Tagung in Neustadt: „Abzug der Truppen aus Hessen – Was nun?“ – MNZ

Das Kasernengelände links liegen lassen
Von Jörgen Linker (0 64 28) 44 88 40 j.linker@mail.mittelhessen.de
Neustadt. Die Empfehlung an die Stadt Neustadt ist eindeutig: Finger weg von dem Kasernengelände. Keine Gewerbeflächen auf dem 33 Hektar großen Gelände entwickeln. Und vor allem: nicht kaufen, die Kaserne lieber sich selbst oder dem Bund überlassen. Am 30. Juni 2008 wird der Bundeswehrstandort Neustadt, die Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne, geschlossen.
Vertreter vom Regierungspräsidium in Gießen, einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes Hessen, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der Gesellschaft für Kommunalforschung und des Technologiezentrums im Gießener Europaviertel, einem ehemaligen Kasernengelände, stellten am Mittwochabend in Neustadt ihre Sicht der Dinge dar. Thema der Tagung: „Abmarsch aus Hessen – Was nun?“
Susanne Piesk von der Gesellschaft „Hessen Agentur“ stellte ein Gutachten über die Auswirkungen des Truppenabzugs in Nordhessen, einschließlich Neustadt und Schwalmstadt, vor. Ihr Fazit:
Insgesamt fallen 1000 Arbeitsplätze weg, am Standort Neustadt rund 130. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen sei schwach, die Vermarktungschancen gering. Gleiches gelte für den Wohnungsmarkt.
Ihre Empfehlung an Neustadt: auf dem Gelände keine Gewerbeflächen entwickeln, auch keine Wohnflächen. Von einem Erwerb der Fläche solle die Stadt ebenfalls absehen.
Der Ratschlag von Christian Schulze, Geschäftsführer des Technologie- und Innovationszentrums im Gießener Europaviertel, der ehemaligen Steuben-Kaserne: „Wenn sie sehen, dass diese Konversionsflächen für sie ein Problem darstellen, lassen sie sie links liegen. Das Problem hat dann der Bund.“
Ähnlich äußerte sich Martin Krauß, Dezernent in der Abteilung Regionalplanung im Regierungspräsidium Gießen:
„Die Stadt Neustadt sollte keine großen Investitionen hineinstecken und sich mit dem Gedanken anfreunden, die Liegenschaften sich selbst beziehungsweise dem Bund zu überlassen.“
Von den zehn Bundeswehr-Standorten, die in Hessen geschlossen werden sollen, habe die Schwalm und insbesondere Neustadt die schlechtesten Chancen für eine Folgenutzung der Kasernengelände. Mit Gewerbeflächen sei die Region sehr gut ausgestattet. Außerdem seien Gewerbeflächen auf der grünen Wiese kostengünstiger zu verwirklichen. Neustadt solle sich für die wirtschaftliche Entwicklung stattdessen um die Pflege der bestehenden Unternehmen.
Ernüchtert sei er aufgrüne der Empfehlungen der Experten nicht, sagte Neustadt;
Bürgermeister Manfred Hoin (CDU) nach den Vorträgen „Wir wollten uns ja Rat holen. Sein Fazit: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
Verantwortlich für die Kasernengelände ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Karl-Ludwig Brückmann zuständig für den Verkauf de Flächen in Nord- und Mittelhessen, warb für den Kauf de Kasernen: Mit der Aufgab« der Kaserne durch den Bund könnten die Kommunen das Schicksal der Liegenschaften durch die Bauleitplanung bestimmen. Und wenn Altlasten vorhanden seien, würde de Bund sanieren – „koste es, was es wolle.“ Er glaube aber nicht, böse Überraschungen zu erleben.
Brückmann sagte auch, de Bund wolle die Kasernen nicht dem Verfall und Vandalismus preisgeben. Nachfrage von Stadtverordnetenvorsteher Thomas Groll (CDU): „Wird am
l. August 2008 von ihnen ein Wachdienst engagiert?“ Antwort: „Es ist unsere Aufgabe Vandalismus zu verhindern.“