Zollstock erinnert an bewegte Historie

Speckswinkel feiert 800 Jahre Dorfjubiläum / Familientag übertraf alle Erwartungen
Von Michael Rinde
Speckswinkel. Die Festwoche „800 Jahre Speckswinkel“ steht vor ihrem Höhepunkt, dem Höfefest am Samstag, 10. Juni. Doch es ist bereits viel geschehen und mehrfach hat das große Jubiläumsfest des Ortes alle Erwartungen weit übertroffen. Beispiel Familientag an Fronleichnam. Maximal 600 Kinder und Erwachsene hatten die Organisatoren mal erwartet. „Es waren weit über 1.000 Gäste, eher 1.500 Besucher“, sagte Ortsvorsteher Martin Naumann im Gespräch mit der OP.

Zwei Heller für fettes Schwein

Zuvor hatten die Speckswinkeler mehr als 300 Gäste am vergangenen Mittwochabend beim Festkommers begrüßt. So viele waren es auch zu Spitzenzeiten beim geschichtshistorischen Nachmittag am Freitag, eher mehr. Herausragend war dabei die Einweihung von etwas „was bleibt“ von dieser Festwoche und daran auch noch in Jahrzehnten erinnert.

Im Jahr 1500, da war an der Zollstelle Speckswinkel Geld fällig, für ein fettes Schwein zum Beispiel 2 Heller, für einen vollen Karren waren gar 20 Heller zu zahlen. Zu dieser Zeit floss dieser Zoll als „Landzoll“ an den Landgrafen zu Hessen. Zwei solcher Zollstocke in der Gemarkung, beide sind nicht erhalten, mahnten den Reisenden oder den Händler, dass er an dieser Stelle jetzt zu zahlen habe. Wer meinte, die Aufforderung ignorieren zu können, der riskierte etwas. „Dann war das Dreifache des Zolles fällig oder die komplette Beschlagnahmung der Ware“, erinnerte Heinrich Losekam, der Experte für Zollgeschichte.

Dank eines Crowdfunding-Projektes mit 125 Spendern und der entsprechenden Unterstützung der VR-Bank Hessenland kamen am Ende knapp 12.000 Euro zusammen, um den historischen Zollstock originalgetreu aus Marburger Buntsandstein nachzubilden und direkt am Zollhof in Speckswinkel aufzustellen.

Marktbereichsleiterin Gabriele Schäfer-Langohr lobte den Einsatz der Speckswinkeler für ihr Projekt, die Spendenbereitschaft habe auch bei der VR-Bank alle Erwartungen übertroffen. Ortsvorsteher Naumann bekannte, dass er viele Gespräche geführt habe und viele Bürger erst überzeugen musste, sich für die Aktion zu begeistern. Geschaffen hat den Zollstock das Kirchhainer Steinmetzunternehmen Eufinger, ganz fein wurde das Wappen herausgearbeitet, die Inschriften erstellt, der Stein geglättet. „Eine herausragende Arbeit“, lobte auch Heinrich Losekam das Ergebnis.

Losekam brachte Speckswinkelern und Besuchern dann die Dorfgeschichte näher, die bei Weitem nicht nur von der Zollhistorie geprägt wurde. Fast eine Stunde lang ging es durch den Ort, weit mehr als 100 Besucher schlossen sich ihm an. Einst sei Speckswinkel sehr kleinteilig gewesen, sagte Losekam mit Blick ins 13. Jahrhundert. Schuld waren die Zinsen, die die damaligen Herren in Ziegenhain für Land erhoben.

Ein besonderes Lob hatte Bürgermeister Thomas Groll parat: „Speckswinkel setzt Maßstäbe“, meinte er.

Am Freitag gab Ortsvorsteher Naumann der OP auch neue Zahlen für das große Höfefest. So steht jetzt fest, dass sich 36 Höfe aktiv mit Programm und Angeboten bei dem Fest präsentieren, es gibt am frühen Abend eine Feuershow, es werden mehr als 50 Stände im Ortskern aufgebaut sein. „Für uns ist das unser kleiner Hessentag“, sagt ein hochzufriedener Ortsvorsteher. Los geht es an dem Tag um 11 Uhr. Parkplätze finden sich am Ortsrand. Die Veranstalter weisen noch einmal darauf hin, dass Speckswinkel aufgrund der A49-Bauarbeiten nicht direkt über Neustadt erreichbar ist, sondern über die Nachbarorte angefahren werden sollte.