Bahnhof und Bürgerpark sind Problem

Knapp 40 Prozent der befragten Neustädter Bürger fühlen sich bei Dunkelheit in ihrer Stadt eher unsicher
Als Teil der Sicherheitsinitiative „Kompass“, an der Neustadt teilnimmt, gab es eine Umfrage zum Sicherheitsgefühl der Bürger. Rund 600 Neustädter nahmen teil.
von Michael Rinde
Neustadt. Das Sicherheitsgefühl weicht häufig von den harten Fakten einer Kriminalitätsstatistik ab. Um sich einen Eindruck von der Stimmungslage in Neustadt zu verschaffen, gab es in diesem Frühjahr eine Bürgerbefragung. Ein zentrales Ergebnis der Befragung: 60,1 Prozent der Teilnehmer fühlen sich in Neustadt nach Einbruch der Dunkelheit sehr sicher oder eher sicher, immerhin 39,9 Prozent aber „unsicher“ oder „eher unsicher“. Die Befragung ist Teil der Sicherheitsinitiative „Kompass“ des Landes, an der neben Marburg unter anderem auch Neustadt und seit kurzem auch Stadtallendorf teilnehmen. Dr. Britta Bannenberg, Professorin für Kriminologie an der Universität Gießen, und ihr Team übernahmen Umfrage und Auswertung. Insgesamt wurden 3 600 Fragebögen an Neustädter Bürger über 14 Jahren verschickt. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip vom Rechenzentrum Ekom21 ermittelt. Rund 17 Prozent der Fragebögen wurden ausgefüllt zurückgesandt, die Umfrage ist laut Professorin Bannenberg damit repräsentativ.
Teil der Umfrage war auch die Frage nach Orten, an denen sich Neustädter Bürger besonders unsicher fühlen. Der Bürgerpark und der Bahnhof und sein näheres Umfeld sind laut der Befragung dabei für die Bürger Problemorte. Das gaben mehr als 30 Prozent der Befragten an, wie die Stadt Neustadt in ihrer Pressemitteilung berichtet. Teilnehmer beklagen dabei fehlende Ausleuchtung oder zunehmenden Müll und das Urinieren an Hauswände. Problematisch sind laut Befragung auch die Leipziger Straße und die Bismarckstraße sowie Einkaufsmärkte.
Ein weiterer Punkt, so die Mitteilung der Stadt: Auftreten und Verhalten männlicher Flüchtlinge nehmen auch Einfluss auf das Sicherheitsempfinden. Das hätte die Auswertung von Fragen ergeben, bei denen die Teilnehmer selbst Punkte benennen konnten, so Bürgermeister Thomas Groll (CDU) am Montag im Gespräch mit der OR Dass Bahnhof und Bürgerpark für einige Neustädter Angstorte sind, überrascht Groll nicht. Er verweist darauf, dass die Stadt bereits handele. Für den Bürgerpark ist eine größere Umgestaltung geplant, über die diese Zeitung bereits mehrfach berichtete.
Groll hofft auf Videoüberwachung
Dabei sollen „dunkle Ecken“ verschwinden, die Beleuchtung deutlich verbessert und Sträucher zurückgenommen werden.
Beim Bahnhof sind Gespräche mit der Bahn AG geplant, bei der Groll auch die Staatskanzlei einbinden will. Ein Ansatz ist nicht zuletzt der Einsatz einer Videoüberwachung. Außerdem fordert Groll weiterhin eine möglichst hohe Polizeipräsenz in Neustadt. Das Land prüft derzeit, auch als Teil der Sicherheitsinitiative „Kompass“, ob in Neustadt zukünftig ein eigener Schutzmann seinen Dienst verrichtet. „Hier wird nichts totgeschwiegen, wie es uns manche so gerne einmal vorwerfen“, unterstreicht Groll. Es sei darum auch selbstverständlich, dass die Stadt die Befragungsergebnisse veröffentliche. Seit 2015, seit Einrichtung der Erstaufnahmeeinrichtung in der früheren Kaserne, wisse die Stadt um das „Sorgenpotenzial ihrer Bürger“ und handele. Ein Baustein auf diesem Weg ist für Groll die Gemeinwesenarbeit. Ohne deren Leistungen wäre das Sicherheitsgefühl bei vielen Bürgern schlechter, ist Groll überzeugt. „Darum hoffe ich auch, dass diese Arbeit über das Jahresende hinaus fortgesetzt werden kann“, betont er.
Was die harten Fakten angeht, so steht Neustadt in der Kriminalitätsstatistik ordentlich da. 333 Straftaten hatte die Polizei im Jahr 2018 registriert, damit liegt Neustadt prozentual unter dem Landesdurchschnitt und weit entfernt von den Zahlen des Rekordjahres 2016 mit 596 Straftaten.