Ein Stück Dorf leben geht verloren

Dunja Vogt schließt Speckswinkels Lebensmittelgeschäft aus wirtschaftlichen Gründen • Appelle halfen nicht

Heute verliert Speckswin­kel ein weiteres Stück In­frastruktur: Das Ende des Dorfladens trifft beson­ders die älteren Bewohner des kleinsten Neustädter Stadtteils hart.

von Florian Lerchbacher

Speckswinkel. Maria Kaisinger transportiert auf ihrem Rollator ein letztes Mal einen Sack Kar­toffeln aus dem Dorfladen. „So habe ich wenigstens noch einen kleinen Vorrat“, sagt die Senio­rin, in deren Stimme ein wenig Wehmut mitschwingt. „Beson­ders für uns Alte ist es schlimm, dass das Geschäft schließt“, be­tont die Speckswinklerin, die nun auf ihre Kinder angewie­sen ist. Im Ort kann sie ab heu­te keine Lebensmittel mehr ein­kaufen: „Ich muss künftig alles planen und immer genau auf­schreiben, was ich brauche.“ Kurz noch einmal ins Lädchen gehen, um zu besorgen, was fehlt, ist nicht mehr möglich.

„Ein Stück Lebensqualität geht verloren. Das ist sehr traurig. Der Laden gehörte doch zum Dorf“, pflichtet Karin Oeste der Seniorin bei und spricht Karl Stehl aus der Seele. „Wir verlie­ren ein Stück Dorfleben – und ein Stück Kommunikation. Das Geschäft war immer Treffpunkt, um sich über Neuigkeiten aus­zutauschen“, sagt der Ortsvor­steher und zeigt volles Verständ­nis für Dunja Vogt, die aus wirt­schaftlichen Gründen aufgibt. „Es ist immer dasselbe Prinzip: Ohne Kinder keine Grundschu­le; ohne Kunden kein Geschäft“, fügt er hinzu und bedauert den zweiten herben Schlag inner­halb eines Jahres. Schließlich ist es noch nicht lange her, dass die Grundschule geschlossen wurde – und auch die Zukunft des Kindergartens steht auf der Kippe: dank des Einfallsreich­tums der Stadt Neustadt muss Speckswinkel immerhin erst ab Sommer 2014 und nicht schon früher bangen.

Dunja Vogt jedenfalls sah kei­ne andere Möglichkeit mehr, als aufzugeben: „Ich kann mich für die Menschen ja nicht rui­nieren.“ Das Geschäft sei nicht mehr wirtschaftlich gewesen, daher habe sie den Entschluss treffen müssen: „Mir sind vie­le Kunden weggefallen, weil sie starben oder wegzogen. Es waren die vorwiegend älteren

Stammkunden, durch die ich das Geschäft aufrecht erhalten konnte. Die jüngeren Bürger ha­ben sich nicht beteiligt.“

Jeder Haushalt hätte wöchent­lich für rund 15 Euro bei ihr einkaufen müssen, dann wäre es wei­tergegangen, rechnet sie vor. „Ortsvorste­her und Pfarrer haben die Men­schen durch Briefe oder in der Kirche angesprochen – aber das hat nicht gewirkt“, erklärt sie traurig.

„Hier lebe ich, hier kaufe ich“, steht in großen Buchstaben an

dem Dorfladen – ein Motto, dem zu wenige Bürger nachkamen. Den Speckswinklern geht ein weiteres Stück Infrastruktur ver­loren. Dunja Vogt hat wenigs­tens schon eine neue Ar­beitsstelle gefunden: „Ich habe ge­mischte Ge­fühle: Zum einen fällt Last von mir ab – auf der anderen Seite tut es mir für die älteren Leute leid, die jetzt auf Hilfe an­gewiesen sind.“

„Wir müssen trotzdem zuver­sichtlich in die Zukunft schau­en“, sagt Stehl. Seine Hoffnungen ruhen auf dem Anliegen der Stadt, zum Jahr 2015 ins Dorfentwicklungsprogramm auf­genommen zu werden – aber auch auf der Ortsmitte. Seit ei­nigen Jahren laufen die Bemü­hungen, die Leerstände wieder zu füllen: „Das geht nur, wenn wir die Sache in Speckswinkel gemeinsam angehen“, betont er. In diesem Zusammenhang wäre es zum Beispiel wichtig, die Quadratmeterpreise der Realität anzupassen: „Wohn­raum muss billig sein. Ich kann nur hoffen, dass wir die Ortsmit­te wieder zum Leben erwecken, junge Familien herziehen und wir wieder einen Bevölkerungs­zuwachs verzeichnen können.“

Geschäft mit Gas ist Stadt zu unsicher

Mehrheit von Neustadts Stadtverordneten spricht sich gegen ein Pacht- und für ein Konzessionsmodell aus

Neustadts Stadtverord­nete hantierten beim Thema Gas mit Zahlen im fünf- und sechsstelligen Bereich – ohne genau zu wissen, welche Angaben exakt sind.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Es ist nicht lange her, dass die Kommunen im Kreis über die Zukunft des Strom­netzes diskutierten: Die einen entschieden sich für ein Pacht­modell mit eigener Beteiligung am Netz, die anderen stimmten für ein Konzessionsmodell, wie­der andere beschlossen ein ge­mischtes Modell.

Nun steht in Neustadt, Stadt­allendorf und Kirchhain die Zu­kunft des Gasnetzes auf der Ta­gesordnung, da der Wegenut­zungsvertrag mit dem Gasver­sorgungszweckverband aus­gelaufen ist. Die drei Gemeinden gehen das Thema gemeinsam an. Die Magistrate entwickelten Beschlussempfehlungen, in de­nen sie sich dafür aussprechen, wieder ein Wegenutzungsrecht zu vergeben. „Geschäft mit Gas ist Stadt zu unsicher“ weiterlesen

Neustadts Zeit als Standort endet

Letzter Appell in der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne • Zwei Kompanien aus Rotenburg aufgelöst

Was 1960 mit dem feierli­chen Einzug der ersten Bundeswehrsoldaten in Neustadt begann, endete am Dienstag mit einem unspektakulären Appell. Bis September räumt die Truppe die Kaserne.

von Michael Rinde

Neustadt. Die letzte Gnaden­frist für die Neustädter Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne ist abge­laufen. Am Dienstagnachmit­tag stellte Oberstleutnant Uwe Reinhard, Kommandeur des Führungsunterstützungs-Ba-taillons 286, die beiden in Neu­stadt stationierten Kompanien seiner Einheit außer Dienst. Für Reinhards Bataillon kommt das Aus Mitte 2015, wenige Monate später schließt auch die mit Mil­lionenaufwand sanierte Kaser­ne in Rotenburg (Fulda). Eine Kuriosität am Rande: Nur dank der Sanierungsarbeiten in Ro­thenburg hatte die Bundeswehr die Aufgabe der Neustädter Ka­serne im Jahr 2008 überhaupt verschoben. „Neustadts Zeit als Standort endet“ weiterlesen

„Ende“ der Reise der Bundesjury

Kommissionsmitglied will mit Erinnerungen an das Dorf depressive Phasen überwinden

Insgesamt rund 500 Zuschauer verfolgten ges­tern den Besuch der Bun­deskommission des Wett­bewerbes „Unser Dorf hat Zukunft“ – und erlebten einen abwechslungsrei­chen Rundgang durch Mengsberg.

von Florian Lerchbacher

10.37 Uhr: Ortsvorsteher Karl­heinz Kurz heißt die ersten rund 250 Zuschauer willkommen.

10.58 Uhr: Die Bundeskom­mission trifft ein und wird mit tosendem Applaus von inzwi­schen 350 Zuschauern begrüßt.

11.01 Uhr: Die Mundart AG tritt auf und kündigt auf Platt zahlreiche Höhepunkte an, die Mengsberg der Jury präsentie­ren wird. „„Ende“ der Reise der Bundesjury“ weiterlesen

Heute ist der große Tag: Die Bundesjury von „Unser Dorf hat Zukunft“ kommt

von Florian Lerchbacher

Mengsberg. Heute ist der Tag, auf den ein ganzes Dorf seit Mo­naten hinfiebert: Von 11 bis 14 Uhr ist die Bundesjury des Wett­bewerbes „Unser Dorf hat Zu­kunft“ zu Gast in Mengsberg und lässt sich von den Bürgern die Schönheiten und Besonder­heiten des Neustädter Stadtteils zeigen – so wie vor einem Jahr bei den Erfolgen beim Landes­entscheid und vor zwei Jahren beim Regionalentscheid.

Um 10.30 Uhr ist Treffpunkt an der ersten Station des Rund­gangs, der Grundschule, wo die Mengsberger und alle Interes­sierten der Bundesjury einen herzlichen und unvergesslichen Empfang bereiten wollen. Nach dem dreistündigen Rundgang heißt es warten – und zwar fast genau 24 Stunden: Dann teilt das Bundesministerium für Er­nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz das End­ergebnis des Wettbewerbes. 24 von ursprünglich 2 589 Dörfern haben sich für das Finale qua­lifiziert. Sie werden entweder mit einer Gold-, einer Silber­ oder einer Bronzemedaille aus­gezeichnet.

Kleines Dorf putzt sich für großen Tag heraus

„Mengsberg – auf dem Weg zum Bundesentscheid“ (elfter und letzter Teil): Am Dienstag kommt die Bundeskommission

Das Beste kommt immer zum Schluss. Bleibt zu hof­fen, dass dies auch für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ gilt. Denn Mengsberg ist die letzte Station der langen Reise der Bundeskommission.

von Florian Lerchbacher

Auf dem Weg zum

Mengsberg. Ärmel hochkrem­peln, in die Hände spucken und das kleine Dorf für den großen Tag vorbereiten. So lautete das Motto der Mengsberger in den vergangenen Wochen, Mona­ten, Jahren und insbesonde­re Tagen – und sie machten ih­rem Ruf als fleißige Menschen alle Ehre. „Kleines Dorf putzt sich für großen Tag heraus“ weiterlesen

Das Dorf sprüht nur so vor Energie

„Mengsberg – auf dem Weg zum Bundesentscheid“ (Teil zehn): Bürger denken über Biogasanlage nach

Unabhängigkeit ist das Stichwort, das den Charme eines Projektes ausmacht, mit dem sich die Mengsberger zwar schon länger auseinander­setzen, das sie anlässlich des Bundesentscheides jedoch konkret angehen.

von Florian Lerchbacher

Mengsberg. Noch sind zahlrei­che Fragen offen – vor allem die, ob Mengsberg im Endeffekt ei­ne Biogasanlage bekommt, wo sie steht und wer sie betreibt. Die Ziele, welche die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Bioenergiedorf verfolgen, sind je­denfalls mehr als nachvollzieh­bar – besonders in Zeiten der Energiewende: Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und Unabhängigkeit von anderen. Denn die Hoffnung der Mengs-berger ist, Betreiber im Ort zu finden – „natürlich!“, ist der ge­neigte Beobachter beinahe ver­sucht hinzuzufügen. „Das Dorf sprüht nur so vor Energie“ weiterlesen

Wenigstens Tag eins ist ein voller Erfolg

Tag zwei des Weinfestes fiel ins Wasser

Neustadt. Historische Kulisse der Altstadt, sommerliche Tem­peraturen, vollbesetzte Sitzplät­ze und stimmungsvolle Musik: Es passte einfach alles, als die Erbacher VWeinkönigin Daniela I. das vierte Neustädter Weinfest gemeinsam mit Winzer Günter Martin, Bürgermeister Thomas Groll und dem Junker Hans An­tonio Köhler und seinen beiden Burgfräulein Melissa Kühl und Lisa-Marie Köhler im Bürger­park eröffnete.

Zuvor hatte Martin seinen Fa­milienbetrieb vorgestellt, der umgeben von Weinbergen nur wenige Meter außerhalb von Er­bach im Rheingau liegt. Ein na­turnaher Anbau, so der Winzer, und die Harmonie zwischen Handwerk und moderner Tech­nik seien für ihn eine Selbstver­ständlichkeit. „Wenigstens Tag eins ist ein voller Erfolg“ weiterlesen

Nabu zieht eine Klage zurück

Naturschützer setzen voll auf ihre Klage gegen die VKE 40

Der Naturschutzbund zog gestern seine Klage gegen den Bauabschnitt der A 49 zwischen Schwalmstadt und Stadtallendorf-Nord zurück und will sich auf die Klage gegen den Süd­abschnitt konzentrieren.

von Florian Lerchbacher

Ostkreis. Die Rücknahme der Klage gegen die VKE 30 begrün­det der Nabu mit einer „Neube­wertung der Klageaussichten aufgrund aktueller Entschei­dungen des Bundesverwal­tungsgerichtes in ähnlich gela­gerten Verfahren“, hieß es in ei­ner Pressemitteilung. Hartmut Mai, der Vorsitzende des Natur­schutzbundes Hessen, erklärte im Gespräch mit dieser Zeitung, er glaube aufgrund der neues­ten Entwicklungen nicht, dass der Nabu die angestrebte Trassenverschiebung durchsetzen könne.

Er gehe allerdings davon aus, dass die Klage gegen den ge­planten Abschnitt der A 49 zwi­schen Stadtallendorf und der A 5 bei Gemünden/Felda (VKE 40) erfolgversprechend sei -und dies letztendlich auch ver­hindern werde, dass es zum Bau des Abschnittes zwischen Schwalmstadt und Stadtallen­dorfkommt. Die VKE 40 schnei­det zum Beispiel zweimal das FFH-Gebiet Herrenwald und führt durch ein Trinkwasser­schutzgebiet – diese Trasse ist also weitaus konfliktreicher. „Nabu zieht eine Klage zurück“ weiterlesen

Neustadt hofft auf Tipps von Bürgern

Stadt startet die Aktion „Neustadt fragt mich“ und nimmt Anregungen für den Haushalt 2014 entgegen

Die Stadt Neustadt muss sparen – das ist angesichts wiederkehrender Defizite kein Geheimnis. Nun setzt sie auf ihre Bürger und hofft, Anregungen zum Thema Finanzen zu be­kommen.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. „Einsparungen kön­nen oft Ärger bedeuten, daher ist es wichtig, dafür ein breites Fundament zu schaffen“, be­tont Thomas Groll (CDU). Der Bürgermeister hofft auf An­regungen, um die finanzielle La­ge Neustadts zu verbessern.

Es sei keineswegs so, dass er als Kämmerer keine Ideen mehr habe. „Unsere Haushalts-Konsolidierungskonzepte der Jah­re 2010 bis 2013 enthalten ei­ne Vielzahl von Vorschlägen für Einsparungen und Einnah­meverbesserungen. Aber es ist auch so, dass manche Dinge, die die Politik als wichtig erachtet, von der Bürgerschaft gar nicht als wichtig wahrgenommen werden“, betont er und gibt zu, „manchmal vielleicht auch be­triebsblind“ zu sein. „Neustadt hofft auf Tipps von Bürgern“ weiterlesen