Die Sorgenfalten werden tiefer

Neustadts Bürgermeister fürchtet die Folgen von Bauverzögerungen bei der Autobahn 49

Im Dannenröder Forst wollen sich die Baumbesetzer dauerhaft in ihren Quartieren einrichten. Die Polizei beobachtet das mit Gelassenheit und hält sich bewusst zurück.
von Michael Rinde
Ostkreis. Die Nachricht schlug vergangenen Freitag ein wie eine Bombe. Vor Oktober 2020 fällt kein Baum entlang der A-49- Trasse, die Ausgleichsmaßnahmen sind nicht so weit gediehen, wie es sein müsste (die OP berichtete umfassend). Das hatte das Unternehmen Deges bekannt gegeben. Deges (die Deutsche Einheit Fernstraßen- planungs- und -bau GmbH) ist unter anderem für die Bauvorbereitung bei der A49 verantwortlich. Deges wählt auch den privaten Projektpartner aus, der die Autobahn ab Schwalmstadt weiterbaut und betreibt.
Einer, den die neueste Entwicklung in große Sorge versetzen, ist Neustadts Bürgermeister Thomas Groll (CDU). Denn er fürchtet – wie schon sein Stadtallendorfer Kollege Christian Somogyi (SPD) – dass es nun doch zu massiven Verzögerungen beim Weiterbau der Autobahn kommt. Groll hat ein Szenario dabei bewusst vor Augen: das vorläufige Ende der Autobahn bei Schwalmstadt. Im Jahr 2022 wird es wohl definitiv soweit sein.
Was ein Autobahnende bei Schwalmstadt beispielsweise für die Junker-Hansen-Stadt be-, deutet, ist klar vorausberechnet worden: Der Pkw-Verkehr soll dann von 12 560 Fahrzeugen am Tag auf 14 300 Fahrzeuge steigen, die Zahl der Lkw von 1 270 auf 1 650. Das werden die Bürger in der ohnehin verkehrsbelasteten Kleinstadt zu spüren bekommen. „Wir haben uns darauf eingestellt, dass es zwei, vielleicht drei verkehrsreiche Jahre für unsere Stadt werden. Doch was wird, wenn es plötzlich noch viel länger dauert, bis die A49 weitergebaut ist“, fragt Groll. Eigentlich, so nach wie vor die Planung von Deges, soll die Autobahn ab nächstem Jahr weitergebaut und das 30 Kilometer lange Stück zwischen Schwalmstadt und Gemünden (Felda) im Jahr 2024 freigegeben werden.
Doch klappt das nun wirklich noch, wenn es solche Verzögerungen gibt? Nicht nur Thomas Groll hat seine Zweifel, auch wenn er das Vertrauen in das Unternehmen Deges nicht verloren hat. Der heimische Bundestagsabgeordnete Sören Bartol, bekennender A-49-Befür- worter, reagiert „alarmiert“ auf die jüngsten Nachrichten. Er will sich von Deges innerhalb der nächsten Tage selbst umfassend über die Gründe für die jüngste Entwicklung informieren lassen.
Eine große Ortsumgehung
Thomas Groll sieht die Städte Neustadt und Stadtallendorf als die Hauptbetroffenen jeder Bauverzögerung bei der A49 und damit als natürliche Verbündete beim Kampf um den schnellen Weiterbau. Beide Stadtparlamente stehen seit Jahrzehnten zu dem Projekt, kritische Stimmen gibt es in Stadtallendorf lediglich von Bündnis 90/ Die Grünen, mit zwei Stadtverordneten im Parlament vertreten.
Groll weiß natürlich um die Vorschläge der Autobahngegner, vermehrt auf Ortsumgehungen zu setzen. „Für uns ist die A49 eine große Ortsumgehung“, sagt Groll. Nach früheren Modellberechnungen (die OP berichtete) soll der Autoverkehr in Neustadt in der Zukunft um 5 700 Fahrzeuge am Tag sinken – wenn die A 49 bis Gemünden (Felda) verläuft. Alle in diesem Beitrag genannten Zahlen sind allerdings schon älteren Datums und beruhen zum Teil auf den Planfeststellungsbeschlüssen für das Baurecht.
Einen ganz anderen Entwurf vertreten die Baumbesetzer im Dannenröder Forst. Sie haben sich entschieden, die Besetzung aufrechtzuerhalten, weil Kernforderungen von ihnen nicht erfüllt sind. „Für uns geht es um eine generelle Verkehrswende“, sagt Aktivist „Grün’‘ im Gespräch mit der OP. Ein neben ihm stehender Aktivist geht dann gleich noch viel weiter. Er will „abreißen“, was vom A-49-Abschnitt von Neuental bis Schwalmstadt schon gebaut ist.
Für das Polizeipräsidium Osthessen hat sich durch die Ankündigung der Besetzer, auf den drei Bäumen zu bleiben, nichts Grundlegendes verändern. „Wir werden die Situation dort im Rahmen unserer Möglichkeiten weiter beobachten“, sagt Polizeisprecher Stefan Müller.