A-49-Gegner erleiden klare Schlappe

Bundesverwaltungsgericht bestätigt Baurecht für Trasse zwischen Stadtallendorf und Gemünden/Felda
Von Michael Rinde

Leipzig Zwei Stunden, mit einer längeren Unterbrechung, verhandelte der 9. Senat die wohl entscheidende erneute Klage gegen das Baurecht für die Autobahn 49. Zwei Verfahren waren zu entscheiden. Kläger waren der BUND und ein Privatmann aus dem Ostkreis. Ihr Hauptansatzpunkt: Der Planfeststellungsbeschluss für die Strecke zwischen Stadtallendorf und Gemünden (Felda) verstößt gegen die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Konkret gibt es Befürchtungen, dass Oberflächenwasser der Autobahn, das in die Klein eingeleitet wird, nicht entsprechend der EU-Vorgaben gereinigt wird.
Die mündliche Verhandlung war dann eine Sache für Juristen. Entsprechend der Ebene des Bundesverwaltungsgerichts ging es um grundlegende Rechtsfragen, auch zur Zulässigkeit der neuen Klagen. Oder der Frage, welche Bedeutung die Wasserrahmenrichtlinie und ihre jüngste Auslegung für einen Baurechtsbeschluss aus dem Jahr 2012 hat. Der Vorsitzende Richter Dr. Wolfgang Bier machte klar, dass das Land schon „hellseherische Fähigkeiten“ haben müsste, wenn es die aktuellen Entwicklungen vor acht Jahren bereits vorausgesehen hätte. Derzeit wären weitergehende Gutachten zwingend erforderlich, um die wasserrechtliche Genehmigung in der Form von 2012 zu erhalten. Doch was hat das für eine Rolle in diesem Verfahren und für die Entscheidung des Gerichts zu spielen? Letztlich keine, wie die Entscheidung des 9. Senates am Ende deutlich machte. Das Gericht hält das bestehende Wasserrecht für ausreichend, um die Grundwasservorkommen in Mittelhessen und speziell nahe Niederklein zu schützen.
Überraschend machte Vorsitzender Dr. Wolfgang Bier schon früh die Andeutung, dass der Senat noch am gleichen Tag ein Urteil fällen werde. Das löste unter Verfahrensbeteiligten gleich Spekulationen über den Ausgang der Verfahren aus. Am Ende war das beklagte Land Hessen der klare Sieger. Eine weitere Überraschung während der Verhandlung war ein Vergleichsvorschlag des Senats. Der hätte eine nachträgliche wasserrechtliche Begutachtung vorgesehen. Allerdings, so der Vorschlag des Gerichts, sollte das Baurecht dabei unangetastet bleiben.
In einem weiteren, dritten Verfahren sollte sich der Senat dazu durchringen, den privaten Klägern noch einmal eine Gelegenheit zu geben, einen Schriftsatz mit Stellungnahmen zu Rechtsfragen einzureichen – bis diesen Sonntag. Bei diesem dritten Verfahren geht es um Probleme mit einem Flurbereinigungsverfahren. Die Kläger beziehen sich auf Daten aus dem Jahr 2019. Die betroffenen Grundstücke liegen nicht an der Trasse, sondern in geplanten Ausgleichsflächen.
Jetzt fürchten die Betroffenen eine Enteignung. Vorsitzender Dr. Wolfgang Bier machte aber deutlich, dass es Zweifel des Gerichts an der Zulässigkeit der Klage gibt, sie sei möglicherweise zu spät eingereicht worden. Jetzt haben die Kläger nochmal Gelegenheit, schriftlich Argumente vorzutragen. Am 2. Juli will der Senat seine Entscheidung in diesem Verfahren verkünden.
Während des gesamten Verhandlungstages machten auf dem Vorplatz des Gerichtsgebäudes junge Autobahngegner Werbung für ihr Anliegen, auf ihre Weise, mit Musik, Wortbeiträgen, Trommelschlägen. Zahlreiche hessische Aktivisten waren eigens nach Leipzig gereist und bekamen reichlich Unterstützung, beispielsweise von Gruppen vor Ort oder aus Halle. Während der mündlichen Verhandlungen zeigten sich die Demonstranten sehr diszipliniert. Sie hielten sich in dieser Zeit mit Lärm zurück, damit das Gericht in Ruhe tagen konnte.
Wie geht es nun weiter? Zunächst ist der Ausgang des dritten noch offenen Verfahrens abzuwarten, da sich auch diese Klage direkt mit Fragen des Baurechts befasst. So will es auch ein Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages. Sollte auch diese Klage abgewiesen werden, so könnte die Projektmanagementgesellschaft Deges den privaten Partner benennen. Das Vergabeverfahren wäre abgeschlossen, die öffentlich-private Partnerschaft könnte beginnen. Baubeginn wäre dann noch in diesem Jahr.
Doch dazu müsste auch eine Lösung für die Besetzung des Dannenröder Forstes gefunden werden. Viele fürchten jetzt eine gewaltsame Räumung.
Erleichterung gab es gestern Abend bei Bürgermeister Christian Somogyi: „Wir hatten durch die Klagen unsere Planungssicherheit verloren. Jetzt fällt mir nach Ausgang dieser beiden entscheidenden Verfahren ein Stein vom Herzen.“
Ganz anders naturgemäß die Reaktion von Wolfgang Dennhöfer vom Landesvorstand des klagenden BUND Hessen. „Wir sind sehr enttäuscht, wir werden aber den Kampf fortsetzen für eine Verkehrswende im Sinne unserer Kinder und Enkel.“ Stellungnahmen vom beklagten Land Hessen gab es gestern Abend zunächst nicht.