte die Gewerkschaft ver.di eine Einigung. Die heimischen Kommunen stehen nun vor erheblichen Belastungen.
von Nadine Weigel
Ostkreis. „Für die Kommunen ist das eine mittlere Katastrophe“, sagt Stadtallendorfs Bürgermeister Manfred Vollmer (CDU) zu den Mehrbelastungen von rund 700 Millionen Euro, die bundesweit auf Städte und Gemeinden zukommen werden.
Nach den massivsten Erzieher-Streiks in der Geschichte der Bundesrepublik steigen die Monatsgehälter nach Angaben der kommunalen Arbeitgeber durchschnittlich um brutto 120 Euro. Doch aufgrund der komplizierten Tariftabellen für die 16 Entgeltgruppen ist das Berechnen konkreter Zahlen schwierig. Deshalb kann Vollmer noch nicht sagen, wie viel Mehrkosten auf die Stadt Stadtallendorf zukommen werden.
Eines weiß Vollmer jedoch sicher: „Um eine Erhöhung der Kindergartengebühren werden wir nicht herumkommen.“ Stadtallendorf hat elf Kindergärten, entsprechend teuer kommt die Tarifeinigung die Stadt zu stehen. „Ich bewundere die Kollegen, die das aus eigener Tasche bezahlen können“, sagt Stadtallendorfs Rathauschef.
Während in der nächst größeren Stadt Marburg Bürgermeister Dr. Franz Kahle (Grüne) verspricht, die Gebühren für die Eltern nicht zu erhöhen, sieht es in den Ostkreis-Gemeinden nicht ganz so rosig aus: Lediglich Rauschenbergs
Bürgermeister Manfred Barth (SPD) sagt klipp und klar, dass die Eltern, die ihre Kinder in den städtischen Kindergarten in Bracht geben, nicht mehr bezahlen müssen.
„Es ist vollkommen richtig, die Erzieherinnen nach ihrer Leistung zu honorieren und ihnen auch mehr zu bezahlen“, sagt Barth. Grob überschlagen rechnet er durch die Tariferhöhung jährlich mit rund 13 000 Euro Mehrkosten für seine Stadt. „Wir können das nicht auf die Eltern umlegen. Sie müssten ja sonst mehr als 13 Euro mehr im Monat zahlen“, betont Barth.
Seine Amtskollegen sehen das etwas anders. Neustadts Bürgermeister Thomas Groll (CDU) ist bei der Benennung von Zahlen vorsichtig. Rechnet er jedoch mit den gängigen 120 Euro mehr pro Erzieherin, kommt er auf Mehrkosten von jährlich etwa 50 000 Euro. Würde er Summe auf die Eltern umlegen, müsste er die Kindergartengebühren pro Kind um rund 260 Euro im Jahr erhöhen, können wir natürlich nicht machen“, sagt Groll, betont aber auch, dass Neustadt schon einen hohes Defizit bei den Kindergartenkosten hat. „Letztlich müssen wir alles erst einmal ganz genau ausrechnen und dann müssen die städtischen Gremien entscheiden, ob und in welchem Umfang die Gebühren eventuell angehoben werden“, erklärt Neustadts Rathauschef.
Ähnlich drückt sich Kirchhains Bürgermeister Jochen Kirchner (parteilos) aus: „Eine Gebührenerhöhung ist nicht auszuschließen“, sagt er. Auch er geht von mindestens 50 000 Euro Mehrkosten für seine Haushaltskasse aus. Falls es zu einer Erhöhung kommt, werde die Stadt einen Teil übernehmen müssen, die Eltern den anderen, schätzt Kirchner.
Vollmer, Groll und Kirchner sehen jedoch die Bundesregierung in der Verantwortung. „Die Bundespolitik schreit und die Kommunen müssen zahlen“, sagt Kirchner. Dass sich Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen aktiv für die Erhöhung des Erzieherinnengehalts einsetzte, sorgt bei den Rathauschefs für Unmut.
Allerdings nicht bei Amöneburgs Bürgermeister. „Tarifvertrag ist Tarifvertrag“, sagt Michael Richter-Plettenberg (SPD) und betont, dass es eine „unrealistische Forderung wäre, vom Bund Geld zu verlangen“.
Die Amöneburger Haushaltskasse ist nicht von den Tariferhöhungen betroffen, denn wie Wohratal hat auch Amöneburg nur kirchlich getragene Kindergärten. Richter-Plettenberg rechnet jedoch damit, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch katholische oder evangelische Kindergärten das Erzieherinnen-Gehalt erhöhen müssen. Ist dies der Fall, würde es auch die Stadt auf dem Berg treffen, denn Amöneburg übernimmt rund 80 Prozent der Kindergarten-Kosten. Und dann muss auch Richter-Plettenberg über Erhöhungen nachdenken. „Das ist unausweichlich“, bekennt er.