Da machen die Wähler drei Kreuze

Sebastian Sack ist der Überflieger der Kommunalwahl / Er wird auf seinen Platz im Ortsbeirat verzichten
Von Florian Lerchbacher
Momberg. Auch zehn Tage nach der Kommunalwahl steht Sebastian Sack eine Mischung aus Freude, Überraschung und insbesondere Rührung ins Gesicht geschrieben. Der Momberger ist der Überflieger der Kommunalwahl: Wo und für was auch immer der Sozialdemokrat antrat – die Menschen wählten ihn nach oben. Auf der Ortsbeiratsliste stand er auf Position neun – und erhielt die drittmeisten Stimmen. Ins Rennen um den Kreistag ging er von Listenplatz 28 – und wurde auf Rang sieben hochgewählt (in allen Ostkreis-Kommunen kam er in die Top fünf).

Richtig beeindruckend war allerdings sein Abschneiden auf städtischer Ebene: Die SPD führte ihn auf Position 17 – von wo aus der 39-Jährige mit den deutlich meisten Stimmen aller Kandidaten an allen anderen Mitstreitern vorbeischoss. Die meisten Stimmen zu erhalten – damit habe er nie und nimmer gerechnet, sagt der Momberger und gibt zu, dass er sich eigentlich gar nicht im Stadtparlament habe aktiv engagieren wollen. Das Votum der Menschen in der Stadt Neustadt ehre ihn jedoch. Und so ein deutliches Ergebnis könne er nicht ignorieren, erklärt er. Aus diesem Grund wird er sein Mandat als Stadtverordneter antreten. Im Kreistag wird er auch mitmachen – seinen Platz im Momberger Ortsbeirat jedoch weiterreichen.

Er wolle seinen Aufgaben gerecht werden, erklärt Sack und ergänzt, dass drei Mandate vielleicht zu viel sein könnten. „Für den Ortsbeirat stehen Menschen bereit, die sich gerne für ihre Heimat engagieren wollen, daher trete ich an dieser Stelle zurück.“ Er werde in der Stadtverordnetenversammlung Politik für Momberg machen – allerdings nicht so, dass er den Ort bevorzugt. Sein Ziel ist, das Beste für die Stadt Neustadt zu erreichen – und da ist Momberg eben ein zentraler Teil von. „Bei Aktionen im Ort werde ich mich aber weiterhin auf jeden Fall einbringen“, sagt er und nennt den Umbau der ehemaligen Kita zu einem multifunktionalen Haus als ein wichtiges Beispiel.

Doch woher kommt Sebastian Sacks großer Wahlerfolg? Ein wichtiger Faktor ist seine Bekanntheit: Als Lehrer an der Alfred-Wegener-Schule in Kirchhain, der größten Schule des Landkreises, kennt er naturgemäß jede Menge Menschen. Doch dort lehrt er nicht nur Geschichte und katholische Religion, sondern fungiert auch als Vertrauenslehrer und wichtiger Faktor der AG Schule ohne Rassismus – die er mit Matthias Hahne gründete und inzwischen mit Serpil Celik und Linda Weber leitet. Hinzu kommt sein riesiges ehrenamtliches Engagement. Der Momberger gehört der Einsatzabteilung der freiwilligen Feuerwehr seines Heimatortes an, fungiert dort als Gruppenführer und wurde des Weiteren als Delegierter der Kreisjugendfeuerwehr zum Vorsitzenden des Kreisjugendrings ernannt – ein Posten, den er seit 14 Jahren innehat.

Des Weiteren ist er Erste-Hilfe-Ausbilder und Sanitäter beim DRK und nun auch bei den Johannitern tätig, gehört dem Vorstand der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und dem Vorstand des Vereins „Gemeinsam – Marburger Gemeinschaft für jüdisch-muslimischen Dialog“ (den er auch mitgründete) an.

„Ich finde es wichtig, Verantwortung zu übernehmen“, sagt er über sein Engagement, das eigentlich überall über jenes „normaler“ Mitglieder hinausgeht: „Man sollte seine Talente in die Gesellschaft einbringen – was ja auch ein christlicher Grundsatz ist“, ergänzt er und freut sich, dass „in allen Bereichen unfassbar viel zurückkommt“. Als Zeichen der Wertschätzung ist dabei mit Sicherheit auch das hervorragende Abschneiden bei den Wahlen zu sehen: „Ich bin schlichtweg gerührt von den Ergebnissen.“

Ein wichtiger Aspekt ist aber auch Sebastian Sacks Art: Er hört zu, denkt mit, macht Vorschläge, findet Lösungsansätze – und ist dabei stets fröhlich und freundlich. Kein Wunder, dass er sich auch im Momberger Karneval engagierte: „Die Menschen zum Lachen bringen, ist genau mein Ding. Man muss sie ernst nehmen – aber gemeinsam zu lachen verbindet eben auch. Dazu gehört natürlich auch, dass man über sich selbst lachen können muss.“ Das gelte auch für Zeiten, in denen eine Pandemie die Gesellschaft im Griff hat: „Ich glaube, man kann mit Freundlichkeit, Humor und Zuversicht viele Menschen wieder an die Oberfläche bringen.“

Doch manchmal vergeht selbst Sack das Lachen: zum Beispiel vor einigen Jahren. Auch im Jahr 2015 hatten die Menschen ihn in Ortsbeirat, Stadtverordnetenversammlung und Kreistag gewählt. Damals trat er alle Posten an, legte aber recht bald sein Amt als Stadtverordneter nieder. Aus gutem Grund, wie er betont: „Ich hatte eine reaktive Arthritis, also eine temporäre Rheumaerkrankung. Ich wurde ein Jahr behandelt und war ein halbes Jahr mit Wiedereingliederung krankgeschrieben“, berichtet er ganz offen.

Schweren Herzens sei er aus der Stadtverordnetenversammlung ausgeschieden – um keinen Platz zu blockieren und das Gremium in seiner Arbeit nicht zu behindern. Und vor allem wohlwissend, dass in Anke Stark eine kompetente Nachrückerin bereitgestanden habe: „Sowohl Politik als auch jedes andere Engagement geht nur als Team. Ich habe das Glück, immer tolle Menschen an meiner Seite zu haben.“ Den Posten als Fraktionsvorsitzender hat er aber trotz seines starken Ergebnisses nicht ins Auge gefasst: „Hans-Gerhard Gatzweiler hat mich in jeder Hinsicht von Anfang an gefördert. Vor allem weiß ich, wie kompetent er den Posten ausübt – da habe ich keine Ambitionen.“

Doch selbst Sack genießt manchmal das Alleinsein: Entspannung findet er nämlich beim Motorradfahren, dem Imkern und der Arbeit im heimischen Garten – die er, nach eigenen Angaben, allerdings nur mehr schlecht als recht erledigt. „Dort kann ich entspannen“, sagt der Momberger, der verspricht, weiterzumachen „wie bisher“; „Das scheint den Menschen ja zuzusagen. Ich werde mich also weiterhin für das Ehrenamt, die Jugendarbeit und soziale Themen engagieren und weiterhin Gesicht zeigen gegen Rassismus und Diskriminierung.“ Vor allem will er aber eins: Den Wählern den Vertrauensvorschuss zurückzahlen.